Am Ende war es eine knappe Kiste mit dem rechtzeitigen Erscheinen des Geschäftsberichts 2020 der DFV Deutsche Familienversicherung. Doch die Frankfurter haben es hinbekommen – inklusive eines uneingeschränkten Prüfungsvermerks durch die Auditoren von Mazars. Lediglich bezogen auf die neue ESEF-Verordnung, hier geht es um die europaweite Umsetzung eines einheitlichen und elektronisch lesbaren Berichtsformats, konnte die DFV Deutsche Familienversicherung noch nicht liefern. Die Nachtragsprüfung erfolgt aber in Kürze. Und wenn boersengefluester.de das Getuschel in der Branche – immerhin hatten wir für Umsetzung von Teil I unseres neuen Wirtschaftsprüfer-Tools zuletzt viel mit der Materie zu tun – richtig deuten, steht die DFV nicht allein mit dem Problem da. Die Kernbotschaft lautet aber: Die Prüfung von Mazars hat zu keinen Einwendungen gegen die Ordnungsmäßigkeit des Konzernabschlusses geführt.
Dabei räumt DFV-CEO Stefan Knoll gleich zu Beginn der Bilanzkonferenz ein, dass die Buchprüfung für 2020 breiter und viel tiefer war, als in der Vergangenheit. Offenbar schauen die Verantwortlichen nach den Debakeln um Wirecard und der Greensill Bank nun deutlich genauer hin in der Finanzbranche. Das wiederum ist nur zu begrüßen. Ansonsten gibt es keine markanten Abweichungen zwischen den finalen Zahlen aus dem Geschäftsbericht und den bereits im Januar vorgelegten Vorabdaten. Auffällig am ehesten noch, dass der operative Verlust mit 10,56 Mio. Euro um rund 600.000 Euro höher ausgefallen ist, als ursprünglich kommuniziert. „Wesentlicher Grund dafür ist eine Stärkung der Vorsorge für Zinsrisiken“, sagt der nun offiziell an Bord befindliche neue CFO Karsten Paetzmann. Dessen Vortrag zum Zahlenwerk hat es übrigens in sich. Um 100 Prozent folgen zu können, steht für boersengefluester.de als nächstes wohl ein Zusatzstudium in Versicherungsmathematik sowie eine Auffrischung in Sachen IFRS-Rechnungslegung auf der To-Do-Liste.
Vorerst geben wir uns aber mit der Erkenntnis zufrieden, dass die DFV Deutsche Familienversicherung mit Paetzmann einen akribischen „Zahlenmensch“ gewonnen hat – und dafür ist ein Finanzvorstand schließlich auch da. Gute Entwicklung also, zumal die Stärken von CEO und Vollblutunternehmer Stefan Knoll insbesondere im Vertriebsbereich liegen. Entsprechend ist jetzt eine Lücke geschlossen worden, und das kann auch für den Aktienkurs nur vorteilhaft sein. Keine Veränderungen gibt es ebenfalls hinsichtlich der Wachstumsziele für 2021: So sollen die gebuchten Bruttobeiträge den Vorjahreswert von knapp 115 Mio. Euro um rund ein Viertel übersteigen. Den Verlust vor Zinsen und Steuern (EBIT) will die Gesellschaft derweil auf 4 Mio. Euro drücken. „Wir sind im Zeitziel“, sagt Knoll. Auch was die avisierte Auslandsexpansion mit Start in Österreich angeht, gibt es keine Abstriche.
Das bittere Ausscheiden aus dem CareFlex-Konsortium (HIER) ist abgehakt, der geplante Rückversicherungsvertrag innerhalb des Konstrukts als kleine Lösung ist freilich weiterhin aktuell. Eine entsprechende Absichtserklärung mit der Barmenia ist jedenfalls abgeschlossen. Das alles ändert aber nichts daran, dass die Gesellschaft durch den CareFlex-Ausstieg ein Jahr in der Entwicklung verloren hat. Entsprechend lange dauert es momentan, das Vertrauen der Investoren an der Börse zurück zu gewinnen. CEO Stefan Knoll blickt dabei nicht so sehr auf die Kursziele von Analysten und anderen Finanzexperten: „Wir werden liefern, was wir versprochen haben. Dann wird sich das auch wieder positiv in der Aktie zeigen.“
Ohnehin kommt das Unternehmen – abgesehen vom schleppenden Geschäft mit Auslandskrankenversicherungen und der anspruchsvollen Situation in der Kapitalanlage – bislang sehr respektabel durch die Corona-Zeit. Dabei kommt die Gesellschaft bilanziell solide daher. Jedenfalls sagt Finanzvorstand Paetzmann: „Die Deutsche Familienversicherung ist auch aus aufsichtsrechtlicher Sicht überdurchschnittlich kapitalisiert.“ Für boersengefluester.de bleibt der Titel vorerst dennoch eine Halten-Position. Ist schon klar: Keine besonders sexy Einschätzung, per saldo scheint sie uns in der jetzigen Börsenphase aber am sinnvollsten zu sein.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 70,66 | 66,52 | 90,92 | 114,74 | 155,22 | 183,51 | 119,50 | |
EBITDA1,2 | 2,12 | -2,88 | -2,71 | -7,52 | 2,42 | 4,03 | 7,33 | |
EBITDA-Marge3 | 3,00 | -4,33 | -2,98 | -6,55 | 1,56 | 2,20 | 6,13 | |
EBIT1,4 | 2,12 | -4,10 | -5,20 | -10,56 | -0,81 | 1,67 | 5,72 | |
EBIT-Marge5 | 3,00 | -6,16 | -5,72 | -9,20 | -0,52 | 0,91 | 4,79 | |
Jahresüberschuss1 | 1,48 | -3,34 | -2,10 | -7,43 | -1,70 | 0,99 | 4,16 | |
Netto-Marge6 | 2,09 | -5,02 | -2,31 | -6,48 | -1,10 | 0,54 | 3,48 | |
Cashflow1,7 | 16,62 | 6,63 | 14,33 | 17,67 | 14,62 | 46,35 | 23,40 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,14 | -0,25 | -0,37 | -0,53 | -0,12 | 0,26 | 0,28 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Deloitte |