Mieser hätte es für Evotec wohl nicht laufen können. Kurz nachdem die US-Gesellschaft Hyperion Therapeutics die Übernahme des bisherigen Evotec-Partners Andromeda Biotech abgeschlossen hat, tun sich Abgründe auf. Dabei geht es um das für Evotec so wichtige – weil weit fortgeschrittene – Diabetes-Projekt DiaPep277. Demnach haben sich Mitarbeiter von Andromeda „schwerwiegenden Fehlverhaltens in Bezug auf die Studiendaten von DiaPep277 schuldig gemacht“, so die offizielle Verlautbarung aus Amerika. Konkret geht es um die Manipulation von Analysedaten. „Wir sind schockiert über die Täuschung durch die verwickelten Andromeda-Mitarbeiter. Patienten und Forscher investierten Jahre ihres Lebens in der Erwartung, eines ehrlichen Ergebnisses“, ärgert sich Donald J. Santel, CEO von Hyperion, maßlos. Logische Konsequenz: Die laufende Studie wird – weil sie trotzdem noch nützliche Ergebnisse liefern kann – zwar noch bis zum Ende durchgeführt. Die weitere Entwicklung des Diapep277-Programms legt Santel jedoch zu den Akten gelegt.
Auf dem Parkett sorgte die Hiobsbotschaft für eine Verkaufslawine bei dem TecDAX-Wert. Um 22 Prozent auf 2,90 Euro knickte die Evotec-Notiz ein. Das entspricht einem Verlust an Marktkapitalisierung von immerhin fast 110 Mio. Euro. Damit ist der Zuwachs an Börsenwert des gesamten vergangenen Jahres pulverisiert. Die heftige Reaktion der Börsianer hat seinen Grund: Die Hamburger hatten nach der für 2016 avisierten Markteinführung Anspruch auf Erlösbeteiligungen sowie auf signifikante Meilensteinzahlungen von bis zu 40 Mio. Euro. Da wäre eine stattliche Summe zusammengekommen. Das Marktpotenzial für die Indikation wurde auf rund 500 Mio. Euro taxiert. Da sieht die unmittelbare Konsequenz des abgeblasenen Markteintritts in Form einer Wertberichtigung von 8,7 Mio. Euro durch den Evotec-Vorstand harmlos aus.
Zudem sitzt Evotec noch auf einer offenen Forderung gegenüber Andromeda in Höhe von 3,4 Mio. Euro. Auch wenn der TecDAX-Konzern nicht an den Schummeleien beteiligt gewesen ist – der Imageverlust dürfte enorm sein. Kurzfristig könnte es also noch tiefer gehen mit dem Kurs der Evotec-Aktie. Charttechnisch befindet sich die Aktie in einer schwierigen Lage. Die nächste wirklich tragfähige Unterstützung wartet erst im Bereich um 2 Euro. Bis dahin besteht noch reichlich Abwärtspotenzial. Rein fundamental muss es nicht so tief gehen. Das Kurs-Buchwert-Verhältnis hat sich nach dem jüngsten Absturz bereits auf 2,4 ermäßigt. Dennoch: Die zuletzt von den Analysten genannten Kursziele zwischen 4 und 5 Euro wird der Titel vorerst jedenfalls nicht sehen.