Beinahe schon vergessene Erfahrungen für die Aktionäre von Drägerwerk: Nach einem per saldo bereits recht ordentlichen Halbjahresbericht lief das dritte Quartal des Medizintechnikkonzerns mit einem Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) von 19 Mio. Euro so gut, dass die Lübecker sich nun sogar trauen, die Prognose für das Gesamtjahr heraufzusetzen. Demnach stellt Drägerwerk neuerdings für 2023 bei einem Erlösplus von währungsbereinigt 7 bis 11 Prozent eine EBIT-Marge zwischen 2 und 4 Prozent in Aussicht. Zur Einordnung: Bislang lag die avisierte operative Rendite in einer Bandbreite von 0 bis 3 Prozent, zudem hält das SDAX-Unternehmen mittlerweile das obere Ende des kommunizierten Umsatzziels für wahrscheinlich. Anlass der frischen Zuversicht ist ein Mix aus verbesserter Lieferfähigkeit, robuster Nachfrage und einem – wie es Drägerwerk selbst nennt – „erfolgreichen Kostenmanagement“.
Gerade der letzte Punkt ist wichtig, denn bislang haftete der Gesellschaft stets der Ruf an, sein Rentabilitätspotenzial längst nicht auszuschöpfen. Hoffnung macht zudem, dass nun auch die Auftragseingänge im wichtigen Segment Medizintechnik den Dreh Richtung Norden hinbekommen, während die Orders im Bereich Sicherheitstechnik weiter robust hereinkommen. Was heißt das nun in konkreten Zahlen für das Gesamtjahr? Bei einem unterstellten Umsatzwachstum von 10 Prozent sowie einer operativen Marge von 3,5 Prozent, könnte Drägerwerk 2023 auf ein EBIT von rund 117 Mio. Euro kommen. Das wiederum würde dann vermutlich auf ein Netto-Ergebnis leicht oberhalb von 65 Mio. Euro hinauslaufen. Von früheren Ergebnisniveaus wäre das Familien-Unternehmen damit zwar immer noch deutlich entfernt, dennoch bleibt die gute Botschaft, wonach der Turnaround nach dem völlig verkorksten Jahr 2022 sehr viel kräftiger ausfällt, als es zu vermuten war.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 2.572,26 | 2.595,01 | 2.780,82 | 3.406,28 | 3.328,42 | 3.045,23 | 3.375,50 | |
EBITDA1,2 | 240,00 | 147,91 | 193,71 | 521,07 | 421,00 | 55,80 | 315,00 | |
EBITDA-Marge3 | 9,33 | 5,70 | 6,97 | 15,30 | 12,65 | 1,83 | 9,33 | |
EBIT1,4 | 155,74 | 62,65 | 66,58 | 396,60 | 271,68 | -88,61 | 166,43 | |
EBIT-Marge5 | 6,05 | 2,41 | 2,39 | 11,64 | 8,16 | -2,91 | 4,93 | |
Jahresüberschuss1 | 98,50 | 34,90 | 33,79 | 249,89 | 154,27 | -63,64 | 111,99 | |
Netto-Marge6 | 3,83 | 1,34 | 1,22 | 7,34 | 4,64 | -2,09 | 3,32 | |
Cashflow1,7 | 143,34 | 4,09 | 164,42 | 459,98 | 384,89 | -144,23 | 189,68 | |
Ergebnis je Aktie8 | 4,18 | 1,48 | 1,44 | 10,25 | 7,19 | -3,47 | 5,92 | |
Dividende8 | 0,46 | 0,19 | 0,19 | 0,19 | 0,19 | 0,19 | 1,80 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: PricewaterhouseCoopers |
Eine Entwicklung, die dem Kapitalmarkt zwar nicht gänzlich verborgen geblieben ist. Nach den vielen Enttäuschungen trauen etliche Investoren der Entwicklung aber offenbar noch nicht ganz. Normalerweise sollte der Aktienkurs der Vorzüge nämlich mindestens oberhalb von 50 Euro – also dem Niveau nach Veröffentlichung der Q1-Zahlen für 2023 – notieren. Immerhin haben sich die Rahmenbedingungen seitdem nochmals verbessert und die Bewertung ist alles andere als ambitioniert: Auf schuldenfreier Basis wird das Unternehmen derzeit nur etwa mit dem 4,8-Ffachen des von boersengefluester.de für 2023 erwarteten EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) bewertet. Da müsste im Normalfall noch viel mehr gehen für das gemessen an der Marktkapitalisierung fünftgrößte Medizintechnik-Unternehmen aus Deutschland. In Frage kommen für Aktionäre im Normalfall eher die vollständig im Streubesitz befindlichen Vorzugsaktien, selbst wenn sie über kein Stimmrecht verfügen. Von den Stämmen hält die Familie Dräger nach letzten Information 71,62 Prozent, was die Handelsliquidität in dem Titel doch sehr einschränkt.
Foto: Clipdealer
Jetzt für unseren wöchentlichen Newsletter BGFL WEEKLY anmelden. Das Angebot ist kostenlos und präsentiert die Highlights von boersengefluester.de (BGFL) sowie Interna aus der Redaktion. Der Erscheinungstag ist immer freitags. Wer Interesse hat und noch nicht registriert ist, kann das gern unter diesem LINK tun. Wir freuen uns auf Sie! Selbstverständlich behandeln wir Ihre E-Mail-Adressen vertraulich und verwenden sie ausschließlich für den Versand des Newsletters BGFL WEEKLY.