Dafür gibt es schon mal einen dicken Pluspunkt: Obwohl EnviTec Biogas zu den klassischen Kandidaten für ein Delisting zählte, hat das Unternehmen konsequent an der Börsennotiz festgehalten. Dabei spielt das Thema Börse für den Anbieter und Betreiber von Biogasanlagen längst keine große Rolle mehr. Finanziell ist EnviTec Biogas dank der stabilen Cashflows und einer Eigenkapitalquote von knapp 55 Prozent solide aufgestellt – Kapitalerhöhungen zur Finanzierung des weiteren Wachstums kein Thema. Die Aktionärsstruktur wird dominiert durch die beiden Mitgründer Olaf von Lehmden (CEO) mit 57,6 Prozent Anteil sowie Tobias Schulz (Aufsichtsratsvorsitzender), dem über die TS Holding 25,9 Prozent zuzurechnen sind. Abzüglich der eigenen Aktien beträgt der Streubesitz gerade einmal 15,5 Prozent. Diese Konstellation erklärt auch die regelmäßig sehr offensive Dividendenpolitik des nur im Basic Board (Freiverkehr) gelisteten Unternehmens. Zur Hauptversammlung (HV) am 3. Juli 2018 in Vechta etwa steht die Ausschüttung einer Dividende von 1,00 Euro pro Anteilschein auf der Agenda.
Bei einem Kurs von 7,65 Euro zur Ankündigung kam die Aktie damit auf eine Dividendenrendite von stattlichen 13 Prozent. Kein Wunder, dass in den vergangenen Tagen weitere Renditejäger aufgesprungen sind und die Notiz des Small Caps bis auf 9,35 Euro getrieben haben, was freilich noch immer für eine Rendite von 10,7 Prozent steht. Damit jedoch keine falschen Vorstellungen geweckt werden: Am Tag nach der HV wird die Dividende vom Kurs abgezogen (weitere Infos dazu bietet unser Dividenden-Ratgeber). Es gibt also nichts geschenkt an der Börse! Gut möglich sogar, das der Dividendenabschlag die Höhe der Ausschüttung übersteigt – ein nicht untypisches Phänomen bei marktengen Dividenden-Hits. Wenn viele Investoren gleichzeitig raus wollen, sind die Türen oftmals nicht groß genug für einen zwischenzeitlichen Ansturm. Daher kann es mitunter sogar eine sinnvolle Strategie sein, bereits ein paar Tage vor der HV auszusteigen und darauf zu setzen, dass der Kurs bis dahin noch etwas an Höhe gewinnt.
Zudem toppt die Dividendensumme von 14,85 Mio. Euro den für die Ausschüttung maßgeblichen AG-Gewinn von knapp 6,45 Mio. Euro doch ganz erheblich. Auf Konzernebene blieb 2017 ein Überschuss von annähernd 4,98 Mio. Euro stehen. Mit anderen Worten: EnviTec Biogas kehrt aus der Substanz aus, weil die Gesellschaft für ihr operatives Geschäft schlichtweg weniger Geld braucht, als sie zur Verfügung hat. Diese großvolumige Ausschüttungspolitik lässt sich zwar nicht ewig fortfahren. Mit einem Bilanzgewinn von zuletzt 57,51 Mio. Euro sind aber noch immer stattliche Reserven vorhanden. Trotzdem: Verfechter der royalen Dividendenlinie werden EnviTec Biogas kaum in den Dividenden-Adel heben. Bewertungstechnisch sieht das Papier derweil auch nach der jüngsten Kursrally noch weitgehend geerdet aus. Der Börsenwert von 140 Mio. Euro liegt ziemlich genau auf einer Linie mit dem – bereits um die kommenden Dividendenausschüttung und Anteilen Dritter bereinigten – Eigenkapital. Konkret beträgt das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) 1,02.
Den Ausblick zu den operativen Zielen für 2018 formuliert Vorstandschef Olaf von Lehmden vergleichsweise weich. Demnach ist bei einer Gesamtleistung auf Vorjahresniveau mit einer „leichten Verbesserung“ des EBIT zu rechnen. Entscheidend wird die weitere Entwicklung in dem durch internationale Aktivitäten geprägten Segment Anlagenbau sein, wo EnviTec Biogas die eigenen Ziele für 2017 allerdings verfehlte und bei Erlösen von 45,6 Mio. Euro den operativen Verlust von 2,8 auf 8,2 Mio. Euro ausdehnte. „Künftig soll der Anlagenbau bei einem durchschnittlichen Umsatz von jährlich rund 40 Mio. Euro trotz eines herausfordernden Marktumfelds einen positiven Ergebnisbeitrag zum Gesamtkonzern erreichen“ , heißt es im Geschäftsbericht. Zum Vergleich: Mit den Anlagen im Eigenbetrieb erwirtschaftetet die Gesellschaft aus dem niedersächsischen Lohne 2017 rund 111,2 Mio. Euro Umsatz und kam dabei auf ein EBIT von 16,7 Mio. Euro – nach 10,5 Mio. Euro im Jahr zuvor.
Summa summarum scheint die Vorschau für das 2018er-Konzernergebnis aber nicht zu hoch gegriffen, so dass wir mit einem weitgehend konstanten Ergebnis je Aktie rechnen. Unter KGV-Aspekten macht der Titel damit zwar keinen günstigen Eindruck. Bezogen auf die Kennzahl Enterprise Value (Börsenwert plus Netto-Finanzschuden) zum Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) sieht die Sache aber schon wieder entspannter aus. Unterm Strich ist EnviTec Biogas für boersengefluester.de damit eine gute Halten-Position.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 198,78 | 186,76 | 213,56 | 192,27 | 262,37 | 382,83 | 416,82 | |
EBITDA1,2 | 24,60 | 27,29 | 30,19 | 32,10 | 37,76 | 75,91 | 116,12 | |
EBITDA-Marge3 | 12,38 | 14,61 | 14,14 | 16,70 | 14,39 | 19,83 | 27,86 | |
EBIT1,4 | 6,52 | 10,05 | 13,13 | 16,72 | 23,02 | 60,48 | 83,14 | |
EBIT-Marge5 | 3,28 | 5,38 | 6,15 | 8,70 | 8,77 | 15,80 | 19,95 | |
Jahresüberschuss1 | 4,98 | 6,83 | 7,32 | 12,34 | 16,87 | 48,26 | 64,07 | |
Netto-Marge6 | 2,51 | 3,66 | 3,43 | 6,42 | 6,43 | 12,61 | 15,37 | |
Cashflow1,7 | 19,60 | 31,85 | 15,53 | 27,54 | 37,35 | 97,33 | 83,29 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,33 | 0,46 | 0,49 | 0,83 | 1,14 | 3,25 | 4,31 | |
Dividende8 | 1,00 | 1,00 | 1,00 | 1,00 | 1,00 | 2,00 | 3,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Kohl & Zerhusen |