Vordergründig ist die Rechnung klar: Die Optikerkette Fielmann gehört – wie so ziemlich alle Einzelhändler – zu den klaren Verlierern der aktuellen Corona-Krise. Wenn die Geschäfte geschlossen sind, brechen nunmal die Umsätze weg. Und da die normalen Aufwandspositionen wie Mieten und Gehälter weiterlaufen, sind die wirtschaftlichen Effekte entsprechend heftig. So wundert es auch nicht, dass der Aktienkurs von Fielmann seit Mitte Februar um fast 40 Prozent zusammengefaltet wurde. Der damit korrespondiere Verlust an Börsenwert beträgt stattliche 2,4 Mrd. Euro. Eine Größenordnung, bei der man ins Grübeln kommen dürfte, ob die einseitige Ausrichtung auf den stationären Handel nicht schon schneller als geplant um einen Onlinekanal ergänzt werden sollte. Immerhin machen Firmen wie Mister Spex vor, dass sich Brillen auch prima via Internet verkaufen lassen. Wobei die Zukunft der Optikerbranche wohl dem Omni-Channel-Konzept gehört, sonst würde Mister Spex wohl kaum zusätzlich Ladenlokale eröffnen.
Losgelöst davon: Die Lage ist brenzlig. Und trotzdem gehört Fielmann zu den Unternehmen, die in der jetzigen Phase klare Kante zeigen und sich ihrer Verantwortung stellen. So hat die Gesellschaft für alle angestellten Augenoptiker und Hörakustiker eine Arbeitsplatzgarantie ausgesprochen und stockt darüber hinaus das beantragte Kurzarbeitergeld auf 100 Prozent auf, so das die Mitarbeiter in den Niederlassungen keine Einbußen bei ihrem Nettolohn zu befürchten haben. Bleibt zu hoffen, dass sich auch die Kunden an diese Aktion erinnern und – sobald die Geschäfte wieder aufmachen – ihre Brillen und Kontaktlinsen wie gewohnt bei Fielmann kaufen. Für boersengefluester.de gehört die Fielmann-Aktie jedenfalls zu den Papieren, die wir auf dem aktuellen Niveau für ein interessantes Investment halten.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 1.385,97 | 1.428,00 | 1.520,75 | 1.428,93 | 1.678,15 | 1.759,30 | 1.969,08 | |
EBITDA1,2 | 291,32 | 295,87 | 384,70 | 336,70 | 396,13 | 339,85 | 410,00 | |
EBITDA-Marge3 | 21,02 | 20,72 | 25,30 | 23,56 | 23,61 | 19,32 | 20,82 | |
EBIT1,4 | 249,05 | 250,76 | 253,70 | 176,26 | 308,88 | 160,47 | 213,81 | |
EBIT-Marge5 | 17,97 | 17,56 | 16,68 | 12,34 | 18,41 | 9,12 | 10,86 | |
Jahresüberschuss1 | 172,85 | 173,63 | 177,29 | 120,81 | 144,58 | 109,95 | 130,64 | |
Netto-Marge6 | 12,47 | 12,16 | 11,66 | 8,45 | 8,62 | 6,25 | 6,64 | |
Cashflow1,7 | 287,14 | 205,64 | 301,75 | 278,47 | 346,69 | 268,09 | 282,79 | |
Ergebnis je Aktie8 | 2,00 | 2,01 | 2,05 | 1,39 | 1,63 | 1,24 | 1,52 | |
Dividende8 | 1,85 | 1,90 | 0,00 | 1,20 | 1,50 | 0,75 | 1,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: PricewaterhouseCoopers |
Immerhin verfügt Fielmann über eine belastbare Bilanz mit einer Eigenkapitalquote von rund 50 Prozent und einer Netto-Liquidität von etwa 220 Mio. Euro. Ganz wichtige Trümpfe in unsicheren Zeiten. Ob die Gesellschaft daher zur Hauptversammlung im Juli 2020 an ihrem bereits veröffentlichtem Dividendenvorschlag von 1,95 Euro für 2019 festhält, lässt sich gegenwärtig noch nicht sagen. Sollten die rigorosen Einschnitte für große Teile des Einzelhandels länger als gedacht gelten, kann sich boersengefluester.de vorstellen, dass Fielmann die Dividendenankündigung anpasst und im Extremfall sogar eine Nullrunde einlegt – nach zuvor 14 (!) Dividendenerhöhungen in Folge.
Das wäre zwar bitter, am Ende kommt es jedoch mehr auf die Sicherung der Zukunftsfähigkeit als auf die Zahlung einer Dividende an. Dabei geht es für 2019 um eine Ausschüttungssumme von knapp 164 Mio. Euro – bei einem Jahresüberschuss von 177 Mio. Euro. Summa summarum sollten Anleger bei Fielmann momentan nicht so sehr auf das KGV oder die Dividendenrendite achten. Dafür ist die Unsicherheit viel zu groß. Als eher hoch erachten wir jedoch die Wahrscheinlichkeit, dass Fielmann nach der Krise wieder gute Geschäfte macht und sich das dann auch n einem deutlich höheren Aktienkurs zeigt.
Foto: Martin LutzePixabay