Entscheidendes passiert, ist mit dem Aktienkurs von Drägerwerk schon seit mehr als zwei Jahren nicht mehr. In gewisser Weise ist das verständlich, denn seit dem abrupten Ende der Corona-Sonderkonjunktur schleppte sich der Medizintechnikkonzern viele Quartale mit einer nicht gerade überwältigenden operativen Performance herum. Doch wer sich als Investor die Mühe macht und etwas tiefer einsteigt, erkennt durchaus Fortschritte. Das zeigen auch die frischen Vorabzahlen für das zweite Quartal 2024 – inklusive eines leicht optimistischer als bislang formulierten Ausblicks für das Gesamtjahr. Unverändert bleibt es aber dabei, dass der größere Bereich Medizintechnik rückläufig ist, während das Geschäft mit Sicherheitstechnik (Atemschutzgeräte, Gasmessgeräte, Spezialkameras) weiter dynamisch vorankommt.
Gleichwohl sollten Anleger aus der mauen Erlöskurve im Medizintechnikbereich nicht zu negative Rückschlüsse ziehen, denn Dräger stellt das Thema Profitabilität mittlerweile stärker ins Licht als früher. Soll heißen: Aufträge ohne ausreichenden Deckungsbeitrag oder strategische Relevanz lassen die Lübecker sausen. Erschwerend für Anleger kommt hinzu, dass es nach den außerordentlich volatilen Phasen rund um gestörte Lieferketten, zeitweise verrückten Preisen für Elektrobauteile und dem damit einhergehenden untypische Bestellverhalten von Kunden noch immer schwierig ist, eine „normale“ Vergleichsbasis im Quartalsreporting zu finden. So war Dräger im ersten Quartal 2024 insbesondere auch deshalb unter Vorjahr, weil es im Auftaktviertel 2023 noch stark positive Effekte in Form einer ausgeprägten Nachfrage aus China nach Beatmungsgeräten von Dräger gab, die sich dann aber im zweiten Quartal 2023 schon wieder normalisierte.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 2.572,26 | 2.595,01 | 2.780,82 | 3.406,28 | 3.328,42 | 3.045,23 | 3.375,50 | |
EBITDA1,2 | 240,00 | 147,91 | 193,71 | 521,07 | 421,00 | 55,80 | 315,00 | |
EBITDA-Marge3 | 9,33 | 5,70 | 6,97 | 15,30 | 12,65 | 1,83 | 9,33 | |
EBIT1,4 | 155,74 | 62,65 | 66,58 | 396,60 | 271,68 | -88,61 | 166,43 | |
EBIT-Marge5 | 6,05 | 2,41 | 2,39 | 11,64 | 8,16 | -2,91 | 4,93 | |
Jahresüberschuss1 | 98,50 | 34,90 | 33,79 | 249,89 | 154,27 | -63,64 | 111,99 | |
Netto-Marge6 | 3,83 | 1,34 | 1,22 | 7,34 | 4,64 | -2,09 | 3,32 | |
Cashflow1,7 | 143,34 | 4,09 | 164,42 | 459,98 | 384,89 | -144,23 | 189,68 | |
Ergebnis je Aktie8 | 4,18 | 1,48 | 1,44 | 10,25 | 7,19 | -3,47 | 5,92 | |
Dividende8 | 0,46 | 0,19 | 0,19 | 0,19 | 0,19 | 0,19 | 1,80 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: PricewaterhouseCoopers |
Trotzdem hätte boersengefluester.de es keinesfalls vermutet, dass Drägerwerk zum Halbjahr 2024 beim EBIT (Ergebnis vor Zinsen und Steuern) mit rund 56,00 Mio. Euro den vergleichbaren Vorjahreswert von 47,73 Mio. Euro schon wieder um mehr als 17 Prozent übertrifft. Immerhin lag das Unternehmen nach Q1 2024 mit einem EBIT von 15,07 Mio. Euro noch signifikant unter den 29,06 Mio. Euro von Q1 2023. Das zweite Quartal 2024 war mit einem EBIT von 41,00 Mio. Euro (Vorjahr: 18,68) isoliert gesehen also super stark. Allerdings mit einer nicht ganz unerheblichen Einschränkung: Knapp die Hälfte des Betriebsergebnisses aus dem zweiten Quartal 2024 steuerten Sondereffekte wie ein Grundstücksverkauf sowie die Veräußerung einer Tochtergesellschaft bei. Rein operativ steuerte das zweite Quartal 2024 also „nur“ ein EBIT von 21 Mio. Euro bei, aber auch dieses Ergebnis liegt – und das ist die gute Botschaft – um mehr als 12 Prozent über dem über dem entsprechenden Vorjahreswert.
Andererseits: Auf Halbjahressicht wäre Dräger – ohne die positiven Sondereffekte – noch um knapp 24,5 Prozent unter dem Niveau von 2023. So gesehen kann sich jeder Investor selbst raussuchen, was für ihn die wichtigste Botschaft ist. Optimisten orientieren sich an dem hohen Gewinn von Q2 des laufenden Jahres, der selbst ohne Sondereffekt noch das Niveau von Q2 2023 deutlich übersteigt. Wer das Haar in der Suppe sucht, richtet sein Augenmerk hingegen auf den – um Sondereffekte bereinigten – Ergebnisrückstand zum Halbjahr 2024. Ähnlich ambivalent verhält es sich beim Ausblick für das Gesamtjahr 2024. Grundsätzlich bestätigt CEO Stefan Dräger zwar den avisierten Umsatzanstieg in einer Spanne von 1,0 bis 5,0 Prozent, angesichts schwachen Erlösentwicklung im Medizintechnikbereich hält er jedoch eher das untere Ende für realistisch. Entsprechend kalkuliert boersengefluester.de jetzt mit einem Umsatzziel von rund 3.425 Mio. Euro für 2024.
Genau umgekehrt sieht es bei der geplanten EBIT-Rendite von 2,5 bis 5,5 Prozent aus. Hier avisiert der Vorstand – insbesondere wegen der positiven Sondereffekte von Q2 – jetzt eher den oberen Bereich des Korridors. Daher haben wir auch unsere EBIT-Schätzung für 2024 spürbar auf 171 Mio. Euro heraufgesetzt. Unterm Strich sollte damit eine Überschuss von etwas mehr als 100 Mio. Euro möglich sein – bei einem Börsenwert von zurzeit 922 Mio. Euro. Somit gilt uneingeschränkt weiter: Bewertungstechnisch gehört die Vorzugsaktie von Drägerwerk in viel höhere Kursregionen, zumal das Margenpotenzial des SDAX-Unternehmens mittelfristig spürbar mehr hergeben müsste.
Foto: ©Patrick Ohligschläger (Drägerwerk AG & Co. KGaA)
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