Aufatmen an der Börse: Ganz so schlimm wie ursprünglich befürchtet, ist es für Euromicron zum Glück nicht gekommen. Nachdem der Spezialist für IT-Infrastruktur vor rund zwei Monaten umfangreiche Bilanzierungsfehler eingestehen musste und den Vorstandschef vor die Tür setzte – wenig später bat auch der unter anderem für Investor Relations zuständige Vorstand Thomas Hoffmann um seine Vertragsauflösung – war die Panik zunächst groß. Immerhin gab es das Gerücht, dass der vermutete Korrekturbedarf von 15 Mio. Euro möglicherweise nur die Spitze eines Eisbergs sei. Mit dem nun vorgelegten Geschäftsbericht geben die Frankfurter Entwarnung und beziffern die Belastung der fehlerhaften Projektkalkulationen aus den Jahren 2012 und 2013 auf insgesamt 11,4 Mio. Euro. „Die internen Untersuchungen, wie die Fehler entstehen konnten, dauern noch an. Es ist beabsichtigt, der ordentlichen Hauptversammlung 2015 über den Stand der internen Untersuchungen Bericht zu erstatten”, sagt Aufsichtsratsvorsitzender Franz-Stephan von Gronau. Angesetzt ist das Aktionärstreffen für den 16. Juli 2015. Beinahe überflüssig zu erwähnen, dass es in Sachen Dividende erneut eine Nullrunde geben wird.
Keine großen Überraschungen enthält demnach das Zahlenwerk für 2014. Bei Erlösen von 346,3 Mio. Euro kam Euromicron auf ein Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von 21,1 Mio. Euro – was auf eine Marge von 6,1 Prozent hinausläuft. In Aussicht gestellt hatte das Management ursprünglich eine Bandbreite von sechs bis acht Prozent. Angesichts der Unsicherheiten in der GUS-Region war klar, dass der ehemalige TecDAX-Konzern am unteren Ende der Spanne abschneiden wird. Das als Puffer für die Wertberichtigungen dienende Eigenkapital schmolz auf 110,40 Mio. Euro. Zum Vergleich: Der ursprüngliche Vorjahreswert lag hier bei 122,60 Mio. Euro. Abzüglich Anteile Dritter kommt die Gesellschaft gegenwärtig auf einen Buchwert je Aktie von 15,33 Euro. Damit wird der Anteilschein mit einem Abschlag von gut einem Viertel auf den Buchwert gehandelt. Zumindest dieser Punkt spricht schon mal für den Small Cap.
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Wichtiger wird jedoch, welche Richtung Euromicron unter dem neuen Vorstandsteam Bettina Meyer (Sprecherin, Finanzen) und Jürgen Hansjosten (IT, Strategie) nehmen wird. Im Geschäftsbericht spricht Meyer von „ganzheitlichen Lösungen für den Mittelstand und Großkunden im Wachstumsmarkt Internet der Dinge.” Dabei soll der Fokus auf „intelligenten Gebäuden” und „kritischen Infrastrukturen” liegen. Wirklich neu hört sich das nicht an. Immerhin gehörten diese Themen bereits zu den zentralen Punkten in Präsentationen des früheren Vorstands. Auch an den sperrigen Formulierungen hat sich bei Euromicron kaum etwas geändert. Kostprobe aus dem aktuellen Ausblick: „Die Neuausrichtung auf das Marktsegment ‚Internet of Things’ erfordert eine Fortführung der strukturellen Optimierung des Kompetenzbereiches networks.” Frei übersetzt heißt das, dass es 2015 nochmals zu Ergebnisbelastungen kommen wird. Außerdem wird derzeit geprüft, ob sich das Unternehmen von „nicht strategisch relevanten Beteiligungen” trennt. Bleibt abzuwarten, welche Ergebniseffekte sich hieraus ergeben. Zurzeit kalkuliert die Gesellschaft für 2015 mit einer EBITDA-Marge von fünf bis sieben Prozent – bei Erlösen von 340 bis 360 Mio. Euro.
Für 2016 ist dann mit einer „signifikanten Verbesserung” zu rechnen. Das mittelfristige Ziel für die EBITDA-Rendite liegt zwischen acht und elf Prozent. Auch das entspricht den bisherigen Erwartungen. Dennoch betont Vorstand Hansjosten im Geschäftsbericht: „Im Gegensatz zur bisherigen umsatzorientierten Strategie ist unser Ansatz klar cash- und ergebnisorientiert. Abgesehen davon, dass das bisherige Umsatzziel von 500 Mio. Euro so nicht mehr explizit genannt wird: Die große Strategiewende vermag boersengefluester.de momentan noch nicht zu erkennen. Auch auf der Analystenkonferenz in Frankfurt sprang der Funke nicht über. Unklar bleibt insbesondere, wo das Wachstum künftig herkommen soll. Allerdings ist es noch sehr früh, um sich ein vernünftiges Urteil zu bilden. Für die Aktie spricht, dass die Erwartungshaltung sehr niedrig und die Bewertung trotzdem relativ moderat ist. Auch dürfte das grundsätzliche Interesse an dem Titel in den vergangenen Wochen eher gestiegen sein. Eine Bürde bleibt die Nettoverschuldung von gut 49 Mio. Euro. Die auf 38,8 Prozent verbesserte Eigenkapitalquote sieht auf den ersten Blick ermutigend aus. Allerdings ist die Bilanzsumme von Euromicron auch um 29 Mio. Euro geschrumpft. Trotzdem: Wer den Titel im Depot hat, sollte engagiert bleiben. Risikobereite Anleger können auch ein Neuinvestment wagen. Das Vor-Absturz-Niveau von etwa 14 Euro wäre unser Kursziel.
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Foto: kaboompics.com