Versprochen und geliefert: Entsprechend positiv werden die vorläufigen Zahlen von elumeo am Markt aufgenommen. Mit einem Umsatzplus von 20 Prozent und einem bereinigten EBITDA von 4,9 Mio. Euro hat der Berliner Schmuckvermarkter – bekannt insbesondere über den TV-Kanal Juwelo – die Erwartungen der Analysten übertroffen. Zudem gibt es positive News von der 100-Prozent-Tochter Jooli: Die auf Bewegtbild und Entertainment setzende App trifft insbesondere in Indien auf große Nachfrage: Bis Ende März weist Jooli bereits mehr als 130.000 Nutzer und 1,6 Millionen ausgespielte Videos auf. Boersengefluester.de hat bei CEO Wolfgang Boyé nachgefragt, was die wesentlichen Ursachen für den kräftigen Ergebnisanstieg sind und wie der bisherige Ausblick für 2022 aussieht. Und natürlich wollten wir auch wissen, warum er sich von seiner Position als CEO zurückziehen will.
Herr Boyé, elumeo hat vorläufige Zahlen für 2021 vorgelegt. Mit einem Umsatzanstieg um 20 Prozent lagen Sie deutlich im zweistelligen Bereich. Welchen Anteil hatten Ihr Webgeschäft an dieser Entwicklung?
Wolfgang Boyé: Unser Webgeschäft war im vergangenen Jahr mit einem Erlösplus von 30 Prozent der Hauptwachstumstreiber – und hat auch das Wachstum des Gesamtmarkts im E-Commerce um mehr als 50 Prozent übertroffen. Aber auch das TV-Geschäft hat mit einem Plus von mehr als 15 Prozent unsere Erwartungen erfüllt. Verantwortlich für die starke Entwicklung beider Kanäle war einmal mehr das dynamische Neukundenwachstum.
Ergebnisseitig ist elumeo einen großen Schritt vorangekommen. Das bereinigte EBITDA hat sich mehr als verfünffacht auf 4,9 Mio. Euro, entsprechend verbesserte sich die bereinigte EBITDA-Marge auf 9,7 Prozent. Was waren die wesentlichen Ergebnistreiber und welche Bereinigungen haben Sie in 2021 vorgenommen?
Wolfgang Boyé: Die beiden wesentlichen Treiber waren der gestiegene Umsatz und auch die verbesserte Rohertragsmarge. Im bereinigten EBITDA haben wir alle Bestandteile, die nicht das operative Geschäft der Juwelo Deutschland GmbH betreffen, korrigiert. Hierzu werden wir im endgültigen Jahresabschluss eine detaillierte Überleitung vorlegen.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 67,56 | 51,12 | 44,09 | 42,42 | 50,68 | 45,84 | 45,39 | |
EBITDA1,2 | -0,01 | -17,49 | -2,13 | 1,22 | 2,93 | -0,46 | -1,97 | |
EBITDA-Marge3 | -0,01 | -34,21 | -4,83 | 2,88 | 5,78 | -1,00 | -4,34 | |
EBIT1,4 | -1,60 | -18,43 | -2,35 | 0,29 | 1,98 | -1,40 | -2,85 | |
EBIT-Marge5 | -2,37 | -36,05 | -5,33 | 0,68 | 3,91 | -3,05 | -6,28 | |
Jahresüberschuss1 | -6,04 | -27,40 | -2,60 | 0,15 | 9,24 | -3,33 | -3,26 | |
Netto-Marge6 | -8,94 | -53,60 | -5,90 | 0,35 | 18,23 | -7,26 | -7,18 | |
Cashflow1,7 | -4,70 | -6,29 | 0,78 | 2,43 | 1,19 | -1,42 | -0,09 | |
Ergebnis je Aktie8 | -1,10 | -4,98 | -0,47 | 0,03 | 1,68 | -0,60 | -0,20 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Forvis Mazars |
Das Nettoergebnis hat sich von 0,2 Millionen Euro in 2020 auf 9,3 Millionen Euro in 2021 verbessert. Neben dem operativen Gewinnsprung war hierfür auch die Auflösung einer Rückstellung verantwortlich. Gehören damit alle Rechtsstreitigkeiten mit Ihrem früheren Großaktionär der Vergangenheit an? Und gab es 2021 weitere positive Sondereffekte?
Wolfgang Boyé: Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind keine weiteren Rechtsstreitigkeiten aus der Stilllegung unserer Manufaktur mehr anhängig. Das Management der elumeo SE geht daher nicht mehr davon aus, dass sich hieraus Belastungen ergeben werden und somit wurde die Rückstellung aufgelöst. Außerdem ergibt sich aus dem operativen Gewinn der Juwelo Deutschland GmbH ein positiver latenter Steuereffekt. Auch hierzu werden wir im endgültigen Jahresabschluss eine Darstellung vorlegen.
Ist mit der Auflösung der Rückstellung das Kapitel OSH für Sie abgeschlossen? Oder gibt es noch offene Punkte im Bezug auf Ihren früheren Großaktionär?
Wolfgang Boyé: Unser früherer Großaktionär hat mit seinem Verhalten dem Unternehmen erheblichen Schaden zugefügt und wir machen diesen Schaden auch geltend. Dazu sind wir allein schon aus Treuepflichten dem Unternehmen gegenüber verpflichtet. Ansonsten ist das Kapitel für uns abgeschlossen. Wir gehen auch davon aus, dass die Ottoman Strategy Holding (Suisse) AG ihre Beteiligung an der elumeo SE verkauft hat. Allerdings haben wir bisher dazu keine Mitteilung der OSH bekommen.
Sie haben angekündigt, sich persönlich aus der operativen Verantwortung der elumeo zurückzuziehen und diese an Florian Spatz, den bisherigen Chief Sales Officer der Gruppe, zu übergeben. Was hat Sie zu diesem Schritt veranlasst?
Wolfgang Boyé: Die Rolle des CEO hatte ich Ende 2019 erneut übernommen, um den Turnaround des Unternehmens erfolgreich zu Ende zu führen. Das ist nachhaltig gelungen. Mit Jooli hat die elumeo SE nun eine einmalige Chance, ein richtiger Global-Player zu werden. Darauf werde ich mich neben meiner Tätigkeit als Vorsitzender des elumeo-Verwaltungsrates vollständig konzentrieren.
Sie sprechen die internationale Ausrichtung von Jooli an. Die KI-gesteuerte Video-Shopping-App ist nun auch in Indien gestartet und hat dort Ihren Aussagen zufolge die Erwartungen bisher übertroffen. Könnten Sie uns bitte etwas näher erläutern, wie Jooli aktuell aufgestellt ist und wie es im heimischen Markt läuft?
Wolfgang Boyé: Jooli ist nach ihrem Start im indischen Markt bis März 2022 auf insgesamt über 100 Kanäle gewachsen und zählte bis Ende März 2022 in Deutschland und Indien insgesamt bereits mehr als 130.000 Nutzer und über 1,6 Mio. ausgespielte Videos. Die auf Bewegtbild und Entertainment setzende App wächst in Indien erheblich schneller und zu deutlich geringeren Kosten als in Deutschland. Daher haben wir unsere Wachstumsinvestitionen in Indien verstärkt und in Deutschland nicht weiter gesteigert. Jooli entwickelt sich auch in Deutschland gut, nur eben langsamer als in Indien.
Was versprechen Sie sich von der Expansion in den US-Markt?
Wolfgang Boyé: Der US-Markt ist im E-Commerce der weltweite Goldstandard. Wenn wir aus Jooli eine globale Plattform machen möchten – und das ist das Ziel von Jooli – dann ist eine Präsenz in den USA enorm wichtig. Wir kennen durch die Aktivitäten von Juwelo den Schmuckmarkt in den USA recht gut und glauben, dass eine Videoshopping-Plattform für Schmuck dort gute Chancen hat.
Wie wollen Sie die weiteren Investitionen für Jooli finanzieren? Und wann planen Sie mit dem Break-even für Ihre 100-Prozent-Tochter?
Wolfgang Boyé: Wir finanzieren Jooli im Moment aus dem Cashflow von Juwelo. Angesichts der erheblichen Chancen von Jooli werden wir weiter gezielt in die Expansion investieren, dabei steht das zeitnahe Erreichen des Break-even nicht im Fokus.
Wie zufrieden sind Sie generell mit dem Start ins Geschäftsjahr für elumeo? Spüren Sie eine zunehmende Kaufzurückhaltung der Verbrauer angesichts des turbulenten Umfelds?
Wolfgang Boyé: Wir spüren durchaus eine gewisse Zurückhaltung bei unseren Kunden, das ist angesichts der erheblich gestiegenen Lebenshaltungskosten auch nicht überraschend. Auch auf der Rohstoffseite sehen wir die eine oder andere Herausforderung. Das Team von Juwelo hat sich dem schon gestellt und ich habe keine Zweifel, dass wir das gemeinsam gut meistern werden. Allerdings wollen wir mit einem genauen Ausblick für 2022 zunächst noch die Entwicklung im April abwarten.
Bei unserem Gespräch im November 2021 (HIER) hatten Sie angekündigt, im Geschäftsjahr 2022 in der Profitabilität einen weiteren Schritt vorwärtskommen zu wollen. Ist das im aktuellen Umfeld noch realistisch oder müssen Sie jetzt konservativer planen?
Wolfgang Boyé: Im Moment planen wir durchaus ein wenig konservativer und senken weiterhin, soweit möglich, die operativen Kosten. Aufgrund des aktuellen Umfelds werden wir auch 2022 auf Sicht fahren müssen. Zum Glück haben wir hierin in den Jahren seit 2018 erheblich an Erfahrung gewonnen. Dies und die starke Entwicklung bei Jooli stimmt mich durchaus zuversichtlich für die kommenden Quartale.
Wolfgang Boyé ist Vorsitzender des Verwaltungsrats der elumeo SE. Der gebürtige Münchner ist Mitbegründer der Juwelo Deutschland GmbH, Berlin, eine der heutigen Tochtergesellschaften der elumeo SE. Die Gründung erfolgte nach einem MBO aus der Scholz & Friends Group, welcher von Herrn Boyé gemanagt wurde. In dieser Zeit war er Mitglied des Vorstands der Scholz & Friends AG (Berlin), zuvor Finanzvorstand der United Visions Entertainment AG (Berlin). Bei Scholz & Friends oblag Herrn Boyé der Bereich TV-Aktivitäten, bei United Visions verantwortete er neben dem Finanzressort den erfolgreichen Börsengang des Unternehmens im Jahr 2000. Von 1995 bis 2000 war Wolfgang Boyé Projektleiter bei The Boston Consulting Group in Moskau, Russland, und Consultant in München.
Fotos: __ drz __ auf Unsplash, Elumeo SE