Vielleicht ist es eine etwas unkonventionelle Art der Fundamental-Analyse. Aber nach unserem jüngsten Hintergrundgespräch mit elumeo-CEO Wolfgang Boyé im Hochsommer 2021 (HIER) konnte boersengefluester.de einfach nicht anders, als sich direkt die frische Video-Shopping-App Jooli aufs iPhone zu laden um so die Entwicklung der nach Einschätzung von Boyé mit so viel Potenzial verbundenen Neueinführung live zu verfolgen. Tatsächlich hat sich die Zahl der Kanäle allein in den vergangenen 2,5 Monaten von 11 auf 22 verdoppelt – vom Schmuckverkauf, über Kosmetik, Kochboxen und Wein bis hin zu Hüten reicht die Palette. Und es sollen noch signifikant mehr werden. Eine dreistellige Zahl an Shopping-Kanälen auf Jooli ist das Ziel bis zum Frühjahr 2022.
Noch viel ausgeprägter hing der Aktienkurs des Schmuckvermarkters (Juwelo) freilich lange Zeit an der alles andere als friedlichen Stimmung innerhalb der verschiedenen Aktionärsgruppen. Doch wie es scheint, sind die Thailänder und früheren Geschäftspartner Ottoman Strategy Holdings OSH nun tatsächlich raus aus der Aktie. Das wäre so etwas wie ein Startschuss für den Spezialwert. Grund genug für boersengefluester.de, sich ein Update aus erster Hand bei Wolfgang Boyé zu holen.
Herr Boyé, in unserem Artikel “Was der Kapitalmarkt noch völlig unterschätzt” vom August 2021 haben wir geschrieben, dass es am besten wäre, wenn Ihr Großaktionär OSH seinen elumeo-Anteil von gut 25 Prozent bei anderen Investoren platziert, damit endlich Ruhe einkehrt. Sind Sie in der Zwischenzeit hier schon einen Schritt weitergekommen?
Wolfgang Boyé: Wir gehen davon aus, dass die OSH ihren Anteil inzwischen verkauft hat. Die elumeo SE war an der Umplatzierung der OSH-Anteile nicht direkt beteiligt und die OSH hat es bisher unterlassen, eine Stimmrechtsmitteilung abzugeben, aber die Rückmeldung von einer Vielzahl neuer Investoren lassen kaum keinen anderen Schluss zu, als dass die OSH als Anteilseignerin ausgestiegen ist. Angesichts dessen, was die OSH in den vergangenen Jahren zum Schaden der elumeo SE unternommen hat, wäre das eine sehr gute Nachricht.
Wissen Sie, wo die OSH-Anteile platziert wurden?
Wolfgang Boyé: Die Anteile wurden meines Wissens im Wesentlichen über die Börse verkauft. Wir haben hat die elumeo SE in den vergangenen Wochen auf einer Reihe von Roadshows präsentiert und einige dieser Investoren haben im Anschluss auch elumeo-Aktien gekauft.
Ist das Kapitel OSH damit aus Ihrer Sicht endgültig beendet?
Wolfgang Boyé: Zumindest führt die OSH im Moment keine Prozesse mehr gegen die elumeo SE. Nach acht angezettelten und aus Sicht der OSH verlorenen Prozessen ist das vielleicht auch vernünftig. Hoffen wir, dass es dabei bleibt.
Kommen wir auf das operative Geschäft zu sprechen: Wie hat sich die im Sommer an den Start gegangene Shopping-Center-App jooli bisher entwickelt? Liegen Sie im Plan?
Wolfgang Boyé: Ja, wir liegen bei der Entwicklung der App im Moment sogar leicht über dem Plan für 2021. Das Kundenwachstum ist enorm hoch, entsprechend schnell werden wir diese Plattform für Lifestyle-Produkte auch skalieren und internationalisieren können. Wir werden uns am 11. November zusammen mit den Quartalszahlen ausführlich zu der bisherigen Entwicklung und den Plänen für 2022 äußern.
Wie zufrieden sind Sie mit der aktuellen Resonanz auf Anbieter- und auf Kundenseite?
Wolfgang Boyé: Sehr zufrieden. Ein vergleichbares Angebot gab es bisher in Europa nicht. Ich habe selten in meinem Berufsleben ein Projekt gestartet, welches so durchgängig positive Resonanz erfahren hat. Dies gibt uns Rückenwind für die kommenden Monate.
Was sind die nächsten Schritte bei jooli? Wie wollen Sie deren Bekanntheit weiter erhöhen?
Wolfgang Boyé: Wir werden die Bekanntheit nun auf allen Wegen erhöhen, über digitales Marketing, durch Newsletter an die Kunden von Juwelo, durch das neue Botschafter-Programm bei jooli und auch durch die Plattform selbst, auf der die Kanäle ihre eigenen Kunden gewinnbringend promoten können. Einzelheiten hierzu werden wir am 11. November veröffentlichen.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 67,56 | 51,12 | 44,09 | 42,42 | 50,68 | 45,84 | 45,39 | |
EBITDA1,2 | -0,01 | -17,49 | -2,13 | 1,22 | 2,93 | -0,46 | -1,97 | |
EBITDA-Marge3 | -0,01 | -34,21 | -4,83 | 2,88 | 5,78 | -1,00 | -4,34 | |
EBIT1,4 | -1,60 | -18,43 | -2,35 | 0,29 | 1,98 | -1,40 | -2,85 | |
EBIT-Marge5 | -2,37 | -36,05 | -5,33 | 0,68 | 3,91 | -3,05 | -6,28 | |
Jahresüberschuss1 | -6,04 | -27,40 | -2,60 | 0,15 | 9,24 | -3,33 | -3,26 | |
Netto-Marge6 | -8,94 | -53,60 | -5,90 | 0,35 | 18,23 | -7,26 | -7,18 | |
Cashflow1,7 | -4,70 | -6,29 | 0,78 | 2,43 | 1,19 | -1,42 | -0,09 | |
Ergebnis je Aktie8 | -1,10 | -4,98 | -0,47 | 0,03 | 1,68 | -0,60 | -0,20 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Forvis Mazars |
Wie läuft es aktuell im Kerngeschäft bei Juwelo? Spüren Sie ein Abflauen des Wachstums durch die Wiedereröffnung des stationären Handels?
Wolfgang Boyé: Das Wachstum von Juwelo entwickelt sich exakt so, wie wir es im Rahmen der Veröffentlichung der Halbjahreszahlen kommuniziert haben. In der zweiten Jahreshälfte des Jahres 2020 hatten wir geschlossene Läden, eine auf 16 Prozent gesenkte Mehrwertsteuer und einen generellen Lockdown. Das müssen wir in der zweiten Jahreshälfte dieses Jahres erst einmal kompensieren, wir werden dennoch auch im zweiten Halbjahr wachsen. Unsere dynamisch wachsenden Bewegtbildangebote geben uns dabei Rückenwind. In Summe werden wir unsere Umsatz- und Ergebnisprognose für 2021 erreichen.
Wie stark leidet auch elumeo unter den weltweiten Lieferengpässen? Ist das ein größeres Thema für Sie und wie können Sie ggf. entgegensteuern?
Wolfgang Boyé: Die momentane Knappheit an Rohstoffen und Logistik-Kapazitäten ist auch für uns eine Herausforderung. Bisher haben wir es geschafft, dies durch maximale Flexibilität und enge Abstimmung mit unseren Produktionspartnern zu managen.
Können Sie uns schon einen ersten Ausblick auf 2022 geben? Wohin wird die Reise bei elumeo mittelfristig gehen?
Wolfgang Boyé: Das Budget für 2022 werden wir erst im Dezember aufstellen, vorher sind die Unsicherheiten leider noch zu hoch. Im Moment gehen wir davon aus, dass wir sowohl in 2022 weiterwachsen werden als auch in der Profitabilität einen guten Schritt vorwärtskommen werden. Mittelfristig peilen wir eine EBITDA-Marge von mehr als 10 Prozent an, wie wir sie bereits im Zeitraum 2009 bis 2014 erzielt haben.
Wolfgang Boyé ist Vorsitzender des Verwaltungsrats der elumeo SE. Der gebürtige Münchner ist Mitbegründer der Juwelo Deutschland GmbH, Berlin, eine der heutigen Tochtergesellschaften der elumeo SE. Die Gründung erfolgte nach einem MBO aus der Scholz & Friends Group, welcher von Herrn Boyé gemanagt wurde. In dieser Zeit war er Mitglied des Vorstands der Scholz & Friends AG (Berlin), zuvor Finanzvorstand der United Visions Entertainment AG (Berlin). Bei Scholz & Friends oblag Herrn Boyé der Bereich TV-Aktivitäten, bei United Visions verantwortete er neben dem Finanzressort den erfolgreichen Börsengang des Unternehmens im Jahr 2000. Von 1995 bis 2000 war Wolfgang Boyé Projektleiter bei The Boston Consulting Group in Moskau, Russland, und Consultant in München.
Fotos: Clipdealer, elumeo SE