Aus den täglichen Bildern in den Nachrichten ist das im Suez-Kanal zwischenzeitlich festgefahrene Containerschiff Ever Given längst verschwunden. Die wirtschaftlichen Folgen dieser Havarie sind indes weiterhin gegenwärtig – selbst im heimischen Small Cap-Sektor. So hat Fortec Elektronik noch immer 1,5 Container mit einem Umschlagvolumen von rund 500.000 Euro an Bord der Ever Given und kommt nicht an die dringend benötigten Teile ran. Zwar ist die Ware nicht verloren, aber sie fehlt halt an allen Ecken und Enden. „Wir müssen die Zeit überbrücken“, sagt CEO Sandra Maile auf dem über die Montega-Plattform Connect organisierten Round Table zur Vorlage der Zahlen für das dritte Quartal des Geschäftsjahrs 2020/21 (30. Juni). Corona, Materialengpässe, Lieferschwierigkeiten und deutlich höhere Transportkosten prägen das Geschäftsjahr.
Eine Gemengelage, die es erstmal zu meistern gilt. Vor diesem Hintergrund sehen die Neun-Monats-Zahlen mit einem Umsatzrückgang von etwas mehr als zwölf Prozent auf 57,67 Mio. Euro sowie einem Minus beim Betriebsergebnis von knapp 32 Prozent sogar vergleichsweise gut aus. „Fortec hat bislang jede Krise profitabel gemeistert“, sagt Maile. Normalerweise wäre der prozentuale Rückgang beim Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) sogar noch ein gutes Stück geringer ausgefallen, denn der Vergleichswert von 2019/20 war durch den Verkauf der Immobilien der Tochter Emtron Electronic mit Erträgen von knapp 600.000 Euro positiv beeinflusst. Mut macht auch, dass das dritte Quartal mit einem EBIT von rund 1,63 Mio. Euro – wie auch im Vorjahr – das bislang profitabelste Quartal des Geschäftsjahrs 2020/21 war.
Noch sind trotz der Ausnahmesituation also nicht alle Gesetzmäßigkeiten komplett ausgehebelt. Und so bleibt es auch bei der Prognose von Sandra Maile, wonach für das laufende Geschäftsjahr mit einem Umsatzrückgang von bis zu 20 Prozent auf dann rund 70 Mio. Euro sowie einer Schmelze beim EBIT in einer Bandbreite zwischen 20 und 35 Prozent zu rechnen ist. Über den Daumen gepeilt würde das auf ein Betriebsergebnis zwischen 4,2 und 5,2 Mio. Euro hinauslaufen.
So gesehen liegt Fortec mit dem nach neun Monaten 2020/21 aufgetürmten EBIT von 3,56 Mio. Euro gut im Rennen. Zudem prognostiziert Fortec ohnehin recht konservativ, die Chance auf eine positive Überraschung besteht also allemal. Eine Spur konkreter als bislang wird die Vorstandsvorsitzende beim Thema Akquisitionen. Dem Vernehmen nach wurden bereits Berater mandatiert, um geeignete Ziele im europäischen Raum zu lokalisieren. Konkret geht es dabei um Firmen aus dem Hardwarebereich, die mit einem geplanten Volumen von rund 5 bis 7 Mio. Euro dazu beitragen sollen, dass Fortec Elektronik im Geschäftsjahr 2022/23 auf die geplante Marke von 100 Mio. Euro Umsatz kommt. Die Wunschlösung eines Targets aus dem Software-Bereichs (siehe dazu auch unseren Beitrag HIER) wird Fortec dagegen über die Gründung eines Start ups forcieren. Die Planungen für den Gesellschaftervertrag sind in vollem Gang, werden aber wohl nicht mehr im nur noch bis 30. Juni laufenden Geschäftsjahr abgeschlossen sein. Konkret geht es darum, die Produktpalette der Tochtergesellschaft Distec um Softwareangebote zu stärken. Demnächst mehr dazu.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 79,57 | 88,31 | 87,73 | 77,43 | 89,03 | 105,85 | 94,53 | |
EBITDA1,2 | 6,61 | 6,10 | 8,43 | 7,05 | 10,06 | 12,86 | 8,80 | |
EBITDA-Marge3 | 8,31 | 6,91 | 9,61 | 9,10 | 11,30 | 12,15 | 9,31 | |
EBIT1,4 | 6,02 | 7,45 | 6,48 | 5,32 | 8,45 | 10,68 | 7,06 | |
EBIT-Marge5 | 7,57 | 8,44 | 7,39 | 6,87 | 9,49 | 10,09 | 7,47 | |
Jahresüberschuss1 | 4,32 | 5,69 | 4,78 | 3,88 | 6,25 | 7,55 | 5,30 | |
Netto-Marge6 | 5,43 | 6,44 | 5,45 | 5,01 | 7,02 | 7,13 | 5,61 | |
Cashflow1,7 | 3,47 | 3,96 | 3,58 | 10,18 | 2,11 | 5,01 | 13,21 | |
Ergebnis je Aktie8 | 1,33 | 1,75 | 1,47 | 1,19 | 1,92 | 2,32 | 1,63 | |
Dividende8 | 0,60 | 0,70 | 0,60 | 0,60 | 0,70 | 0,85 | 0,85 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Rödl & Partner |
Verlassen können sich die Anleger wohl schon jetzt darauf, dass Fortec auch für das aktuelle Geschäftsjahr eine stabile Dividende von 0,60 Euro je Aktie zahlt, was beim gegenwärtigen Aktienkurs von 17,60 Euro auf eine Rendite von gut drei Prozent hinausläuft. Soweit ein schlagendes Argument für die Fortec-Aktie. Nichts dagegen einzuwenden hätte boersengefluester.de freilich, wenn der Aktienkurs des in den Bereichen Stromversorgung für Elektrogeräte, Displaytechnik und Embedded Computer tätigen Unternehmens bis zur nächsten Hauptversammlung (HV) Anfang 2022 noch Richtung 25 Euro deutlich an Höhe gewinnen würde und die entsprechende Dividendenrendite zur HV für Neueinsteiger dann nur noch bei knapp 2,5 Prozent liegt.
Bewertungstechnisch wäre so eine Aufwärtsbewegung locker gerechtfertigt. Immerhin wird Fortec – auf schuldenfreier Basis – momentan nur etwa mit dem Siebenfachen des für 2021 von boersengefluester.de erwarteten EBIT gehandelt. Zum Vergleich: Selbst ein seit jeher sparsames Unternehmen wie Fortec wäre mittlerweile bereit, EBIT-Faktoren von zehn bis zwölf bei Zukäufen auf den Tisch zu legen. Bemerkenswert ist derweil noch die in der Bilanz per Ende März von 8,86 auf 13,20 Mio. Euro gestiegene Cashposition. Die würde Vorstand Sandra Maile lebend gern zugunsten der Vorräte verringern, aber der Warenfluss stockt momentan einfach – und damit wären wir dann auch wieder am Anfang der Geschichte. Immerhin sind die Kunden von Fortec derzeit überwiegend bereit, höhere Kosten für die zurzeit so heiße Elektronikware zu zahlen.
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