So etwas wie eine Chronistenpflicht gibt eigentlich nicht auf boersengefluester.de. Und normalerweise fällt die Kommentierung der Halbjahresberichte von Aktiengesellschaften über die wir regelmäßig berichten, auch gar nicht in diese wenig sexy anmutende Rubrik. Bei der flatex AG – ehemals FinTech Group – ist momentan aber alles anders. Nachdem der in erster Linie für seinen gleichnamigen Onlinebroker bekannte Finanzdienstleister im Sommer einräumte, dass er sich quasi selbst ins Schaufenster stellt, ist die Aktienkursentwicklung zu einem signifikanten Teil eine Funktion der Spekulation um eine mögliche Übernahme durch eine andere Bank oder eine Private Equity-Gesellschaft. Dem Vernehmen nach haben sich mehr als 20 Interessenten die Bücher der Frankfurter angesehen. Mehr oder weniger offen getuschelt wurde dabei, dass ein Eigentümerwechsel wohl nur auf Basis einer Bewertung nördlich von 30 Euro vorstellbar sei. Zwischenzeitlich rückte die Notiz der flatex-Aktie auch bis unmittelbar an diese Untergrenze vor, musste dann aber wieder an Terrain preisgeben.
Immerhin ist gar nicht sicher, in welchem Umfang die Streubesitzaktionäre – es geht hier immerhin um einen Anteiel von 60,2 Prozent – bei einer möglichen Offerte berücksichtigt werden. Grund: Der Anteilschein ist nur im Freiverkehrssegment Scale gelistet, und hier gibt es keine obligatorischen Übernahmeregularien wie etwa im Prime Standard. Dementsprechend heiß bleibt auch die Wette bei der flatex AG. Nun: Eine Entscheidung soll es auf jeden Fall noch im laufenden Jahr geben. Keine neuen Erkenntnisse zu diesem Thema liefert derweil der jetzt veröffentlichte Zwischenbericht. Bis auf ein Wort ist der entsprechende Passus deckungsgleich mit der Ad hoc-Mitteilung vom 4. Juli 2019, die den Stein überhaupt erst ins Rollen brachte. So war in der Ursprungsnachricht von der optimalen Nutzung der „erheblichen Wachstumschancen“ die Rede, während im Sechs-Monats-Report nur noch von „Wachstumschancen“ zu lesen ist. Das ist aber wohl nur eine Marginalie und dürfte wohl kaum etwas an der grundsätzlichen Einschätzung des Managements bezüglich der weiteren Entwicklung des Unternehmens geändert haben.
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Bereits Ende Juli hatte CEO Frank Niehage Vorabdaten zum Umsatz (64,35 Mio. Euro) sowie zum Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (19,74 Mio. Euro) veröffentlicht, die jetzt bestätigt wurden. Neu sind insofern nur die Angaben weiter unten in der Gewinn- und Verlustrechnung. Und hier steht ein um knapp neun Prozent verringerter Überschuss von annähernd 8,55 Mio. Euro. Wie kommt es zu dem Rückgang, obwohl doch das EBITDA noch um 1,34 Mio. Euro über dem entsprechenden Vorjahreswert liegt? Hauptgrund ist, dass sich die Abschreibungen durch die Anwendung der Bilanzierungsrichtlinie IFRS 16 um rund 1,40 Mio. Euro erhöht haben, was sich entsprechend negativ im Überschuss auswirkt. Bereinigt um diese Effekte wäre das Unternehmen ziemlich exakt auf Vorjahresniveau angekommen.
Eher zu vernachlässigen sind die Auswirkungen von IFRS 16 auf das Eigenkapital, das in erster Linie durch den Halbjahresüberschuss auf 183,23 Mio. Euro geklettert ist. Daraus ergibt sich ein Buchwert von zurzeit 9,34 je flatex-Aktie – entsprechend einem Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) von 2,74 beim aktuellen Kurs von 25,55 Euro. In diesem Zusammenhang bietet sich wohl ein Blick Richtung Commerzbank an, die ihre Tochter comdirect bank für das 2,68fache des aktuellen Buchwerts komplett zurückkaufen will. Fürchterlich weit auseinander liegen die aktuellen Einstufungen beider Aktien also nicht.
Dennoch setzt boersengefluester.de darauf, dass CEO Frank Niehage hart verhandelt und bei der flatex-Aktie noch ein Premium-Aufschlag dazu kommt. Keine Frage: Anleger spielen bei einem Investment in flatex nicht unerheblich Casino. Doch der Buchwertvergleich mit der comdirect bank zeigt, dass die Spekulation auch einen tragfähigen realen Boden hat. Und dann gibt es jauch noch die ganze Fantasie um eine weiteren europäischen Roll out der Dachmarke flatex ins europäische Ausland. Folgerichtig reichen die Kursziele der Analysten bis an die Marke von 39 Euro.
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Die Berichterstattung und Handlungseinschätzungen durch boersengefluester.de stellen keine Anlageempfehlungen und auch keine Empfehlung oder einen Vorschlag einer Anlagestrategie dar. Zwischen der flatex AG und boersengefluester.de besteht eine entgeltliche Vereinbarung zur Soft-Coverage der Aktie der flatex AG. Boersengefluester.de hält keine Beteiligung an der flatex AG. Boersengefluester.de nimmt Maßnahmen zur Vermeidung von Interessenkonflikten vor.[/sws_grey_box]
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