Vor ziemlich genau einem Jahr befand sich die Aktie von Dr. Hönle (Kürzel: HNL) noch im Kursolymp. Insbesondere die rasante Entwicklung im Bereich Klebstoffe – die eigentlich im Bereich UV-Technik tätige Gesellschaft agiert hier als Zulieferer für die Smartphone-Industrie – ließ Gewinn und Aktienkurs rasant in die Höhe schnellen. In der Spitze brachte es das im September 2018 in den SDAX aufgerückte Unternehmen am 1. August 2018 bei einem All-Time-High von 88,60 Euro auf einen Börsenwert von 488,4 Mio. Euro. Mittlerweile hat Dr. Hönle fast 47 Prozent davon verloren und die Notiz ist zuletzt bis an die Marke von 47 Euro geknickt. Die aktuelle Marktkapitalisierung beläuft sich auf knapp 260 Mio. Euro. Grund für den jüngsten Kursrutsch ist, dass die Gräfelfinger ihre bereits Ende April vorsichtiger formulierte Prognose für 2018/19 (30. September) kräftig gestutzt haben.
Demnach sollen die Erlöse für das Gesamtjahr nun nur noch zwischen 105 und 110 Mio. Euro liegen – statt bislang im unteren Bereich der Spanne von 115 bis 130 Mio. Euro. Das daraus zu erwartende Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) kürzte das Management auf 17 bis 19 Mio. Euro. Zuvor rechnete Dr. Hönle noch mit einem Betriebsgewinn von 22 bis 30 Mio. Euro, wobei auch hier der untere Sektor als wahrscheinlicher galt. „Nach derzeitigem Kenntnisstand wird sich die Änderung der Lieferantenstrategie eines großen Endkunden auf die Umsatzentwicklung der Hönle Gruppe im Segment Klebstoffe negativ auswirken“, heißt es offiziell. Im Klartext heißt das nicht anderes, als dass die Gesellschaft einen wichtigen Kunden entweder ganz verloren hat oder der Rahmenvertrag massiv eingedampft wurde. Keine Frage: Gemessen am Umfang der Gewinnwarnung sieht der Verlust an Marktkapitalisierung enorm aus. Aber so ist das an der Börse nunmal, schließlich ging die Rally vorher auch mit extremen Tempo nach Richtung Norden ab.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 101,93 | 126,49 | 107,75 | 93,88 | 115,17 | 126,50 | 106,34 | |
EBITDA1,2 | 18,14 | 33,84 | 20,32 | 14,71 | 13,85 | 15,40 | 0,33 | |
EBITDA-Marge3 | 17,80 | 26,75 | 18,86 | 15,67 | 12,03 | 12,17 | 0,31 | |
EBIT1,4 | 15,21 | 30,69 | 17,00 | 8,10 | 0,35 | -10,10 | -9,42 | |
EBIT-Marge5 | 14,92 | 24,26 | 15,78 | 8,63 | 0,30 | -7,98 | -8,86 | |
Jahresüberschuss1 | 10,41 | 21,73 | 12,40 | 5,61 | -4,86 | -11,90 | -10,93 | |
Netto-Marge6 | 10,21 | 17,18 | 11,51 | 5,98 | -4,22 | -9,41 | -10,28 | |
Cashflow1,7 | 12,15 | 27,88 | 23,06 | 16,61 | 1,13 | -6,00 | 3,14 | |
Ergebnis je Aktie8 | 1,89 | 3,84 | 2,26 | 1,02 | -0,80 | -2,20 | -1,82 | |
Dividende8 | 0,60 | 0,80 | 0,80 | 0,50 | 0,20 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: RSM Ebner Stolz |
Gleichwohl kann es nicht schaden, die Dinge ein wenig zurechtzurücken: Mit einem EBIT von vermutlich rund 18 Mio. Euro wird Dr. Hönle im laufenden Geschäftsjahr auf das zweitbeste Ergebnis in der Firmenhistorie zusteuern. Das ist bestimmt kein Weltuntergang. Neu gerechnet werden musste aber insofern, weil die Analysten von Warburg Research noch vor nicht allzu langer Zeit davon ausgingen, dass Dr. Hönle künftig dauerhaft operative Ergebnisse oberhalb von 30 Mio. Euro – mit Drang Richtung 40 Mio. Euro – wird erzielen können. Diese Erwartungshaltung dürfte nicht mehr realistisch sein, dementsprechend gerechtfertigt auch der spürbare Kursrückgang. Je nach Börsenphase kann es auch noch ein Stück tiefer gehen, die „Klebstoffrally“ der Dr. Hönle-Aktie setzte Ende 2017 bei Kursen von rund 38 Euro ein.
Per saldo besteht auf dem aktuellen Niveau aber kein unmittelbarer Handlungsbedarf. Wer das Papier über den Abschwung hinaus im Depot behalten hat, wird nun vermutlich kaum mit Verlust verkaufen wollen. Für einen Neueinstieg kann es andererseits aber noch immer ein wenig zu früh sein. Interessant wird indbesondere , ob die Stabilisierungszone im Bereich um 44 Euro vom Jahreswechsel 2018/19 halten wird. Den kompletten Neun-Monats-Bericht legt Dr. Hönle am 9. August 2019 vor. Möglich außerdem, dass die Gesellschaft bei der nächsten Indexüberprüfung am 4. September bereits wieder ihren SDAX-Platz hergeben muss. Das wiederum fände boersengefluester.de gar nicht so schlimm.