Auf enorme Resonanz ist unsere Berichterstattung über die indirekten Profiteure des Konzernumbaus von E.ON gestoßen: die Betreiber von Wind- und Solarparks. Immerhin ist es denkbar, dass der DAX-Konzern im Zuge seiner künftigen Expansionsstrategie auch einen Blick auf Unternehmen wie Capital Stage, Energiekontor oder Colexon Energy werfen könnte (zu dem Beitrag kommen Sie HIER). Gemessen am Börsenwert spielt das Trio in unterschiedlichen Ligen: Die SDAX-Gesellschaft Capital Stage bringt 325,6 Mio. Euro auf die Waagschale, Energiekontor ist mit 146,5 Mio. Euro kapitalisiert, bei Colexon Energy (künftig: 7C Solarparken) beträgt der Unternehmenswert 49,0 Mio. Euro. Differenzen bestehen aber auch hinsichtlich der Geschäftsausrichtung: Capital Stage ist eine reine Betreibergesellschaft. Momentan haben die Hamburger 41 Solar- und sechs Windparks mit einer Leistung von etwa 313 Megawatt (MW) im Bestand. Colexon stellt sein Geschäftsmodell seit einiger Zeit um, gibt die Handelsaktivitäten auf und fokussiert sich auf den Betrieb von Solarparks in Deutschland und Italien – aktuell besitzt das Portfolio eine Leistung von 26 MW.
Energiekontor ist traditionell ein Projektierer von Windkraft- (Onshore und Offshore) und Solarparks. Insgesamt hat das Unternehmen bereits 530 Windanlagen mit einer Leistung von gut 700 MW geplant. Um das stark zyklische Projektgeschäft zu glätten, setzen die Bremer jedoch verstärkt auf den Betrieb eigener Anlagen: Zurzeit umfasst der Bestand 29 Windparks mit einer Gesamtleistung von 221 MW. Perspektivisch soll sich diese Ausbeute mehr als verdoppeln. Verglichen mit Capital Stage bleibt bei Energiekontor zunächst einmal die wesentlich stärkere Ausrichtung auf den Windbereich auffällig. Regional haben beide Gesellschaften ihren Schwerpunkt in Deutschland.
Darüber hinaus ist auch die Bilanzierung der Anlagen relevant für Anleger. So haben aufmerksame Leser von boersengefluester.de uns darauf hingewiesen, dass in dem Auftaktartikel die unterschiedlichen Wertansätze in der Bilanz nicht thematisiert waren. Diesen Aspekt holen wir gern nach, schließlich spielt er unter Kennzahlengesichtspunkten eine bedeutende Rolle. In der Bilanz finden sich einzelne Windräder oder Solarflächen im Wesentlichen in der Position „Sachanlagen” wieder. Capital Stage weist hier per Ende September 2014 einen Betrag von immerhin 567,3 Mio. Euro aus. Dieser Wertansatz beruht gemäß dem Fair-Value-Gedanken der internationalen Bilanzierungsrichtlinien IFRS auf dem Wert, zu dem diese Anlagen momentan wieder verkauft werden könnten. Energiekontor hingegen bilanziert noch traditionell, hier bezieht sich der Wertansatz auf die Anschaffungs- oder Herstellkosten abzüglich der planmäßigen Abschreibungen. Zum Halbjahr 2014 standen die eigenen Windparks demnach mit nur knapp 173 Mio. Euro in den Büchern. Keine Frage: Würde Energiekontor ebenfalls die Regeln von „IFRS 13″ anwenden, stände ein spürbar höherer Betrag auf der Aktivseite. Substanzorientierte Investoren, die nur einen schnellen Blick auf die Bilanz werfen, könnten die „wahren” Werte von Energiekontor demnach unterschätzen. Auf jeden Fall aber lassen sich die Zahlen von Energiekontor und Capital Stage nicht eins zu eins vergleichen.
Größter Unsicherheitsfaktor bei Energiekontor bleiben Projektverzögerungen durch sich in die Länge ziehende Genehmigungsprozesse. Auch die Eigenkapitalquote von zuletzt nur etwa zehn Prozent sorgt für Abzüge in der B-Note. Wer sich davon nicht abschrecken lässt, findet in dem Small Cap aber ein super interessantes Investment mit viel Dividendenfantasie und erklecklichem Kurspotenzial. Für 2014 zahlte Energiekontor eine „steuerfreie” Dividende von 0,50 Euro pro Anteilschein. Dem Vernehmen greift auch in den kommenden Jahren eine nachgelagerte Besteuerung durch den Fiskus. Für Anleger, die den Titel bereits vor Einführung der Abgeltungsteuer Anfang 2009 in ihr Depot genommen haben, bleibt sie sogar komplett steuerfrei. Für 2014 kalkuliert boersengefluester.de derzeit mit einer unveränderten Dividende. Das würde auf eine weit überdurchschnittliche Rendite von fünf Prozent hinauslaufen. Charttechnisch sollte ein signifikantes Überschreiten der 10-Euro-Marke das entscheidende Einstiegssignal liefern. Wer lieber auf populärere Aktien setzt, findet aber auch in Capital Stage noch immer ein interessantes Papier. Die Aktie von Colexon hat zwar ebenfalls eine Menge Charme, eignet sich aber nur für sehr risikobereite Investoren. So gesehen ändert sich an unserer ursprünglichen Handlungsempfehlung nichts. Der Extrablick auf die Bilanzierungsthematik verdeutlich aber, dass Energiekontor aus dem Betreiber-Trio vermutlich die cleverste Wahl ist.
Foro: Energiekontor AG