Es ist der Traum eines jeden Value-Anlegers: Unternehmen zu finden, bei denen allein der Cashbestand den Aktienkurs übersteigt. In den Auswertungen der meisten Börsenpublikationen werden dabei jedoch einseitig die liquiden Mittel und Wertpapiere berücksichtigt, während Bankschulden ausgeklammert bleiben. Boersengefluester.de geht einen anderen Weg und zeigt, bei welchen Werten auch unterm Strich noch viel Geld in der Kasse ist.
Eine erstaunliche Zahl: Auf 319,5 Mrd. Euro türmen sich derzeit die liquiden Mittel und kurzfristig veräußerbaren Wertpapiere der knapp 600 von boersengefluester.de regelmäßig analysierten Unternehmen. Insbesondere die Automobilkonzerne gelten als wahre Cashmaschinen. Doch der Schein trügt, denn BMW, Daimler und Volkswagen schieben gleichzeitig enorme Finanzverbindlichkeiten von insgesamt fast 280 Mrd. Euro aus ihrem Finanzierungs- und Leasinggeschäft vor sich her. Kein Wunder, dass Analysten bei ihren Betrachtungen das Vierradgeschäft in der Regel von den Bankaktivitäten trennen.
Etliche Nummern kleiner, aber dafür ebenfalls Dauergast in den einschlägigen Cashlisten, sind die Konzert- und Ticketspezialisten CTS Eventim und Deag. Aber auch hier müssen Anleger genau hinschauen. Wesentliche Teile des Geldvermögens sind Vorauszahlungen von Konzertbesuchern für ihre Tickets. Diese Einnahmen bleiben nicht dauerhaft im Besitz von CTS oder Deag, sondern müssen unter anderem an die Künstler weitergereicht werden. Neben den dafür vorgesehenen Umsatzabgrenzungsposten weist insbesondere die SDAX-Firma CTS recht stattliche Finanzverbindlichkeiten aus. Folge: Beide Gesellschaften tauchen in der Rangliste „Deutschlands wahre Cash-Aktien“ von boersengefluester.de nicht auf.
Ähnlich gelagert ist der Fall bei Handelsunternehmen wie Metro, Hornbach oder Praktiker. Die zum Teil enormen Kassenbestände – allein bei Metro sind das zurzeit knapp 5,3 Mrd. Euro – machen die Unternehmen immer wieder zu Cashkönigen. Allerdings sind diese Mittel häufig nur eine Art durchlaufender Posten, denn von den Kasseneinnahmen müssen neue Waren finanziert werden. Bei der klammen Baumarktgruppe Praktiker kommt hinzu, dass rund 20 Prozent der Zahlungsmittel in Höhe von knapp 83 Mio. Euro als Kreditsicherheiten verpfändet sind.
Wahre Cash-Perlen sind hingegen Unternehmen, die über einen Haufen Bargeld und Anleihen verfügen, der nicht für das operative Geschäft benötigt wird. Ausgangspunkte können beispielsweise hohe Einnahmen aus dem Börsengang sein. So haben ein paar der früheren Neuer-Markt-Gesellschaften wie USU Software, Syzygy oder GFT Technologies ihr Geld solide angelegt, statt es für überteuerte Zukäufe zu verbraten. Darüber hinaus gibt es seit Jahren erfolgreiche Unternehmen wie den MDAX-Konzern Krones oder den Bauzulieferer Westag & Getalit, deren Bilanzen frei von Bankverbindlichkeiten sind. Dementsprechend hoch ist die Nettoliquidität solcher Value-Perlen – auch wenn sie nicht immer einen vorderen Platz in den Hitlisten der Cashaktien einnehmen. Interessant: Unterm Strich gibt es rund 50 Gesellschaften, bei denen der Nettofinanzbestand zwischen 20 und 30 Prozent des Börsenwerts ausmacht.
Ein Garant für steigende Aktienkurse ist ein sattes Cashpolster nicht. Zudem ist es – gerade im aktuellen Zinsumfeld – für viele Gesellschaften eine lohnende Option, günstiges Fremdkapital aufzunehmen. Doch für Anleger können sich aus den vollen Kassen eine Menge Kurstreiber ergeben: Von Sonderausschüttungen bis hin zu Übernahmegelüsten anderer Unternehmen. Außerdem sichert eine entsprechende Liquidität den Aktienkurs nach unten ab, was besonders in unruhigen Börsenzeiten nicht zu verachten ist. Ausgeklammert bei der Analyse haben wir – neben Unternehmen mit hoher Cash-Burn-Rate – die Finanztitel aus dem Bank- und Versicherungssektor. Grund: Die Bilanzen dieser Unternehmen sind nur sehr eingeschränkt mit denen der restlichen Firmen zu vergleichen. Boersengefluester.de präsentiert die Top-Ten der Netto-Cash-Könige und stellt die fünf Bestplatzierten vor:
Rang | Aktie | WKN | Börsenwert in Mio. € | Nettocash in Mio. € | Nettocash pro Aktie in € | Aktienkurs | Cashquote | Eigenkapitalquote |
1. | Vtion Wireless | CHEN99 | 51,46 | 101,35 | 6,99 € | 3,55 € | 197,0% | 88,2% |
2. | BDI – BioEnergy Int. | A0LAXT | 26,90 | 26,59 | 7,00 € | 7,08 € | 98,8% | 68,6% |
3. | Beta Systems | 522440 | 35,88 | 24,15 | 1,58 € | 1,80 € | 87,8% | 62,0% |
4. | Atevia | CMBT11 | 187,68 | 160,41 | 6,24 € | 7,30 € | 85,5% | 97,6% |
5. | KHD Humboldt Wedag | 657800 | 224,66 | 146,15 | 2,94 € | 4,52 € | 65,1% | 53,6% |
6. | DocChecj | A1A6WE | 22,94 | 13,32 | 2,52 € | 4,34 € | 58,1% | 88,1% |
7. | Telegate | 511880 | 161,30 | 93,25 | 4,88 € | 8,44 € | 57,8% | 70,2% |
8. | SFC Energy | 756857 | 41,42 | 22,25 | 2,97 € | 5,52 € | 53,7% | 76,4% |
9. | RIB Software | A0Z2XN | 149,05 | 78,03 | 2,02 € | 3,85 € | 52,4% | 81,8% |
10. | SMA Solar Tech. | A0DJ6J | 749,52 | 446,30 | 10,82 € | 21,60 € | 50,1% | 61,8% |
Quelle: eigene Berechnungen, Geschäftsberichte 2012, Quartalsberichte 2013, Stand: 17. Mai 2013