Die drängendste Frage aus Aktionärssicht ist vermutlich, ob EnviTec Biogas im kommenden Jahr ebenfalls eine Dividende von 1,00 Euro pro Anteilschein auskehren wird – so wie auch für die vergangenen beiden Jahre. Immerhin zählte der Hersteller und Betreiber von Biogas- und Biomethananlagen damit jeweils zu den renditestärksten Spezialwerten auf dem heimischen Kurszettel. Nun: Bilanztechnisch wäre die damit verbundene Ausschüttungssumme von 14,85 Mio. Euro kein Problem, zumal sich zum Halbjahr bereits wieder rund 28 Mio. Euro an liquiden Mitteln auf der Aktivseite fanden – bei Bankverbindlichkeiten von etwas mehr als 54 Mio. Euro. Das operative Geschäft läuft derweil mindestens im Rahmen der Erwartungen: Bei einem deutlichen Umsatzanstieg von 21 Prozent auf 96,94 Mio. Euro – knapp 57 Prozent davon stammen aus dem Eigenbetrieb – zog das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) in den ersten sechs Monaten 2019 um 8,7 Prozent auf 5,43 Mio. Euro an.
„Wir sind im ersten Halbjahr in allen Segmenten gewachsen und haben dabei unser Ergebnis weiter verbessert. Im Servicesegment lagen die Resultate sogar leicht über unseren Planungen“, sagt Finanzvorstand Jörg Fischer. Ziel für das Gesamtjahr bleibt es, bei einem Umsatz auf dem Vorjahresniveau von knapp 187 Mio. Euro eine weitere Verbesserung des EBIT gegenüber dem 2018er-Wert von 10 Mio. Euro hinzubekommen. Viel hängt davon ab, ob der Anlagenbau im Gesamtjahr die Gewinnzone erreichen wird, was schon allein aufgrund des Projektcharakters schwer zu prognostizieren ist. Im Eigenbetrieb plant EnviTec derweil den Bestand weiter zu modernisieren und – sofern es sich anbietet – auch neue Anlagen zu erwerben. Im zuletzt wachstumsstarken Service-Bereich ist mit einer anhaltenden Expansion zu rechnen. Aus regionaler Sicht sind zurzeit Frankreich und Dänemark überdurchschnittlich interessante Märkte für die in Saerbeck nördlich von Münster angesiedelte Gesellschaft.
Nicht ganz nachvollziehen kann CEO Olaf von Lehmden derweil, warum sich die heimische Politik im Verkehrsbereich so sehr auf das Thema Elektromobilität fokussiert, obwohl bspw. biomethanbetriebene Fahrzeuge eine deutlich bessere Ökobilanz vorzuweisen haben. „Mit großen Hoffnungen haben wir auf die Ergebnisse des sogenannten Klimakabinetts gewartet, die am 20.09. vorgestellt wurden. Leider sind die dort angekündigten Maßnahmen deutlich hinter unseren Erwartungen geblieben. Von einem ambitionierten, zukunftsweisenden Klimapaket kann – aus unserer Sicht – keine Rede sein“, sagt der EnviTec-Vorstand und zeigt sich kämpferisch: „Wir werden auch in den kommenden Wochen und Monaten unsere Energie darauf verwenden, die Vorteile von Biomethan weiter zu unterstreichen und für eine technologieoffene und faire Energiewende im Mobilitätssektor zu werben.“
An der Börse zeigt sich der Small Cap zurzeit in einer erfreulich vitalen Verfassung. Der Dividendenabschlag von Anfang Juli ist bereits wieder verdaut und die Notiz marschiert auf die Marke von 12 Euro zu. Aktuelle Marktkapitalisierung des leider nur im Freiverkehr (Basic Board) gelisteten Unternehmens: 177 Mio. Euro, wovon sich gut 35 Prozent im Streubesitz befinden. Die beiden Firmengründer Olaf von Lehmden und Tobias Schulz halten zusammen 63,5 Prozent. Bewertungstechnisch gibt es kaum etwas zu meckern: Aufgrund der historisch bedingt noch immer relativ hohen Abschreibungen (auch wenn sie absolut gesehen rückläufig sind) sollte das EBITDA im laufenden Jahr bei etwa bei 27 Mio. Euro ankommen.
Unter Berücksichtigung der Netto-Finanzschulden beträgt der Unternehmenswert (Enterprise Value, EV) zurzeit rund 206 Mio. Euro. Damit wird der Small Cap mit dem 7,6fachen der Relation von EV zu EBITDA gehandelt. Zum Abschluss ein Schwenk zurück zur Dividende: Auf Dauer wird EnviTec Biogas wohl kaum deutlich mehr ausschütten können, als das Unternehmen operativ verdient. Daher sollten Investoren immer auch eine Kürzung einplanen. Doch selbst dann sollte die Rendite weiterhin in sehr ansprechenden Regionen liegen.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 198,78 | 186,76 | 213,56 | 192,27 | 262,37 | 382,83 | 416,82 | |
EBITDA1,2 | 24,60 | 27,29 | 30,19 | 32,10 | 37,76 | 75,91 | 116,12 | |
EBITDA-Marge3 | 12,38 | 14,61 | 14,14 | 16,70 | 14,39 | 19,83 | 27,86 | |
EBIT1,4 | 6,52 | 10,05 | 13,13 | 16,72 | 23,02 | 60,48 | 83,14 | |
EBIT-Marge5 | 3,28 | 5,38 | 6,15 | 8,70 | 8,77 | 15,80 | 19,95 | |
Jahresüberschuss1 | 4,98 | 6,83 | 7,32 | 12,34 | 16,87 | 48,26 | 64,07 | |
Netto-Marge6 | 2,51 | 3,66 | 3,43 | 6,42 | 6,43 | 12,61 | 15,37 | |
Cashflow1,7 | 19,60 | 31,85 | 15,53 | 27,54 | 37,35 | 97,33 | 83,29 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,33 | 0,46 | 0,49 | 0,83 | 1,14 | 3,25 | 4,31 | |
Dividende8 | 1,00 | 1,00 | 1,00 | 1,00 | 1,00 | 2,00 | 3,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Kohl & Zerhusen |
Fotos: EnviTec Biogas AG