Rein äußerlich gleichen sich die Geschäftsberichte der vergangenen fünf Jahre von Fortec Elektronik wie ein Ei dem anderen. Das ist insofern nicht sonderlich überraschend, weil das heutige Vorstandsteam um CEO Sandra Maile und COO Bernhard Staller zum 1. Juli 2017 die Geschicke bei dem Systemzulieferer für Displays und industrielle Stromversorgungen übernommen hat. Und trotz aller Veränderungen auf operativer Ebene: Tief verwurzelt sind bei Fortec Elektronik auch weiterhin eine solide Finanzierung, mittlerweile mehr als 35 Jahre ununterbrochene Gewinnereihe sowie eine verlässliche Dividendenpolitik. Lautes Investor Relations-Getöse oder Hochglanz-Geschäftsberichte mit ausladenden Reportagestrecken sind dagegen eher nicht so das Ding von Fortec. Abgekoppelt von der Kapitalmarkt-Kür agiert das in Germering bei München ansässige Unternehmen freilich auch nicht.
Am 3. November 2021 etwa präsentiert Sandra Maile auf der Montega-Plattform Connect vor Investoren und Analysten die Details zum jetzt vorgelegten Geschäftsbericht 2020/21 (30. Juni) sowie den Ausblick für das laufende Jahr. Vorab hat boersengefluester.de bereits die Gelegenheit für ein umfassendes Hintergrundgespräch mit Sandra Maile genutzt. Wie könnte es anders sein bei einem im Elektronikbereich tätigen Unternehmen: Zurzeit dreht sich auch bei Fortec extrem viel um die angespannte Beschaffungssituation. „Früher waren es einzelne Teile, die fehlten. Heute betrifft das fast die gesamte Breite des Programms“, sagt Maile und berichtet in einem Atemzug von teilweise abenteuerlichen Preissteigerungen. Immerhin: Die Ware, die Fortec im gestrandeten Containerschiff Ever Given hatte, sind Mitte August nach langer Odyssee tatsächlich angekommen. Und was noch wichtiger ist: Die Bereitschaft der Kunden, Preiserhöhungen zu akzeptieren, war wohl noch nie so ausgeprägt wie momentan.
Ablesen lässt sich die ungewöhnliche Gemengelage auch in der Bilanz für 2020/21: So gingen einerseits die Vorräte um 20 Prozent auf 19,74 Mio. Euro zurück. Und da weniger Waren angekommen sind und bezahlt werden mussten, zogen parallel die liquiden Mittel um 66 Prozent auf 14,70 Mio. Euro an. „Wir arbeiten operativ quasi nur noch auf kurze Sicht“, sagt Maile. Trotz aller Unwägbarkeiten kommt Fortec Elektronik bislang aber ganz gut durch die herausfordernde Situation und hat sich zuletzt von Quartal zu Quartal verbessert. Da die Jahreszahlen bereits seit einiger Zeit bekannt sind, gilt das Hauptaugenmerk dem Ausblick. Der sieht für 2021/22 einen Zuwachs der Konzernerlöse von bis zu 12 Prozent auf dann Obergrenze knapp 87 Mio. Euro vor. Für das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) hält Maile momentan ein Plus von bis zu 10 Prozent gegenüber dem Vergleichswert von 5,32 Mio. Euro für realistisch. Die Zahlen für das bereits abgeschlossene Auftaktquartal (1. Juli bis 30. September 2021) des Geschäftsjahrs 2021/22 sind für den 26. November angesetzt. Konkrete Zahlen nennt CEO Maile entsprechend noch nicht. Sie geht jedoch davon aus, dass sowohl Umsatz als auch Ergebnis über dem vergleichbaren Vorjahreswert liegen werden. Das wiederum deutet auf einen recht guten Start ins neue Geschäftsjahr hin.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 79,57 | 88,31 | 87,73 | 77,43 | 89,03 | 105,85 | 94,53 | |
EBITDA1,2 | 6,61 | 6,10 | 8,43 | 7,05 | 10,06 | 12,86 | 8,80 | |
EBITDA-Marge3 | 8,31 | 6,91 | 9,61 | 9,10 | 11,30 | 12,15 | 9,31 | |
EBIT1,4 | 6,02 | 7,45 | 6,48 | 5,32 | 8,45 | 10,68 | 7,06 | |
EBIT-Marge5 | 7,57 | 8,44 | 7,39 | 6,87 | 9,49 | 10,09 | 7,47 | |
Jahresüberschuss1 | 4,32 | 5,69 | 4,78 | 3,88 | 6,25 | 7,55 | 5,30 | |
Netto-Marge6 | 5,43 | 6,44 | 5,45 | 5,01 | 7,02 | 7,13 | 5,61 | |
Cashflow1,7 | 3,47 | 3,96 | 3,58 | 10,18 | 2,11 | 5,01 | 13,21 | |
Ergebnis je Aktie8 | 1,33 | 1,75 | 1,47 | 1,19 | 1,92 | 2,32 | 1,63 | |
Dividende8 | 0,60 | 0,70 | 0,60 | 0,60 | 0,70 | 0,85 | 0,85 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Rödl & Partner |
Noch nicht spruchreif sind derweil auch die Fortschritte hinsichtlich der schon vor geraumer Zeit kommunizierten Bestrebungen einer Übernahme, um dem mittelfristigen Ziel einer Umsatzgröße von 100 Mio. Euro ein signifikantes Stück näher zu kommen. Nach dem eher Software-getriebenen Start up-Engagement bei aushang.online (siehe dazu auch unseren Beitrag HIER), steht nun vermutlich eine Verstärkung im Hardwarebereich auf der Agenda. Mehr Wertschöpfung oder ein Ausbau der Internationalisierung sind hier die schlagenden Argumente, die ein Kandidat mitbringen muss. Dabei dürfte die Umsatzschwelle für potenzielle Ziele eher nördlich von 5 Mio. Euro anzusiedeln sein. Das Thema Software würde dann im übernächsten Schritt wieder in den Fokus rücken.
Beinahe überflüssig zu erwähnen, dass Fortec Elektronik auch zur (virtuellen) Hauptversammlung am 24. Februar 2022 eine Dividende von 0,60 Euro auf die Tagesordnung setzt. Das wiederum hievt den Spezialwert auf eine attraktive Dividendenrendite von 3,6 Prozent. Und auch sonst gibt es an der Bewertung der Aktie nichts auszusetzen. Dass der Titel keine übermäßige Kursdynamik versprüht, liegt vermutlich daran, dass Fortec Elektronik zwar regelmäßig solide Zahlen vorlegt, auf der Umsatzseite aber nicht signifikant vorangekommen ist. Entsprechend wichtig ist auch das Thema anorganisches Wachstum. Geeignet ist die – auf dem heimischen Kurszettel mit Data Modul am besten vergleichbare – Aktie in erster Linie für langfristig orientierte Anleger.
Sollte die Gesellschaft bis zum Geschäftsjahr 2022/23 die Umsatzmarke von 100 Mio. Euro knacken und dabei eine von boersengefluester.de unterstellte operative Marge von mindestens acht Prozent erzielen, würde das ungefähr auf ein KGV von zehn hinauslaufen. In Verbindung mit der Dividende eine super Kombination. Zudem besteht das Potenzial, dass Fortec zunehmend in neuen Märkten – etwa im Bereich der Ladeinfrastruktur – Fuß fasst.
Foto: Fortec Elektronik AG (CEO Sandra Maile)