Thomas Hönscheid betreibt die Webseite DEPOT-VERGLEICHEN.de und vergleicht dort sehr detailliert die Angebote der Onlinebroker. Nach seinem Studium der BWL in Münster hat er mehr als zehn Jahre in der Finanzbranche in unterschiedlichen Positionen gearbeitet – zuletzt für den Onlinebroker OnVista Bank aus Frankfurt am Main. Boersengefluester.de sprach mit Thomas Hönscheid über die aktuellen Tendenzen in der Branche, worauf Anleger bei der Wahl ihres Brokers achten sollen und wie sich die passenden Angebote bequem herausfiltern lassen.
Herr Hönscheid, Wertpapierdienstleister scheinen gefragt zu sein, wie nie. Sie beobachten den Markt intensiv, wie ist der Stand?
Thomas Hönscheid: Die Branche ist beflügelt von der Niedrigzinspolitik der EZB. Denn Wertpapiere sind eine der wenigen Anlageklassen, mit denen Anleger noch Rendite erzielen. Der Erfolg der Wertpapier-Dienstleister lässt sich auch an deren derzeitigen Aktienkursen ablesen. Dabei ist die Wettbewerbsintensität der Depotanbieter ungebrochen hoch. Die Marktführer treiben die Konsolidierung der Branche voran, so hat sich die Consorsbank den Onlinebroker-Pionier DAB Bank einverleibt. Im Gegenzug hat die comdirect Bank mit der Übernahme der OnVista Bank reagiert. Auf der anderen Seite sind neue Wettbewerber wie der niederländische Preisbrecher DEGIRO in den deutschen Markt eingetreten.
Wie reagieren die Ordergebühren auf den Wettbewerb? Können die Kunden von der Situation profitieren?
Thomas Hönscheid: Tatsächlich beobachte ich einen gegenläufigen Trend. Durch die Ausweitung von versteckten Gebühren erhöhen sich die Gesamtkosten für die Kunden. Verstecke Gebühren kommen häufig in Form von Handelsplatzentgelten daher und werden zusätzlich zu den beworbenen Ordergebühren berechnet. Beliebt sind aber auch Gebühren für die Eintragung von Namensaktien oder für die Einbuchung von ausländischen Dividendenzahlungen. Flatex hat im April sogar Negativzinsen auf Kontoguthaben eingeführt und seine Kunden diese Tage mit der Ankündigung einer Preiserhöhung im Wertpapierhandel überrascht. Fondsanleger haben dagegen wirklich profitiert. Die früher üblichen Ausgabeaufschläge sind erodiert. Eigentlich als Provision für die Vertriebspartner konzipiert, geben die meisten Broker mittlerweile hohe Rabatte auf die Ausgabeaufschläge und einige wie die OnVista Bank oder die DKB verzichten sogar komplett auf Ausgabeaufschläge.
Worauf sollten Anleger denn generell bei der Wahl eines Depots achten?
Thomas Hönscheid: Hier kommt es in erster Linie auf das Anforderungsprofil des Anlegers an. Grundsätzlich kann zwischen Anlegern, die eine „Buy & Hold“-Strategie umsetzen möchten und aktiven Anlegern unterschieden werden. Die erste Anlegergruppe wünscht sich in der Mehrzahl ein optisch aufgeräumtes Depot, eine große Auswahl an Fonds- und ETF-Sparplänen und wenig Aufwand bei der Ermittlung der Kapitalertragssteuer bzw. deren automatische Abführung. Für aktive Anleger stehen dagegen Systemstabilität, Marktzugang und günstige Transaktionskosten im Vordergrund.
Welche Angebote sollten sich die beiden Kundengruppen derzeit genauer anschauen?
Thomas Hönscheid: Langfristig orientierte Anleger haben die größere Auswahl, weil für sie deutlich mehr Onlinebroker in Frage kommen. Sie sollten zunächst einmal darauf achten, dass keine jährliche Depotgebühr anfällt. Die meisten Depots werden zwar kostenlos geführt, doch einige Broker (S Broker, comdirect, Targobank) knüpfen Bedingungen daran. Hier sollten sich Interessenten genau überlegen, ob sie diese Bedingungen dauerhaft erfüllen können.
Wer regelmäßig in ausländische Dividendentitel investiert, sollte einen Bogen um Flatex machen. Der Broker erhebt eine Gebühr von bis zu 5,00 Euro pro ausländischer Dividendengutschrift. Weil US-Unternehmen wie zum Beispiel Apple ihre Gewinne quartalsweise ausschütten, kommt da schnell einiges zusammen. Das schmälert die Rendite und muss nicht sein. Wer kontinuierlich Geld anlegen möchte, der sollte sich auch die Leistungen im Bereich der Wertpapier-Sparpläne genauer anschauen und darauf achten, ob a.) die bevorzugten Titel als Sparplan angeboten werden und b.) wie hoch die Ausführungskosten sind.
Was raten Sie Tradern?
Thomas Hönscheid: Die Ansprüche von aktiven Anlegern unterscheiden sich sehr in Bezug darauf, welche Gattungen sie handeln. Ein zentrales Thema für diese Gruppe sind natürlich die Ordergebühren, weil auch kleine Marktbewegungen zum Trading genutzt werden. Weil diese Gruppe in der Regel auch häufig Derivate wie Zertifikate, Optionsscheine und Aktienanleihen handelt, ist zudem die Ausgestaltung des außerbörslichen Direkthandels oder die Anbindung an Terminbörsen wie der Eurex ein weiteres Kriterium.
Man liest immer wieder von Prämien, die Neukunden beim Depotwechsel erhalten können. Gibt es hier derzeit herausragende Angebote?
Thomas Hönscheid: Diesen Herbst übertrumpfen sich die Anbieter mit Prämien für Neukunden. Den Spitzenplatz nimmt derzeit die Consorsbank ein, die eine Barprämie von bis zu 5.000 Euro für Depotüberträge bietet. Neben vielen anderen Sortierungsmöglichkeiten haben wir für unseren Vergleich einen Filter entwickelt, der die Prämien der Onlinebroker übersichtlich nach deren Gegenwert sortiert.
Vielen Dank für das Gespräch!
Thomas Hönscheid betreibt die Webseite DEPOT-VERGLEICHEN.de, auf der er die Angebote der Online-Broker vergleicht und verschiedene Filterfunktionen anbietet. Begonnen hat er seine berufliche Karriere mit einer Ausbildung zum Bankkaufmann. Nach seinem BWL-Studium in Münster hat er mehr als zehn Jahre in der Finanzbranche in unterschiedlichen Positionen gearbeitet – zuletzt für den Onlinebroker OnVista Bank. Das Interesse an der Börse hat ihn dabei immer begleitet.
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