Ende April 2023 war der Kurs der Vorzugsaktien von Drägerwerk sogar kurz über die Marke von 50 Euro geklettert – etablieren konnte sich der Anteilschein auf diesem Niveau allerdings nicht und fiel im Verlauf wieder bis auf gut 42 Euro zurück. Im Grunde unverständlich, denn der Medizintechnikkonzern kommt nach vielen schwierigen Quartalen mit Lieferengpässen und enormen Preissteigerungen auf der Einkaufsseite wieder deutlich besser in Schwung. Zwar reicht das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) des zweiten Quartals von 18,9 Mio. Euro nicht an das EBIT von 29,1 Mio. Euro aus dem Auftaktviertel 2023 heran. Doch mit einem Betriebsergebnis von 48 Mio. Euro haben die Lübecker im ersten Halbjahr des laufenden Jahres annähernd die Hälfte dessen verdient, was die Planung für das Gesamtjahr im optimistischen Szenario vorsieht. Dabei rechnet der Vorstand für 2023 bei einem währungsbereinigten Umsatzplus zwischen 7 und 11 Prozent auf dann bis zu 3.380 Mio. Euro mit einer EBIT-Marge in einer Bandbreite zwischen 0 und 3 Prozent.
Größter Ergebnistreiber ist momentan das grundsätzlich etwas kleinere Segment Sicherheitstechnik, wo es im Vorjahr noch zu größeren Belastungen – etwa durch Abschreibungen auf die Schutzmaskenproduktion – kam. Den Boom aus dem Corona-Jahr 2020 einmal ausgeklammert: Sollte es Drägerwerk schaffen, perspektivisch wieder auf früher übliche EBIT-Margen von 6 bis 8, teilweise sogar 9 Prozent zu kommen, wäre die im SDAX gelistete Vorzugsaktie lächerlich niedrig bewertet. Aber soweit ist das Unternehmen längst noch nicht. Für eine am Ende des Jahres 2023 zumindest getoppte Prognose könnte es aber dennoch reichen, was sich im Aktienkurs für den Geschmack von boersengefluester.de noch nicht wirklich widerspiegelt. Zu beobachten gilt es allerdings den Auftragseingang, denn der lag im ersten Halbjahr 2023 mit rund 1.597 Mio. Euro währungsbereinigt um 1,5 Prozent unter dem vergleichbaren Vorjahreswert.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 2.572,26 | 2.595,01 | 2.780,82 | 3.406,28 | 3.328,42 | 3.045,23 | 3.375,50 | |
EBITDA1,2 | 240,00 | 147,91 | 193,71 | 521,07 | 421,00 | 55,80 | 315,00 | |
EBITDA-Marge3 | 9,33 | 5,70 | 6,97 | 15,30 | 12,65 | 1,83 | 9,33 | |
EBIT1,4 | 155,74 | 62,65 | 66,58 | 396,60 | 271,68 | -88,61 | 166,43 | |
EBIT-Marge5 | 6,05 | 2,41 | 2,39 | 11,64 | 8,16 | -2,91 | 4,93 | |
Jahresüberschuss1 | 98,50 | 34,90 | 33,79 | 249,89 | 154,27 | -63,64 | 111,99 | |
Netto-Marge6 | 3,83 | 1,34 | 1,22 | 7,34 | 4,64 | -2,09 | 3,32 | |
Cashflow1,7 | 143,34 | 4,09 | 164,42 | 459,98 | 384,89 | -144,23 | 189,68 | |
Ergebnis je Aktie8 | 4,18 | 1,48 | 1,44 | 10,25 | 7,19 | -3,47 | 5,92 | |
Dividende8 | 0,46 | 0,19 | 0,19 | 0,19 | 0,19 | 0,19 | 1,80 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: PricewaterhouseCoopers |
Auf schuldenfreier Basis bringt es Drägerwerk derzeit auf einen Unternehmenswert (Enterprise Value) von rund 1.100 Mio. Euro. Das entspricht etwas mehr als dem Fünffachen des von uns für 2023 erwarteten EBITDA. Die großen internationalen Medtechkonzerne kommen hier auf klar mehr als doppelt so hohe Multiples. Nun: Nach den vielen Enttäuschungen und dem prinzipiell noch immer zu niedrigen Margenniveau auf Konzerneben muss sich Drägerwerk erst allmählich das Vertrauen am Kapitalmarkt zurückerobern. Und auch auch die Unterteilung in Stamm- und stimmrechtslose Vorzugsaktien ist nicht jedermanns Sache. Den kompletten Halbjahresbericht legt die Gesellschaft am 27. Juli 2023 vor.
Foto: Unsplash+
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