Nachdem sich in den vergangenen Monaten medial beinahe alles bei flatexDEGIRO um die Veränderungen auf Ebene von Vorstand und Aufsichtsrat gedreht hat, wird es höchste Zeit, dass die operativen Zahlen wieder zum eigentlichen Kursmotor werden. Immerhin hat der Discountbroker-Verbund um die beiden Kernmarken flatex und DEGIRO zum Halbjahr hier einiges zu bieten – inklusive einer zumindest vom Wortlaut leicht forscher formulierten Prognose für 2024. Demnach rechnet CFO Benon Janos für das Gesamtjahr nun mit einem Umsatzanstieg um bis zu 15 Prozent sowie einem Zuwachs beim Ergebnis von bis 50 Prozent. Bislang war von einem Erlösplus am oberen Ende des Korridors von 5 bis 15 Prozent sowie einem verbesserten Nettogewinn zwischen 25 und 50 Prozent die Rede. Kurz gesagt: flatexDEGIRO hält bei beiden Zielen das obere Ende der bisherigen Spannen für noch wahrscheinlicher als ohnehin kommuniziert.
In absoluten Zahlen würden die Frankfurter damit bei Umsätzen von knapp 450 Mio. Euro auf einen Gewinn von ungefähr 100 bis 108 Mio. Euro zusteuern. Zur Einordnung: Zum Halbjahr kommt das Unternehmen auf einen Überschuss von 60,8 Mio. Euro – nach 20,1 Mio. Euro in der vergleichbaren Vorjahresperiode 2023. Wesentliche Treiber waren dabei die um fast 17 Prozent auf annähernd 141 Mio. Euro verbesserten Provisionserträge sowie die um 55 Prozent auf 91,6 Mio. Euro gekletterten Zinseinnahmen. „Nach einem guten Start in das Jahr haben wir unsere sehr solide Entwicklung im zweiten Quartal fortgesetzt und sind auf dem Weg zu einem Rekordjahr 2024. Gleichzeitig konzentrieren wir uns weiterhin darauf, Maßnahmen umzusetzen, die der regulatorischen Verbesserung dienen, um damit solide und nachhaltige Organisationsstrukturen und Prozesse zu gewährleisten und so den Weg für die zukünftige Unternehmensentwicklung zu ebnen“, sagt Janos. Eine vergleichsweise offene Formulierung, die aber zeigt, dass noch vieles im Fluss ist: Von der Neubesitzung des CEO-Postens über regulatorische Vorgaben bis hin zu strategischen Fragen.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 107,01 | 125,10 | 131,95 | 261,49 | 417,58 | 406,96 | 390,73 | |
EBITDA1,2 | 32,07 | 42,37 | 37,58 | 98,43 | 112,09 | 183,28 | 140,35 | |
EBITDA-Marge3 | 29,97 | 33,87 | 28,48 | 37,64 | 26,84 | 45,04 | 35,92 | |
EBIT1,4 | 26,48 | 30,62 | 24,75 | 73,79 | 80,26 | 151,28 | 104,35 | |
EBIT-Marge5 | 24,75 | 24,48 | 18,76 | 28,22 | 19,22 | 37,17 | 26,71 | |
Jahresüberschuss1 | 16,80 | 17,47 | 14,91 | 49,92 | 51,55 | 106,19 | 71,86 | |
Netto-Marge6 | 15,70 | 13,96 | 11,30 | 19,09 | 12,35 | 26,09 | 18,39 | |
Cashflow1,7 | 0,11 | 250,07 | -157,25 | 141,45 | 125,03 | 113,32 | 63,08 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,15 | 0,16 | 0,14 | 0,55 | 0,47 | 0,97 | 0,65 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,04 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: BDO |
Immerhin hatte Großaktionär und Aufsichtsrat Bernd Förtsch in den vergangenen Monaten mehr als deutlich gemacht, dass ihm manche Dinge überhaupt nicht geschmeckt haben. Die kommenden Monate bleiben also hochgradig spannend, was das Veränderungstempo angeht. Dabei ist das Unternehmen grundsätzlich in einer guten Verfassung. Entsprechend hatte Co-CEO und Finanzvorstand Benon Janos im Call zur Vorlage der Q1-Zahlen auch angekündigt: „Hier wird keine Revolution stattfinden. Es wird eine Evolution.“ Sehr gut aufgestellt scheint flatexDEGIRO insbesondere was die Automatisierung und Skalierbarkeit des Geschäftsmodells angeht. Andernfalls könnte das SDAX-Unternehmen auch gar nicht die hohen Steigerungsraten beim Ergebnis zeigen. Und spätestens mit einem guten Abschlussquartal sollte eine nochmalige Anhebung des Ausblicks fällig sein.
Dass der Vorstand hier nicht schon jetzt die Messlatte höher gelegt hat, dürfte mit der offiziell noch nicht geklärten Nachfolge für den früheren CEO Frank Niehage zusammenhängen. Gut eingeschwungen scheinen auch die Wirksamkeit der Marketingaufwendungen sowie damit zusammenhängenden Kundengewinnungskosten. Eine Offensive ist vielmehr im Bereich Produktangebot – Stichwort: Krypto – sowie beim Imagefaktor zu erwarten. Hier gilt es den Spagat zwischen weiterhin enorm tradingaffinen und rentablen Kunden sowie dem Potenzial von Neobrokern in der Akquise von Nachwuchsanlegern hinzubekommen. Zudem muss ein Institut von der Größe flatexDEGIRO die zu erwartende Konsolidierung im Brokeragesektor aktiv mitgestalten und nicht bloß von der Außenlinie verfolgen.
Last but not least gilt es den Kapitalmarkt vom wahren Potenzial der Investmentstory zu überzeugen – und das geht am besten mit guten Zahlen und einer aktiven IR-Arbeit. Immerhin hängt die Notiz noch immer um mehr als 50 Prozent unter den historischen Höchstkursen von Mitte 2021. Die aktuellen Kursziele der Analysten reichen immerhin bis in den Bereich um 16/17 Euro. Zusätzlichen Rückenwind bietet das anstehende Aktienrückkaufprogramm.
Foto: Adobe Stock
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