Wie nahezu alle Aktien aus dem E-Commerce-Sektor musste auch der Anteilschein von Elumeo 2022 kräftig Federn lassen. Die Zahlen aus dem frisch vorgelegten Geschäftsbericht 2022 zeigen, dass ein Teil des Rückgang sicher gerechtfertigt war. Zwar schaffte es der vor allem für den TV-Kanal Juwelo bekannte Schmuckhändler bei dem um Sonderfaktoren adjustierten Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (bereinigtes EBITDA) mit 2,20 Mio. Euro im positiven Terrain zu bleiben. Unterm Strich rutsche Elumeo 2022 mit einem Fehlbetrag von 3,33 Mio. Euro aber ins Minus – nach einem Überschuss von 9,24 Mio. Euro im Jahr zuvor. Für das laufende Jahr peilt der Vorstand stabile Erlöse sowie ein bereinigtes EBITDA im niedrigen einstelligen Millionen-Euro-Bereich an. Am interessantesten aus Investorensicht bleibt dabei die Entwicklung der auf boersengefluester.de schon mehrfach vorgestellten Video-Shopping-App Jooli. Entsprechend hat sich der Aktienkurs der Berliner zuletzt auch im Bereich um 3 Euro stabilisiert. Im Interview ordnen die beiden Elumeo-Vorstände Florian Spatz (CEO) und Dr. Riad Nourallah (CFO) das aktuelle Zahlenwerk ein und sagen, wohin sie Elumeo steuern wollen. Insgesamt eine interessante Story, zumal es eine Reihe von Investoren gibt, die dem Titel ein erhebliches Potenzial zutrauen.
Herr Spatz, wie bei der Mehrheit der E-Commerce-Unternehmen ist auch bei elumeo nach der Sonderkonjunktur während der Corona-Pandemie nun wieder die Normalität eingekehrt. Wie bewerten Sie vor diesem Hintergrund das operative Abschneiden im Geschäftsjahr 2022?
Florian Spatz: Nach einem guten Start in das Jahr 2022 war es wichtig, auf den plötzlichen Umsatzeinbruch nach Ausbruch des Kriegs schnell zu reagieren. Dank unserer vertikal integrierten Wertschöpfungskette und der engen Zusammenarbeit mit Schmucklieferanten war es möglich, mit unserem Produktangebot auf die geänderte Nachfrage zu reagieren, sodass wir in unserem Kern-Livegeschäft unseren Umsatz im zweiten Halbjahr gegenüber Vorjahr wieder stabilisieren konnten. Zudem haben wir mit dem Schlussquartal 2022 das elfte Quartal in Folge mit einem positiven operativen Ergebnis abgeschlossen.
Wie hat sich elumeo 2022 gegenüber dem Gesamtmarkt entwickelt und wie stehen Sie mit Ihrem Onlinegeschäft im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 da?
Florian Spatz: Der klassische Teleshopping-Markt ist nach Angabe des Bundesverbands E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. im Jahr 2022 um 32 Prozent geschrumpft. Auch der Online-Multichannel-Markt verzeichnete ein zweistelliges Minus von 13 Prozent. Demgegenüber steht bei uns nur ein Umsatzrückgang im einstelligen Prozentbereich. Auch unser Onlinegeschäft musste marktbedingt einen Umsatzrückgang gegenüber 2021 hinnehmen, konnte jedoch gegenüber Vor-Corona-Jahr 2019 ein nachhaltiges Wachstum von 88 Prozent verzeichnen, mit dem der Onlineschmuckmarkt um das Vierfache geschlagen wurde.
Herr Nourallah, trotz des Umsatzrückgangs gegenüber dem Vorjahr hat elumeo auch das Geschäftsjahr 2022 mit einem positiven bereinigten EBITDA abgeschlossen. Welche Kostensenkungsmaßnahmen haben Sie umgesetzt?
Riad Nourallah: Die bereits im ersten Quartal 2022 eingeleiteten umfangreichen Maßnahmen zur Kostenoptimierung haben die erhoffte nachhaltige Wirkung erzielt. Eine wesentliche Kostensenkungsmaßnahme bestand in der Restrukturierung des Italien-Geschäfts. Hier haben wir die Reichweite von 24 Stunden pro Tag auf ein 7-stündiges Zeitfenster zu besonders attraktiven Uhrzeiten gelegt und konnten dadurch gegenüber Vorjahr 28 Prozent Reichweitekosten einsparen.
Sie sprechen das Italien-Geschäft an. Wie geht es hier nach der Reichweitenverringerung weiter?
Riad Nourallah: Die Restrukturierung hat uns ermöglicht, mit dem Italien-Geschäft wieder in den profitablen Bereich zu kommen. Über die Reaktivierung von Kunden und Optimierungen im Produktangebot gehen wir von weiteren Verbesserungen in der Performance aus.
Mit welchen Erwartungen sind Sie ins Geschäftsjahr 2023 gestartet? Und wie zufrieden waren Sie mit der Kundennachfrage im ersten Quartal?
Riad Nourallah: Grundsätzlich gehen wir auch im laufenden Jahr von einem volatilen Umfeld aus und planen entsprechend vorsichtig. Wir erwarten insgesamt einen stabilen Umsatz gegenüber Vorjahr und ein positives bereinigtes EBITDA im niedrigen einstelligen Millionenbereich. Es ist klar, dass der Start in dieses Jahr im Vorjahresvergleich unter schwierigeren Bedingungen stattfand. Die erste Hälfte von Q1 2022 profitierte schließlich noch von auslaufenden COVID-Maßnahmen und einem besseren wirtschaftlichen Umfeld. Dennoch planen wir für 2023 mit einer positiven Umsatzentwicklung im Webshop-Bereich und einer weiter stabilen Rohertragsmarge im Bereich von über 50 Prozent.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 67,56 | 51,12 | 44,09 | 42,42 | 50,68 | 45,84 | 45,39 | |
EBITDA1,2 | -0,01 | -17,49 | -2,13 | 1,22 | 2,93 | -0,46 | -1,97 | |
EBITDA-Marge3 | -0,01 | -34,21 | -4,83 | 2,88 | 5,78 | -1,00 | -4,34 | |
EBIT1,4 | -1,60 | -18,43 | -2,35 | 0,29 | 1,98 | -1,40 | -2,85 | |
EBIT-Marge5 | -2,37 | -36,05 | -5,33 | 0,68 | 3,91 | -3,05 | -6,28 | |
Jahresüberschuss1 | -6,04 | -27,40 | -2,60 | 0,15 | 9,24 | -3,33 | -3,26 | |
Netto-Marge6 | -8,94 | -53,60 | -5,90 | 0,35 | 18,23 | -7,26 | -7,18 | |
Cashflow1,7 | -4,70 | -6,29 | 0,78 | 2,43 | 1,19 | -1,42 | -0,09 | |
Ergebnis je Aktie8 | -1,10 | -4,98 | -0,47 | 0,03 | 1,68 | -0,60 | -0,20 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Forvis Mazars |
Die Entwicklung ihrer Videoshopping-App Jooli treiben Sie nach eigenen Worten mit Nachdruck voran. Aktuell gibt es bereits über 1.200 Kanäle, ein Großteil davon in Indien. Wie kommt Jooli bei den Nutzern an?
Florian Spatz: Seit Dezember 2021 ist das Angebot von Jooli um durchschnittlich 90 Kanäle pro Monat gewachsen. Insbesondere in Indien besteht mit inzwischen 1.074 Kanälen und mehr als sieben Millionen ausgespielten Videos ein sehr breites Angebot. Neben dem Kanalwachstum haben wir 2022 viel in die Verbesserung der User-Experience investiert. Wir freuen uns, dass die Nutzer diese Optimierungen sehr positiv aufnehmen, was sich zum Beispiel an der Nutzer-Behalterate zeigt, die gegenüber Dezember 2021 um 400 Prozent verbessert werden konnte.
Und wie geht es mit Jooli weiter?
Florian Spatz: Wir werden die Entwicklung von Jooli auch 2023 intensiv vorantreiben. Dabei werden wir eine Vielzahl an Produktverbesserungen vornehmen, darunter die Einführung der KI-basierten Realtimesteuerung noch im laufenden Quartal und den Start der Monetarisierung mit jooliPay im zweiten Halbjahr. Zudem werden wir den Metaverse-Prototypen von Jooli in Kooperation mit dem Labor für Virtuelles Studio und Virtuelle Realität der Hochschule Düsseldorf weiterentwickeln und produktreif machen.
Arbeiten Sie im Kerngeschäft Cashflow-Positiv? Und können Sie die notwendigen Investitionen für Jooli aus eigener Kraft stemmen?
Riad Nourallah: Wir konnten im zweiten Halbjahr 2022 einen positiven operativen Cashflow ausweisen. In Bezug auf Jooli planen wir, auch im laufenden Jahr die nötigen Investitionen trotz des schwierigen volatilen Marktumfeldes aus dem Cashflow zu finanzieren.
Wenn Sie fünf Jahre vorausschauen: Wo wollen Sie 2028 mit elumeo und mit Jooli stehen?
Florian Spatz: Wir werden von zwei Trends profitieren, die die E-Commerce-Branche derzeit und in den kommenden Jahren verändern werden: Videobasiertes/virtuelles Shopping und künstliche Intelligenz. Der Großteil des Onlinehandels folgt noch immer einem sehr katalogbasierten Ansatz, bei dem sich Nutzer durch verschiedene Seiten von Produktauflistungen klicken. Elumeo hingegen investiert sowohl im Kerngeschäft als auch mit Jooli in die Entwicklung eines komplett digitalisierten virtuellen Einkaufserlebnisses, bei dem dank unseres proprietären KI-Algorithmus echtzeitbasierte Produktempfehlungen unsere Kunden zum Einkauf inspiriert werden. Dank unseres Investitionsvorsprungs und unserer langjährigen Erfahrung im Bereich Videoshopping werden wir 2028 sowohl im Schmuckmarkt als auch im plattformbasierten Onlinehandel unseren Umsatz und unseren Marktanteil erheblich gesteigert haben.
Herr Spatz, Herr Nourallah, vielen Dank für das Interview.
Florian Spatz ist geschäftsführender Direktor der elumeo SE und zuständig für die Steuerung und Entwicklung der Sales-Aktivitäten. Zuvor war er als Leiter eCommerce für die Onlineverkäufe der Gruppe verantwortlich. Von 2014 bis 2018 übernahm Florian Spatz bei elumeo die Leitung verschiedener Projekte in den Bereichen Sales, eCommerce und Marktforschung. 2014 schloss Florian Spatz, geboren im März 1990 in Santiago de Chile, sein deutsch-französisches Doppelmaster-Studium an der Sciences Po Paris und der Freien Universität Berlin ab. Bereits während seines Studiums war er als Producer für die Juwelo Deutschland GmbH tätig. Für sein unternehmerisches Engagement wurde er vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit dem Deutschlandstipendium ausgezeichnet.
Dr. Riad Nourallah, geboren 1981 in Simferopol, Ukraine, Staatsangehörigkeiten deutsch und russisch, ist geschäftsführender Direktor der elumeo SE. In der Zeit von 2018 bis 2019 war er bereits als Head of Controlling & Business Intelligence für die elumeo SE tätig. Nach ersten Berufserfahrungen bei PricewaterhouseCoopers arbeitete er von 2011 bis 2015 im Controlling für die Tchibo Gruppe in Hamburg und Moskau. Dr. Riad Nourallah studierte von 2001 bis 2005 Betriebswirtschaftslehre an der FU Berlin, während des Studiums war er Stipendiat der Friedrich-Ebert-Stiftung. Im Jahr 2011 promovierte Riad Nourallah an der Europa Universität Viadrina und an der Kasaner Föderalen Universität und war Stipendiat des Deutschen Akademischen Austauschdienstes.
Fotos: Unsplash+, Elumeo SE
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