Die gute Nachricht vorweg: Bislang ist die Aktie der Deutsche Familienversicherung (DFV) vergleichsweise schadlos durch die jüngsten Börsenturbulenzen gekommen. Gemessen am Januar-Rekord von etwas mehr als 20 Euro ist die Notiz „nur“ um knapp 20 Prozent eingeknickt. Da hat es alle anderen Titel aus dem heimischen Versicherungssektor mit Einbußen von in der Regel mehr als 40 Prozent ungleich heftiger erwischt. Hintergrund ist, dass die etablierten Konzerne bei ihren Kapitalanlagen absolut sehr viel mehr bluten mussten, als die noch recht junge Deutsche Familienversicherung. Trotzdem: Nachdem das Kapitalanlageergebnis der Frankfurter 2019 noch von minus 2,34 auf plus 3,40 Mio. Euro drehte, läuft es zurzeit wieder in die falsche Richtung. Wie CEO Stefan Knoll auf der Webkonferenz zur Vorlage des aktuellen Geschäftsberichts einräumte, liegt die DFV bei ihren Kapitalanlagen gegenüber Jahresbeginn um rund zehn Prozent hinten.
In absoluten Zahlen sind das mindestens 10 Mio. Euro. Dabei ist Risikoeingrenzung oberstes Gebot: „Wir haben die Cashposition bei uns deutlich erhöht“, sagt Knoll. Derweil zeigt sich das operative Geschäft – sprich der Vertrieb – bislang unbeeindruckt von der Corona-Krise. Das wiederum ist angesichts der weitgehend digital ausgerichteten Struktur der DFV noch nicht einmal fürchterlich überraschend. Noch sind die Menschen schließlich durchaus in der Laune, von zu Hause aus über ihren Rechner oder das Smartphone eine Krankenzusatz- oder Sachversicherung abzuschließen. Bleibt abzuarten, wie sich das Verhalten der Kunden in den kommenden Monaten entwickeln wird.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 70,66 | 66,52 | 90,92 | 114,74 | 155,22 | 183,51 | 119,50 | |
EBITDA1,2 | 2,12 | -2,88 | -2,71 | -7,52 | 2,42 | 4,03 | 7,33 | |
EBITDA-Marge3 | 3,00 | -4,33 | -2,98 | -6,55 | 1,56 | 2,20 | 6,13 | |
EBIT1,4 | 2,12 | -4,10 | -5,20 | -10,56 | -0,81 | 1,67 | 5,72 | |
EBIT-Marge5 | 3,00 | -6,16 | -5,72 | -9,20 | -0,52 | 0,91 | 4,79 | |
Jahresüberschuss1 | 1,48 | -3,34 | -2,10 | -7,43 | -1,70 | 0,99 | 4,16 | |
Netto-Marge6 | 2,09 | -5,02 | -2,31 | -6,48 | -1,10 | 0,54 | 3,48 | |
Cashflow1,7 | 16,62 | 6,63 | 14,33 | 17,67 | 14,62 | 46,35 | 23,40 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,14 | -0,25 | -0,37 | -0,53 | -0,12 | 0,26 | 0,28 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Deloitte |
Ein neues Kapitel in der Firmengeschichte wirft derweil bereits jetzt ihre Schatten voraus: Der ab Juli 2021 anstehende Start der Pflegezusatzversicherung CareFlex für die Mitarbeiter der Chemischen Industrie, was bis zu 580.000 Neuverträge für das Konsortium aus der R+V, der Deutsche Familienversicherung sowie der Bardenia bedeuten kann. Ein gut planbares und offenbar auch lukratives Geschäft für alle Beteiligten, zu denen auch die Hamburger Netfonds AG als Partner für die Vertragsverwaltung sowie die Beratung der Pflegezusatzversicherung zählt. Vorerst heißt es für die Deutsche Familienversicherung jedoch, Investitionen in die Infrastruktur für den Mammutauftrag zu stemmen. Das ist auch einer der Gründe dafür, warum der für 2020 zu erwartende Verlust vor Steuern von zuletzt 5,22 Mio. auf eine Größenordnung von 9 bis 11 Mio. Euro steigen wird. Mit eine Rolle spielen hier freilich auch die wachsenden Abschlusskosten, immerhin will die DFV im laufenden Jahr um rund 30 Prozent bei den gebuchten Bruttobeiträgen von zuletzt 90,92 Mio. Euro zulegen.
Bereits für 2021 kalkuliert Vorstand Stefan Knoll dann aber mit einem Gewinn vor Steuern von rund 12 Mio. Euro. Ebenfalls wichtig: Dem Vernehmen nach reicht die bisherige Kapitalausstattung aus, um den CareFlex-Deal zu stemmen und alle sich bietenden Chancen zu nutzen. Wenn alles gut läuft, geht es immerhin um eine – wie Knoll es ausdrückt – „Verdopplung des Unternehmens“. Ungefähr dieses Kaliber hatte in der Spitzen auch der Kapitalmarkt in die DFV-Aktien eingepreist, womit das Papier durchaus gut bewertet war. Bei Kursen um 16 Euro fällt die Argumentation für ein Investment in dem Spezialwert freilich schon wieder deutlich leichter. Was bleibt ist das enorme und in seinen Ausmaßen kaum zu kalkulierende Risiko aus der zurzeit laufenden Quasi-Abschaltung der heimischen Konjunktur. Und da wird selbst ein notorischer Optimist wie Knoll nachdenklich: „Ich mache mir große Sorgen um die deutsche Wirtschaft“. So die schlechte Nachricht zum Schluss.
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