Auf den von Montega veranstalteten Hamburger Investorentagen (HIT) im Februar gehörte die Präsentation von Stefan Knoll, dem CEO der DFV Deutsche Familienversicherung, definitiv zu den schwungvollsten Slots. Egal, ob Geschäftsmodell („Kein Cherry-Picking, wir nehmen alle Herausforderungen an“), Wettbewerbsumfeld („Wir sind größer als alle Insurtechs zusammen“), Digitalisierung („Beginnt beim Produkt“), Logo und Unternehmensname („Finde ich rattenscharf“), Sponsoring Eintracht Frankfurt („Ich kenne keinen, der wegen der Bandenwerbung ins Stadion geht“) oder auch die Aktie („Kursziel 17 Euro bis Jahresende“) – schneller können 30 Minuten Vortrag auf einer Kapitalmarktkonferenz kaum vergehen.
Und tatsächlich: Abgesehen vom wenig inspirierenden Chartbild der Aktie entwickelt sich bei der Deutschen Familienversicherung sehr viel in die richtige Richtung. Das belegen die vorläufigen Eckdaten für 2022, die CFO Karsten Paetzmann jetzt im Rahmen einer virtuellen Präsentation vorgelegt hat. Bei einem Anstieg der gebuchten Bruttobeiträge um etwas mehr als 18 Prozent auf 183,5 Mio. Euro, drehte das Ergebnis vor Steuern von minus 0,8 auf plus 1,7 Mio. Euro. Unterm Strich blieb damit ein Überschuss von 1,0 Mio. Euro stehen. Die eigene Prognose mit einem Ergebnis vor Steuern zwischen 0 und 1 Mio. Euro haben die Frankfurter damit deutlich getoppt. Und wenn das Umfeld für die Kapitalanlagen im Abschlussquartal 2022 vorteilhafter gewesen wäre, wäre sogar noch mehr drin gewesen.
Wesentlicher Ergebnistreiber sind die enormen Einsparungen im täglichen Geschäft. So ist die Kostenquote (Aufwendungen im Verhältnis zu den verdienten Beiträgen) von ehemals 55 Prozent im Jahr 2020 auf zuletzt 31 Prozent gesunken. Eine Größenordnung, die sich Finanzvorstand Karsten Paetzmann bei seinem Amtsantritt vor rund zwei Jahren nicht hätten vorstellen können, wie er einräumt. Mit Blick auf den weiter verfolgten Wachstumskurs sind dieser Entwicklung jedoch Grenzen gesetzt. „Mit der aktuellen Kostenquote fühlen wir uns ganz wohl“, sagt Paetzmann. Keinesfalls soll die DFV in irgendeiner Art „kaputtgespart“ werden. Vielmehr geht es darum, die Automatisierung der Abläufe sowie die Effizienz im Vertrieb weiter zu verbessern. „Der Fokus für 2023 liegt auf profitablem Wachstum.“
Dabei läuft das Versicherungsneugeschäft in den ersten Wochen des laufenden Jahres dem Vernehmen nach gut an. Weitere Details, insbesondere auch zu den bilanziellen Auswirkungen der künftig bei der Deutschen Familienversicherung zur Anwendung kommenden internationalen Bilanzierungsregeln IFRS 17 wird das im streng regulierten Börsensegment Prime Standard gelistete Unternehmen zur Bilanzvorlage am 30. März 2023 vorlegen. Zumindest was IFRS 17 angeht, lässt Paetzmann aber schon jetzt durchblicken: Das Konzerneigenkapital wird durch die geänderte Bilanzierung eher steigen – bei einer allerdings höheren Volatilität der Ergebnisausweise.
Unterm Strich sieht das nach einer runden Entwicklung aus. Nun müsste endlich nur auch der Aktienkurs nachhaltig mitziehen und sich in deutlich zweistellige Regionen bewegen. Die operativen Entwicklung gibt das her. Das passende Kursziel hatte CEO Stefan Knoll – wenn auch mit einem Augenzwinkern – ja schon im Hamburg parat.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 70,66 | 66,52 | 90,92 | 114,74 | 155,22 | 183,51 | 119,50 | |
EBITDA1,2 | 2,12 | -2,88 | -2,71 | -7,52 | 2,42 | 4,03 | 7,33 | |
EBITDA-Marge3 | 3,00 | -4,33 | -2,98 | -6,55 | 1,56 | 2,20 | 6,13 | |
EBIT1,4 | 2,12 | -4,10 | -5,20 | -10,56 | -0,81 | 1,67 | 5,72 | |
EBIT-Marge5 | 3,00 | -6,16 | -5,72 | -9,20 | -0,52 | 0,91 | 4,79 | |
Jahresüberschuss1 | 1,48 | -3,34 | -2,10 | -7,43 | -1,70 | 0,99 | 4,16 | |
Netto-Marge6 | 2,09 | -5,02 | -2,31 | -6,48 | -1,10 | 0,54 | 3,48 | |
Cashflow1,7 | 16,62 | 6,63 | 14,33 | 17,67 | 14,62 | 46,35 | 23,40 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,14 | -0,25 | -0,37 | -0,53 | -0,12 | 0,26 | 0,28 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Deloitte |
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