Sicher ist es noch nicht. Aber momentan scheint es so, als ob die Vorzugsaktie von Drägerwerk bei 75 Euro eine Unterstützung gefunden hat und nun vorsichtig den Weg nach oben auslotet. Vorausgegangen war eine komplett enttäuschende Performance des Medizin- und Sicherheitstechniktitels. Während der TecDAX vom 1. Juli 2013 – dem Datum des bisherigen Rekordhochs der Drägerwerk-Vorzüge bei 107,45 Euro – bis Mitte Juni 2014 um deutlich mehr als ein Drittel zulegte, verlor das Papier der Lübecker um gut 25 Prozent an Wert. Auslöser der Entwicklung war die sich zunehmend verschlechternde Ergebnisentwicklung von Drägerwerk. Insbesondere ungünstige Wechselkurseffekte, aber auch höhere Forschungsaufwendungen, schlugen ins Kontor.
Letztlich blieb 2013 – bei konstanten Erlösen von 2.374 Mio. Euro – ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) von knapp 201 Mio. Euro stehen. Das entspricht einer operativen Rendite von 8,5 Prozent und einem Rückgang von fast 30 Mio. Euro gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreswert. In Aussicht gestellt hatte der TecDAX-Konzern ursprünglich eine EBIT-Rendite von acht bis zehn Prozent für 2013. Für zusätzliche Ernüchterung sorgte der Start ins laufende Jahr – dem 125jährigen Firmenjubiläum. Bei einem Umsatzminus von knapp vier Prozent knickte das EBIT von 39,8 auf 19,0 Mio. Euro ein. „Auch weiterhin beeinträchtigt die Aufwertung des Euros unser Geschäft. Dies macht sich insbesondere beim Ergebnis bemerkbar“, sagt Vorstandschef Stefan Dräger. Zudem füllten sich die Auftragsbücher in Europa und Amerika weniger dynamisch als erwartet. Hinzu kam ein ungünstiger Produktmix mit eher margenschwachen Produkten. „Mit diesem Start wird die Ausgangsposition für die verbleibenden drei Quartale 2014 nicht einfacher.“
Kein Wunder, dass Dräger die Erwartungen für 2014 bereits nach dem Auftaktquartal drosselte. Lag der ursprüngliche Zielbereich für die EBIT-Marge bei acht bis zehn Prozent, hält der Manager nun den unteren Bereich der Range für die realistischere Annahme. Die Analysten stufen selbst diese Annahme als zu ambitioniert ein und kalkulieren im Schnitt nur mit einer operativen Rendite von knapp 7,2 Prozent. Die Erwartungen an Drägerwerk sind also – im Gegensatz zu vielen anderen Aktien – nicht überbordend hoch. Das sollte sich als Pluspunkt erweisen, zumal die marktbreiten Drägerwerk-Vorzüge mittlerweile eher moderat bewertet sind. Immerhin beträgt das KGV auf Basis der Schätzungen von boersengefluester.de gerade einmal rund zwölf.
Interessant wird die Entwicklung der Dividende. Für 2013 gab es (nach der HV am 9. Mai 2014) eine Gewinnbeteiligung von 0,83 Euro je Vorzugsaktie. Insgesamt lag die Ausschüttungsquote bei 15 Prozent des um Anteile Dritter bereinigten Konzernüberschusses – bei einer Eigenkapitalquote von 39,5 Prozent. Ziel von Drägerwerk: Ab einer Eigenkapitalquote von 40 Prozent sollen rund 30 Prozent des Nettogewinns ausgekehrt werden. Demnach dürfte im kommenden Jahr mit einer deutlich erhöhten Dividende zu rechnen sein. Boersengefluester.de geht derzeit für 2014 von 1,36 Euro Gewinnbeteiligung je Aktie aus. Das macht den Titel zwar noch nicht zum Dividendenhit. Aber womöglich gibt es ja noch einen Bonus zum Firmenjubiläum. Antizyklisch orientierte Anleger sollten allmählich beginnen, sich für die Drägerwerk-Aktie zu interessieren. Auch, wenn die Nachrichten wohl noch eine Weile eher enttäuschend ausfallen werden. Mit Blick auf sechs bis zwölf Monate bietet der TecDAX-Wert momentan aber eine interessante Chance-Risiko-Relation.
Rückenwind könnte der Titel zudem vom geplanten milliardenschweren Zusammenschluss des US-Konzerns Medtronic mit dem irischen Wettbewerber Covidien bekommen. Zwar gilt Drägerwerk nicht gerade als Übernahmeziel. Allerdings rückt der Deal die vergleichsweise günstige Bewertung des TecDAX-Unternehmens in den Vordergrund. Immerhin wird Drägerwerk gerade einmal zum halben Umsatz gehandelt. Für Covidien legt Medtronic insgesamt 42,9 Mrd. Dollar auf den Tisch. Dabei erzielte das auf Intensivmedizin spezialisierte Unternehmen 2013 Erlöse von 10,2 Mrd. Dollar und kam auf ein EBIT von 2,1 Mrd. Dollar. Von solchen Bewertungsrelationen ist Drägerwerk meilenweit entfernt.
Foto: ®Drägerwerk AG & Co. KGaA