Besser als mit einem Dr. Stefan Knoll in Höchstform könnte eine Investorenveranstaltung mit rund 350 Teilnehmern vor Ort kaum losgehen. Immerhin hat uns der CEO der DFV Deutsche Familienversicherung bereits um kurz nach 9 Uhr im ersten Einzelgespräch auf der MKK Münchner Kapitalmarkt Konferenz in das Projekt „Warzenschwein“ eingeweiht. „Ein Projekt, was substanzieller nicht sein kann“, betont Knoll und erklärt gleich den militärischen Hintergrund der ungewöhnlichen Bezeichnung. Angelehnt ist das Vorhaben an das legendäre Kampfflugzeug Fairchild-Republic A10 der US Air Force – von den Piloten liebevoll „Warthog“ (Warzenschwein) genannt. Einfach und robust aufgebaut, dafür aber unglaublich effektiv, was den Einsatz gegen Bodenziele angeht. Und genau diese Art von Bauplan will die DFV bei grundlegend wichtigen Themen wie der Produktgestaltung umsetzen.
Übersetzt ins Börsensprech geht es im Kern um maximal mögliche Automatisierung und die damit verbundenen Skaleneffekte. „Produktertrag vor Absatz“, heißt es dazu passend auf der Folie zur Präsentation der ganz frischen Neun-Monats-Zahlen. Und auch auf dieser Veranstaltung geht Knoll in die Offensive: So sei es „ein Skandal“, dass die DFV Deutsche Familienversicherung als Werbepartner von Eintracht Frankfurt noch nicht mehr Potenzial aus dem Mitgliederstamm des Bundesligisten gezogen hat. Nur Bandenwerbung und Logenplätze sind jedenfalls zu wenig Ausbeute. Aber auch losgelöst vom Versicherungs-Shop für Eintracht-Fans: Vertrieb und Werbung werden seit einigen Monaten komplett neu bespielt bei der DFV. Viel geht über Social Media. „Es geht darum, Kraft durch Intelligenz auszutauschen“, sagt Stefan Knoll und referiert dabei auf die in den Vorjahren zunehmend aus dem Ruder gelaufenen Vertriebskosten. Mit diesem Kapitel ist längst Schluss, entsprechend wurden alle Schlüsselpositionen personell neu besetzt.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 70,66 | 66,52 | 90,92 | 114,74 | 155,22 | 183,51 | 119,50 | |
EBITDA1,2 | 2,12 | -2,88 | -2,71 | -7,52 | 2,42 | 4,03 | 7,33 | |
EBITDA-Marge3 | 3,00 | -4,33 | -2,98 | -6,55 | 1,56 | 2,20 | 6,13 | |
EBIT1,4 | 2,12 | -4,10 | -5,20 | -10,56 | -0,81 | 1,67 | 5,72 | |
EBIT-Marge5 | 3,00 | -6,16 | -5,72 | -9,20 | -0,52 | 0,91 | 4,79 | |
Jahresüberschuss1 | 1,48 | -3,34 | -2,10 | -7,43 | -1,70 | 0,99 | 4,16 | |
Netto-Marge6 | 2,09 | -5,02 | -2,31 | -6,48 | -1,10 | 0,54 | 3,48 | |
Cashflow1,7 | 16,62 | 6,63 | 14,33 | 17,67 | 14,62 | 46,35 | 23,40 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,14 | -0,25 | -0,37 | -0,53 | -0,12 | 0,26 | 0,28 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Deloitte |
Und wer sich schon jetzt einen Eindruck von der Ausgestaltung künftiger Versicherungsprodukte – und der Werbung dafür – bei der DFV verschaffen will, wird im Web vermutlich schnell auf das Produkt „DFV Snap“ stoßen: Einem 24-Stunden gültigen Versicherungsschutz für die ganze Familie zum Preis von 5 Euro. Derweil muss CFO Dr. Karsten Paetzmann die Zahlenwelt auf Kurs halten. Kein leichtes Unterfangen, zumal Versicherungsunternehmen traditionell große Anleihenbestände im Portfolio halten, was bei der aktuellen Zinsentwicklung und den damit verbundenen Bond-Kursen nicht wirklich ein Vergnügen ist. „Wir müssen durchaus leiden“, sagt Paetzmann. So ist das Kapitalanlage-Ergebnis mit 4,0 Mio. Euro nach neun Monaten 2022 deutlich rückläufig gegenüber dem entsprechenden Vorjahreswert von 8,5 Mio. Euro. Insgesamt bewegt sich die DFV aber im Plan – und hält sich relativ gesehen sogar recht wacker.
Summa summarum kommt das nun seit annähernd vier Jahren börsennotierte Versicherungsunternehmen per Ende September auf einen Gewinn vor Steuern von 2,00 Mio. Euro – nach 1,89 Mio. Euro zum Halbjahr. Mit anderen Worten: Das dritte Quartal 2022 steuerte nur etwas mehr als eine schwarze Null zum Ergebnis bei. Trotz der nun erstmals seit dem IPO erreichten Gewinnserie von drei positiven Quartalen in Folge, bleibt Finanzvorstand Karsten Paetzmann bei seiner Prognose, wonach für das Gesamtjahr mit einem Ergebnis vor Steuern in einer Bandbreite zwischen 0 und 1 Mio. Euro zu rechnen sei. Das wiederum würde für das Abschlussviertel auf einen Verlust vor Steuern in einer Bandbreite von 1 bis 2 Mio. Euro hinauslaufen. Dass dies tatsächlich so eintritt, muss nicht unbedingt so sein, wie Paetzmann einräumt. Angesichts des labilen ökonomischen und auch politischen Umfelds, bleibt der Finanzchef jedoch lieber bei seiner vorsichtigen Vorschau für das Gesamtjahr.
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Vermutlich eine weise Entscheidung: Lieber am Ende positiv überraschen, als eine unnötige Gewinnwarnung riskieren. Noch ist schließlich nichts ausgestanden. Firmengründer Stefan Knoll veranschlagt die Krise sogar auf weitere fünf Jahre. Kein Wunder, dass der Vollblutunternehmer gleich mehrfach betont: „Geld zusammenhalten, ist das Gebot der Stunde.“ Derweil hat sich der Aktienkurs von DFV bei rund 10 Euro eingependelt. Verglichen mit den 12 Euro Ausgabepreis zum Börsenstart ist das sicher nicht die Performance, die man sich erhofft hat – zumal das Papier in der Spitze im Sommer 2020 schon einmal 28,50 Euro kostete. Doch die Schockwellen aus dem Zwangs-Exit aus dem Careflex-Konsortium wirken scheinbar noch immer nach. Dabei sind die Frankfurter über den Careflex-Rückversicherungs-Deal mit der Barmenia diesbezüglich durchaus versöhnlich im Geschäft.
Rein operativ bewegt sich bei der DFV momentan viel nach vorn. Selbst wenn alles seine Zeit braucht: Boersengefluester.de ist überzeugt, dass die DFV-Aktie vor einer guten Zukunft steht. Der Börsenwert von 145 Mio. Euro spiegelt das Potenzial jedenfalls nur ansatzweise wider. Das zeigen auch die Kursziele der Analysten, die bei 17 Euro erst losgehen.
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