Was ist nur mit dem Aktienkurs von flatex los? Seit mittlerweile rund einem Monat befindet sich der Anteilschein der früheren FinTech Group nun unter Druck und hat seit dem um gut 20 Prozent an Wert eingebüßt. Zwar ist damit noch längst nicht der gesamte Kursaufschwung seit den Anfang Juli 2019 gestarteten Verhandlungen um eine mögliche Übernahme durch einen Investor verflossen, doch das Minus schmerzt durchaus. Einher ging die Entwicklung freilich mit der Ankündigung des US-Brokers Charles Schwab, sein Gebührenmodell drastisch umbauen und die Provisionen für den Handel mit US-Aktien und börsengehandelten Fonds abzuschaffen. Was bei den internationalen Brokeraktien für erhebliche Unsicherheit und Kursrückschläge sorgte, ist bei genauerem Hinsehen keine ganz neue Entwicklung und hat seinen Ursprung in dem Vereinigten Staaten mit dem Broker Robinhood. So setzt flatex bei seiner kürzlich in den Niederlanden gestarteten Expansion Richtung Europa auf genau diese Preispolitik und wälzt den Wertschöpfungsprozess damit im Wesentlichen auf die Produktpartner aus dem Derivategeschäft ab.
Gut möglich, dass flatex demnächst auch hierzulande einen ähnlichen radikalen Schritt geht. Immerhin ändert sich das Wettbewerbsumfeld zurzeit in genau diese Richtung. Der im Frühjahr erfolgte Markteintritt von Trade Republic und der bevorstehende Launch von Justtrade aus dem Umfeld der Sutorbank sind jedenfalls eindeutige Signale. Nicht gerade für einen Wow-Effekt sorgte zudem der Halbjahresbericht der flatex AG, immerhin waren operatives Ergebnis sowie der Gewinn nach Steuern im hohen einstelligen Bereich rückläufig. Nach knackiger Wachstumsstory sahen die Daten nicht aus, auch wenn die Erlöse um immerhin zehn Prozent vorankamen (siehe dazu auch unseren Beitrag HIER). Zum eigentlichen Kurstreiber, der strukturierten Verkaufsprozess des im Freiverkehrssegment Scale gelisteten Unternehmens, drangen zuletzt kaum Details nach außen.
Immerhin berichtet das Handelsblatt jetzt, dass aus dem Bieterkreis noch vier Interessenten im Rennen sind und vermutlich noch im Oktober die Entscheidung fallen soll, wer den Zuschlag bekommen wird. Ob es am Ende auf eine andere Bank – dem Vernehmen nach soll Goldman Sachs weiter mit von der Partie sein – oder auf eine Private Equity-Lösung hinausläuft, lässt sich schwer beurteilen. Letztlich muss das Team um flatex-CEO Frank Niehage die für die Aktionäre und Mitarbeiter im Gesamtpaket beste Lösung auswählen. Knackpunkt aus Anlegersicht bleibt, dass es im Scale keine Regelungen für ein verpflichtendes Übernahmeangebot gibt und die flatex-Aktie unter der neuen Regie gleichzeitig wohl für ein paar Jahre von der Börse genommen werden soll und später als deutlich größere Company ein Relisting angestrebt ist. Dabei sieht die Gemengelage folgendermaßen aus: Direkt und indirekt über Heliad Equity Partners ist der Unternehmer Bernd Förtsch der einflussreichste Aktionär.
Zudem ist die Österreichische Post mit etwas mehr als sechs Prozent engagiert. Nicht unerheblich dürften auch die Engagements aus dem Bereich Management sowie „befreundeten“ Family Offices sein, so der der echte Streubesitz wohl niedriger als de offiziell angegebenen 60,21 Prozent sind. Mit diesen Gruppen ließ sich ein außerbörslicher Deal machen. Dennoch: Ein guter Stil wäre es kaum, wenn sich flatex einfach so durch die Hintertür verabschieden würde, zumal das Management sich regelmäßig auf Kapitalmarktkonferenzen präsentiert hat und auch eine Reihe von Privatanlegern in dem Titel engagiert sein dürfte. Entsprechend gespannt ist boersengefluester.de, wohin die Reise geht. Immerhin haben auch wir die Aktie regelmäßig besprochen. Die Kursziele der Analysten liegen derweil regelmäßig signifikant oberhalb von 30 Euro – bis hin zu 39 Euro. Ausreichend Potenzial ist grundsätzlich also vorhanden.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 107,01 | 125,10 | 131,95 | 261,49 | 417,58 | 406,96 | 390,73 | |
EBITDA1,2 | 32,07 | 42,37 | 37,58 | 98,43 | 112,09 | 183,28 | 140,35 | |
EBITDA-Marge3 | 29,97 | 33,87 | 28,48 | 37,64 | 26,84 | 45,04 | 35,92 | |
EBIT1,4 | 26,48 | 30,62 | 24,75 | 73,79 | 80,26 | 151,28 | 104,35 | |
EBIT-Marge5 | 24,75 | 24,48 | 18,76 | 28,22 | 19,22 | 37,17 | 26,71 | |
Jahresüberschuss1 | 16,80 | 17,47 | 14,91 | 49,92 | 51,55 | 106,19 | 71,86 | |
Netto-Marge6 | 15,70 | 13,96 | 11,30 | 19,09 | 12,35 | 26,09 | 18,39 | |
Cashflow1,7 | 0,11 | 250,07 | -157,25 | 141,45 | 125,03 | 113,32 | 63,08 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,15 | 0,16 | 0,14 | 0,55 | 0,47 | 0,97 | 0,65 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,04 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: BDO |
Die Berichterstattung und Handlungseinschätzungen durch boersengefluester.de stellen keine Anlageempfehlungen und auch keine Empfehlung oder einen Vorschlag einer Anlagestrategie dar. Zwischen der flatex AG und boersengefluester.de besteht eine entgeltliche Vereinbarung zur Soft-Coverage der Aktie der flatex AG. Boersengefluester.de hält keine Beteiligung an der flatex AG. Boersengefluester.de nimmt Maßnahmen zur Vermeidung von Interessenkonflikten vor.