Noch ist nicht viel passiert bei der Fashionette-Aktie: Rund einen Monat nach dem Börsengang zu 31 Euro notiert der Anteilschein des Onlinehändlers für hochwertige Modeaccessoires – wichtigstes Produkt im Angebot der Düsseldorfer sind Handtaschen – ganz leicht über Emissionskurs. Auf diesem Niveau bringt es das im Scale an den Start gegangene Unternehmen auf einen Börsenwert von knapp 195 Mio. Euro. Innerhalb des Scale bewegt sich Fashionette damit im oberen Drittel, was die Marktkapitalisierung angeht – letztlich also ein gewichtiger Neuzugang für das Frankfurter Freiverkehrssegment. Umso überraschender, dass Fashionette mit seinem IPO fast ausschließlich institutionelle Anleger adresssierte. Die simple Erklärung: Quasi mit Beginn der offiziellen Zeichnungsfrist gab es bereits mehr Investorenanfragen, als überhaupt Stücke zum Verkauf standen. So gesehen verwundert die per saldo bislang neutrale Performance der Aktie fast ein wenig.
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Nun hatte boersengefluester.de Gelegenheit für ein sehr ausführliches Hintergrundgespräch mit CEO Daniel Raab. Um es an dieser Stelle bereits vorwegzunehmen: Der ehemalige Manager von Amazon, ProSieben oder auch Avenso (Lumas Bilder) hat einen super Eindruck hinterlassen. Jedenfalls bringt Raab es plausibel rüber, dass auch eine auf Premium- und Luxusartikel aus der Modebranche spezialisierte Webseite wie fashionette am Ende eine sehr datengesteuerte Plattform ist. Bemerkenswert aus Kapitalmarktsicht auch seine klare Positionierung hinsichtlich der Rentabilität: „Profitables, sehr dynamisches Wachstum steht über allem“, sagt Raab. Tatsächlich arbeitet Fashionette operativ durchweg profitabel und kam zuletzt – bei Erlösen von gut 73 Mio. Euro – auf eine EBITDA-Marge von knapp über neun Prozent. Den Emissionserlös von brutto rund 37 Mio. Euro will die Gesellschaft in erster Linie in verstärktes Marketing, den Ausbau des Produktsortiments sowie eine geografische Ausweitung über die DACH-Region hinaus – gegenwärtig stehen die Niederlande im Fokus – stecken. Sofern es sich anbietet, will Fashionette darüber hinaus via Akquisitionen wachsen. „Aus strategischer Sicht war das IPO damit perfekt für uns“, sagt Raab.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 58,75 | 65,24 | 73,16 | 94,81 | 133,76 | 168,43 | 432,20 | |
EBITDA1,2 | 3,51 | 5,00 | 6,77 | 5,88 | 1,59 | 14,11 | 46,75 | |
EBITDA-Marge3 | 5,97 | 7,66 | 9,25 | 6,20 | 1,19 | 8,38 | 10,82 | |
EBIT1,4 | 1,50 | 2,60 | 4,27 | 3,45 | -0,51 | 9,12 | 38,91 | |
EBIT-Marge5 | 2,55 | 3,99 | 5,84 | 3,64 | -0,38 | 5,42 | 9,00 | |
Jahresüberschuss1 | -0,31 | 0,30 | 1,40 | 0,87 | -1,70 | 7,98 | 26,99 | |
Netto-Marge6 | -0,53 | 0,46 | 1,91 | 0,92 | -1,27 | 4,74 | 6,25 | |
Cashflow1,7 | 5,80 | 26,90 | 1,84 | 5,24 | -13,81 | 2,22 | 104,09 | |
Ergebnis je Aktie8 | -0,05 | 0,05 | 0,23 | 0,14 | -0,27 | 0,34 | 1,30 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Russler & Arnold |
Ein Selbstläufer ist das Geschäftsmodell freilich nicht, dafür existieren einfach zu viele Webseiten mit ähnlichem Produktangebot: Neben den Online-Auftritten von Herstellern wie Gucci, Prada, Michael Kors oder MCM gibt es jede Menge Spezialhändler wie Wardow, Net-A-Porter, MyTheresa oder die an der New Yorker Sock Exchange notierte britische E-Commerce-Plattform Farfetch, die dort auf eine Marktkapitalisierung von umgerechnet mehr als 15 Mrd. Euro bringt. Interessant in diesem Zusammenhang: Der Münchner Onlinehändler Mytheresa bereitet offenbar ebenfalls einen Börsengang in den USA vor. Auch wenn das IPO Fashionette zusätzliche Bekanntheit und frisches Kapital für das weitere Wachstum gebracht hat: Wir wagen es nicht vorherzusehen, wie sich die Marktanteile in drei oder fünf Jahren verteilen werden. Ziel von Fashionette muss es sein, durch eine kontinuierliche Ausweitung des Produktangebots um Dinge mit einer häufigeren Kauftaktung – wie zum Beispiel Beauty- und Pflegeprodukte – eine höhere Kundenloyalität und damit auch Besucherfrequenz aufzubauen. Schließlich kaufen sich wohl selbst ausgewiesene Society-Ladys nicht alle vier Wochen eine neue Handtasche für 1.000 Euro und mehr.
Wichtigster Aktionär bleibt vorerst die Hamburger Unternehmensgruppe Genui. Deutlich über die Hälfte der Anteilscheine befindet sich im Streubesitz, was für einen liquiden Börsenhandel ausreichen sollte. Bewertungstechnisch befindet sich die Fashionette-Aktie zwar in deutlich geerdeteren Regionen als etwa der Anteilschein von Farfetch. Gleichwohl müssen Anleger schon viel Vertrauen in das Geschäftsmodell der Düsseldorfer mitbringen, um hier einzusteigen. Andererseits können gute Nachrichten – etwa zum Verlauf des Weihnachtsgeschäfts – schnell für positive Impulse sorgen. Jedenfalls gibt uns das Gespräch mit CEO Daniel Raab insofern ein gutes Gefühl, dass hier nicht mit Investorengeldern umhergeschmissen wird und Profitabilität oben auf der Agenda steht. Immerhin hält Raab selbst rund drei Prozent der Aktien, was wir ebenfalls als positives Zeichen werten.