Ein Rückgang des Beitragsvolumens im Neugeschäft um knapp neun Prozent auf 7,87 Mio. Euro in den ersten drei Monaten 2021 klingt jetzt zunächst einmal nicht nach knackigen Wachstumsstory aus dem Versicherungsbereich. Doch ein näherer Blick auf das Zahlenwerk der DFV Deutsche Familienversicherung lohnt allemal, denn dann wird schnell ersichtlich, dass das Minus in erster Linie mit dem im Zuge von Corona wegbrechenden Verkauf von Auslandskrankenversicherungen zu tun hat. Ein Geschäft, was in wesentlichen Teilen des ersten Quartals 2020 noch vergleichsweise normal funktionierte. Immerhin setzten die Reisebeschränkungen und andere Kontaktregeln erst Mitte März 2020 ein. Entsprechend stuft CEO Stefan Knoll die Entwicklung im Auftaktviertel als guten Start ins Jahr ein: „In allen wesentlichen Kennzahlen liegen wir über den Erwartungen.“
Auf der virtuellen Präsentation des Q1-Berichts wird aber auch deutlich, dass das Zahlenwerk zunehmend die Handschrift des neuen Finanzvorstands Karsten Paetzmann trägt. Neben den insgesamt um knapp 25 Prozent auf 33,02 Mio. Euro verbesserten Gebuchten Bruttobeiträgen – das sind quasi die Brutto-Umsätze eines Versicherers – sorgten nämlich insbesondere ein deutlich verbessertes Kapitalanlageergebnis von plus 0,50 Mio. Euro (Q1 2020: minus 2,80 Mio. Euro) sowie um rund 600.000 Euro reduzierte Aufwendungen für den Versicherungsbetrieb für einen derart kräftigen Ergebnisswing, so dass per Ende März 2021 ein operativer Verlust von gerade einmal 146.000 Euro stehen bleibt. Mit einer solch deutlichen Verbesserung hatte boersengefluester.de gar nicht gerechnet. Gleichwohl macht CFO Paetzmann deutlich, dass Einsparungen für ein prinzipiell auf Expansion ausgerichtetes Unternehmen, wie es die Deutsche Familienversicherung ist, mit Bedacht zu wählen sind.
„Wir wollen kein Wachstum abwürgen“, erklärt Paetzmann den Spagat. Im Börsensprech wird in diesem Kontext regelmäßig von den „low hanging fruits“ gesprochen, die zuerst gepflückt werden. Bei der DFV sind das insbesondere Gemeinkosten, die nicht unmittelbar dem Vertriebserfolg dienen. Aber auch was das Thema Kapitalanlagen betrifft, haben die Frankfurter mittlerweile ein Maßnahmenbündel beschlossen und befinden sich mitten in der Umsetzung. Ein wichtiges Thema, bei dem die DFV Deutsche Familienversicherung zuletzt viele PS auf der Straße hat liegen lassen. Dem Vernehmen nach spielen – neben Anleihen und Immobilien – auch Aktien mittlerweile wieder eine Rolle in der Vermögensallokation.
Ansonsten bestätigt CEO Knoll die – freilich auch erst vor wenigen Wochen so kommunizierten – Ziele für das Gesamtjahr mit einem zu erwartenden Verlust vor Steuern von 4 Mio. Euro sowie andere relevante Themen: So schreiten die Verhandlungen um den geplanten Rückversicherungsvertrag zwischen der Barmenia und der DFV aus der geplatzten Konsortialmitgliedschaft bei der betrieblichen Pflegezusatzversicherung CareFlex im Volumen von rund 40 Mio. Euro voran. Auch der Marktstart in Österreich zum 30. Juni 2021 rückt immer näher, genau wie die avisierte Einführung eines neues Kombiprodukts.
Mit Blick auf den rasant steigenden Aktienkurs des Online-Tierbedarfhändlers Zooplus passt es zudem gut ins Bild, dass die DFV Deutsche Familienversicherung ihre Aktivitäten im Bereich Tierkrankenversicherungen weiter ausbaut. Zuletzt unter anderem über eine Kooperation mit dem schwedischen Online-Tierarzt FirstVet. So haben alle Kunden des DFV-Tierkrankenschutzes und von Petprotect die Möglichkeit, kostenlose Video-Beratungen mit FirstVet durchzuführen. Durchaus erstaunlich, welche Dynamik der vor ziemlich genau zwei Jahren über eine Vertriebskooperation mit ProSiebenSat.1 über die Marke Petprotect aus der Taufe gehobene Bereich Tierkrankenversicherungen angenommen hat.
Einzig der Aktienkurs der Deutschen Familienversicherung ist seit Monaten ein Trauerspiel. Zuletzt war die Notiz sogar kurz unter den Ausgabepreis von 12 Euro zum Börsenstart von Anfang Dezember 2018 gerutscht. Aus Sicht der Investoren wiegt der zwangsweise CareFlex-Ausstieg also noch immer sehr schwer. Dabei ist CEO Knoll längst soweit, dass er dieses Kapitel der Firmengeschichte nur noch als „ärgerlichen Ausrutscher“ bezeichnet. Und auch boersengefluester.de ist der Meinung, dass die Aktie mittlerweile deutlich unter Wert gehandelt wird. Da braucht es gar nicht mal den Schulterblick auf den Aktienkurs des US-Onlineversicherers Lemonade, der – trotz eines Einbruchs um zwei Drittel vom Hoch – immer noch jenseits von Gut und Böse bewertet ist.
Und was das Thema Auslandskrankenversicherungen angeht: Auch die werden mit zunehmender Impfquote wieder zurückkommen. Die Kursziele der Analysten für die im Prime Standard gelistete DFV-Aktie bewegen sich momentan zwischen 19 und 24 Euro, signalisieren also ebenfalls ein stattliches Potenzial nach oben.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 70,66 | 66,52 | 90,92 | 114,74 | 155,22 | 183,51 | 119,50 | |
EBITDA1,2 | 2,12 | -2,88 | -2,71 | -7,52 | 2,42 | 4,03 | 7,33 | |
EBITDA-Marge3 | 3,00 | -4,33 | -2,98 | -6,55 | 1,56 | 2,20 | 6,13 | |
EBIT1,4 | 2,12 | -4,10 | -5,20 | -10,56 | -0,81 | 1,67 | 5,72 | |
EBIT-Marge5 | 3,00 | -6,16 | -5,72 | -9,20 | -0,52 | 0,91 | 4,79 | |
Jahresüberschuss1 | 1,48 | -3,34 | -2,10 | -7,43 | -1,70 | 0,99 | 4,16 | |
Netto-Marge6 | 2,09 | -5,02 | -2,31 | -6,48 | -1,10 | 0,54 | 3,48 | |
Cashflow1,7 | 16,62 | 6,63 | 14,33 | 17,67 | 14,62 | 46,35 | 23,40 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,14 | -0,25 | -0,37 | -0,53 | -0,12 | 0,26 | 0,28 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Deloitte |
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