Das muss man auch erstmal hinbekommen: Da fließt das Wasser während der heißen Phase der Corona-Krise für Drägerwerk scheinbar bergauf – so viele Atemgeräte und sonstiges Equipment wie zum Beispiel Masken hat der Medizintechnikkonzern 2020 und auch teilweise auch noch 2021 verkauft. Doch im Aktienkurs des SDAX-Unternehmens ist der gesamte Sondereffekt mittlerweile komplett verpufft und die Stimmung der außenstehenden Investoren absolut im Keller. Von dem Ende November veröffentlichten Prognose für 2022 hat sich die Notiz jedenfalls bis heute nicht erholt und befindet sich gerade einmal in einer Phase der Bodenbildung. Immerhin haben die jüngsten Verwerfungen an den Kapitalmärkten dem Titel nicht mehr viel anhaben können. Bewertungstechnisch gehört Drägerwerk normalerweise ohnehin in ganz andere Bewertungsregionen, denn zurzeit werden die Lübecker mit einem Abschlag von beinahe einem Viertel auf den Buchwert gehandelt.
Im langjährigen Mittel wird die Drägerwerk-Vorzugsaktie eher mit einem leichten Aufschlag auf das Eigenkapital gehandelt. Allerdings müssen die Anleger noch einige Quartale warten, bis die Zahlen wieder besser werden. Neben den mittlerweile üblichen Belastungen aus höheren Rohstoff-, Elektronik- und Logistikpreisen, investiert der Vorstand zusätzlich in Forschung & Entwicklung sowie neue Produkte. Da außerdem die Nachfrage nach den margenstarken Beatmungsgeräten deutlich abgeflaut ist, liegt die Erwartung an die EBIT-Rendite für 2022 lediglich in einer Bandbreite von 1 bis 4 Prozent – bei einem gleichzeitig um 5 bis 9 Prozent rückläufigen Umsatz. Unterstellt man bei beiden Größen die mittlere Ausprägung, würde Drägerwerk im laufenden Jahr auf ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern von etwa 77 Mio. Euro herauskommen. Tatsächlich dürfte es wohl eher etwas mehr sein, doch selbst bei einem EBIT von 90 Mio. Euro würde sich die Aktie noch nicht wirklich aufdrängen.
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Aber das Rad kann sich schnell drehen. Sollte Dräger im kommenden Jahr Richtung 4 bis 5 Prozent bei der operativen Marge vorstoßen – was historisch gesehen immer noch nicht super ambitioniert ist –, würde das Betriebsergebnis mindestens Richtung 140 Mio. Euro gehen. Und das ist mit Blick auf den aktuellen Börsenwert von 940 Mio. Euro schon wieder sehr attraktiv – die Netto-Finanzverbindlichkeiten fallen kaum noch ins Gewicht, wie ein Blick in den frisch veröffentlichten Geschäftsbericht 2021 zeigt. Allerdings muss Drägerwerk eben auch nachhaltig liefern, und hier hat das Familien-Unternehmen durchaus seine Probleme. Vermutlich täte der Gesellschaft ein aktivistischer Investor ganz gut, der für Druck sorgt. Mit Erlösen von deutlich mehr als 3 Mrd. Euro ist die Gesellschaft schließlich eine echte Hausnummer – zu einer Minibewertung. Da passt es ins Bild, dass sich die Vorzugsaktionäre zur nächsten Hauptversammlung nun schon das vierte Jahr in Folge mit einer Minidividende von 0,19 Euro zufrieden geben müssen.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 2.572,26 | 2.595,01 | 2.780,82 | 3.406,28 | 3.328,42 | 3.045,23 | 3.375,50 | |
EBITDA1,2 | 240,00 | 147,91 | 193,71 | 521,07 | 421,00 | 55,80 | 315,00 | |
EBITDA-Marge3 | 9,33 | 5,70 | 6,97 | 15,30 | 12,65 | 1,83 | 9,33 | |
EBIT1,4 | 155,74 | 62,65 | 66,58 | 396,60 | 271,68 | -88,61 | 166,43 | |
EBIT-Marge5 | 6,05 | 2,41 | 2,39 | 11,64 | 8,16 | -2,91 | 4,93 | |
Jahresüberschuss1 | 98,50 | 34,90 | 33,79 | 249,89 | 154,27 | -63,64 | 111,99 | |
Netto-Marge6 | 3,83 | 1,34 | 1,22 | 7,34 | 4,64 | -2,09 | 3,32 | |
Cashflow1,7 | 143,34 | 4,09 | 164,42 | 459,98 | 384,89 | -144,23 | 189,68 | |
Ergebnis je Aktie8 | 4,18 | 1,48 | 1,44 | 10,25 | 7,19 | -3,47 | 5,92 | |
Dividende8 | 0,46 | 0,19 | 0,19 | 0,19 | 0,19 | 0,19 | 1,80 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: PricewaterhouseCoopers |
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