Investoren-Veranstaltungen von Erlebnis Akademie haben fast ein wenig was von einem Familientreffen. Da macht auch der jüngste von Montega organisierte Round Table keine Ausnahme – auffallend viele Gesichter auf der virtuellen Veranstaltung, die sich schon seit Jahren mit dem Unternehmen beschäftigen. Unbekanntes Terrain ist die Aktie des Betreibers von Naturerlebnisparks freilich auch für die Leser von boersengefluester.de nicht. Dafür haben wir schon zu häufig über die im Münchner Spezialsegment m:access gelistete Aktie geschrieben. Die Investmentstory in Kurzform: Erlebnis Akademie baut seinen Bestand an Baumwipfelpfaden und Abenteuerspielplätzen nicht nur innerhalb von Deutschland aus, sondern expandiert zunehmend auch international. Um darüber hinaus die Abhängigkeit von den üblicherweise besonders starken Sommermonaten in klassischen Ferienregionen wie der Ostsee zu lindern, setzt die Erlebnis Akademie auf Standorte mit einem gleichmäßigerem Touristenstrom. Das können Bergregionen sein, wo auch im Winter Skibetrieb ist – aber auch allgemein klimatisch günstigere Regionen.
„Wir sind auf Wachstum gebürstet“, sagt CFO Christoph Blaß bei seiner Präsentation. Wenig überraschend hat das Corona-Virus der Erlebnis Akademie aber mehr zugesetzt als eine monatelanger Dauerregen. Immerhin hatte die Gesellschaft insofern Glück, dass die bisherigen Betriebsschließungen im Frühjahr 2020 sowie der aktuelle Lockdown nicht in die Hauptsaison gefallen sind und der Sommer 2020 sogar ausnehmend gut lief. Am Ende kam die Gesellschaft im Vorjahr auf Erlöse von 14,9 Mio. Euro (Vorjahr: 16,5 Mio. Euro) und musste dabei „nur“ einen Rückgang des operativen Ergebnisses von etwas mehr als 38 Prozent auf knapp 1,8 Mio. Euro hinnehmen. „Ich hätte nicht gedacht, dass wir noch so ein gutes Ergebnis erzielen“, sagt Blaß und schiebt wenig später nach. „Das dritte Quartal hat uns nahezu überrollt. Das war das beste Quartal ever.“
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 11,60 | 15,33 | 16,48 | 14,90 | 14,55 | 22,41 | 23,80 | |
EBITDA1,2 | 4,58 | 5,41 | 6,40 | 5,73 | 6,89 | 5,70 | 5,72 | |
EBITDA-Marge3 | 39,48 | 35,29 | 38,83 | 38,46 | 47,35 | 25,44 | 24,03 | |
EBIT1,4 | 2,35 | 2,30 | 2,87 | 1,77 | 2,56 | 0,20 | -0,40 | |
EBIT-Marge5 | 20,26 | 15,00 | 17,42 | 11,88 | 17,60 | 0,89 | -1,68 | |
Jahresüberschuss1 | 1,63 | 1,36 | 1,86 | 0,77 | 1,51 | -0,71 | -1,84 | |
Netto-Marge6 | 14,05 | 8,87 | 11,29 | 5,17 | 10,38 | -3,17 | -7,73 | |
Cashflow1,7 | 1,86 | 4,16 | 4,81 | 5,08 | 2,61 | 2,61 | 4,08 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,77 | 0,42 | 0,57 | 0,19 | 0,63 | -0,29 | -0,50 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Norbert Power-Feitz |
Eigentlicher Anlass der jüngsten Investor-Relations-Offensive ist allerdings die noch bis Ende März laufende Kapitalerhöhung im Verhältnis 5:1 zu einem Ausgabepreis von 13 Euro, die bei voller Platzierung brutto rund 5,25 Mio. Euro in die Kassen spült. Mit dem Geld will das Unternehmen aus Bad Kötzting im Bayerischen Wald den Bau neuer Parks finanzieren. Geplant sind etwa Baumwipfelpfade in Kanada, Irland oder auch an der Mecklenburger Bucht in Bad Doberan. Dabei geht die Gesellschaft einen Spagat zwischen Wirtschaftlichkeit und dem Urgedanken einer lebenswerten Biosphäre. In Irland etwa verhandelt der Vorstand mit der Guiness Brauerei als potenzieller Werbepartner und will die Architektur des Holzgerüsts als das größte begehbare Guiness-Glas erscheinen lassen.
Doch die Grenzen sind klar abgesteckt, es geht immer um die Kombination aus Natur und Erlebnis. „Wir wollen definitiv keine Erweiterung Richtung Fun. In die Ecke möchten wir gar nicht“, sagt Blaß. Noch nicht in trockenen Tüchern ist derweil das Projekt Mecklenburger Bucht mit seiner 2022/23 geplanten Eröffnung. Blaß spricht von einer „hakeligen Situation“ und „deutlich erhöhten Kosten“. Die Nähe zu Rostock und Ferienregionen wie Kühlungsborn oder auch Fischland-Darß-Zingst weiter östlich sind jedoch echte Pluspunkte. „Das Potenzial an dem Standort ist genial“, sagt Blaß. Zudem hat die Gesellschaft mit dem Objekt auf Rügen in der Nähe von Binz ohnehin einen Evergreen im Portfolio und will in Kürze zudem auf Usedom die Tore für einen neuen Baumwipfelpfad öffnen.
Viel Bewegung also in der Pipeline. Entsprechend geht boersengefluester.de davon aus, dass die Kapitalerhöhung ein Erfolg wird, zumal die wesentlichen Aktionäre offenbar ganz oder zumindest teilweise ihre Bezugsrechte ausüben wollen. Gecovert wird das Papier der Erlebnis Akademie von Sphene Capital, wobei Analyst Peter Thilo Hasler auf Basis der erhöhten Aktienzahl ein Kursziel von 19,90 Euro nennt. „Nach einer endgültigen Aufhebung der behördlich erlassenen COVID-19-induzierten Schließungen und einer Normalisierung der von uns eingepreisten Risikoaufschläge sind nach unserer Einschätzung nochmals höhere Kursziele erreichbar“, betont Hasler. Insgesamt eine für unseren Geschmack sehr stimmige Aktienstory aus dem Spezialwertebereich. Nur auf Dividenden müssen Anleger bei dem Titel verzichten. Aber das stört die eingeschworene Fangemeinde eher wenig.