Eher konservativ ausgerichtete Investoren brauchen jetzt gar nicht weiterlesen. Für sie kommt die Aktie der DF Deutsche Forfait definitiv nicht in Betracht. Nicht nur, weil der Exportfinanzierer vor ein paar Jahren von den USA auf eine schwarze Liste gesetzt wurde, was die Deutsche Forfait am Ende mit einer Insolvenz bezahlen musste (einen guten Überblick über diesen Wirtschaftkrimi liefert etwa die frei zugänglich Geschichte auf ZEIT Online HIER). Immerhin: Irgendwie hat es die Gesellschaft geschafft, sich aus dem Schlamassel zu befreien und neues Geschäft aufzubauen. Im Spätsommer 2019 war die Aktie zwischenzeitlich sogar der absolute Highflyer auf dem heimischen Kurszettel, als die Notiz innerhalb weniger Wochen von 0,50 auf deutlich über 2,00 Euro in die Höhe schoss. Die genauen Hintergründe der Rally waren schon damals schwer durchschaubar, selbst wenn vordergründig die Rückkehr in die Gewinnzone von den Anlegern gefeiert wurde. Mindestens ebenso relevant war aber wohl die Tatsache, dass der Vorstandsvorsitzende Behrooz Abdolvand nach der Mehrheit von Großaktionär Shahab Manzouri strebte. Ein Unterfangen, dass kürzlich übrigens kommentarlos beendet wurde.
Noch mehr erstaunt war boersengefluester.de allerdings über die Inhalte des vor wenigen Tagen veröffentlichten Geschäftsberichts 2019: Irgendwie war es nämlich an uns vorbeigegangen, dass die DF Deutsche Forfait zuletzt kaum noch Forfaitierung, also den Ankauf von Forderungen, betrieben hat, sondern neuerdings mit sogenannten „Marketing Services“ ihr Geld verdient. Konkret geht es dabei um die Vermittlung und compliancemäßige Überprüfung von Lebensmittel- und Medikamentenlieferungen in den Iran. Was sich genau dahinter verbirgt, wie nachhaltig das Modell ist und mit wie vielen Kunden es betrieben wird, ist schwierig nachzuvollziehen. Letztlich entfallen auf diese erst in der zweiten Jahreshälfte 2019 eingeführten Marketing Services aber bereits 86 Prozent des gesamten Geschäftsvolumens. Offenbar hat Vorstand Abdolvand also einen Nerv getroffen.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 3,68 | 3,23 | 12,43 | 8,89 | 9,95 | 11,10 | 29,54 | |
EBITDA1,2 | -3,18 | -1,72 | 6,13 | 3,86 | 5,55 | 6,31 | 3,80 | |
EBITDA-Marge3 | -86,41 | -53,25 | 49,32 | 43,42 | 55,78 | 56,85 | 12,86 | |
EBIT1,4 | -3,27 | -1,80 | 5,96 | 3,69 | 5,34 | 6,09 | 3,59 | |
EBIT-Marge5 | -88,86 | -55,73 | 47,95 | 41,51 | 53,67 | 54,87 | 12,15 | |
Jahresüberschuss1 | -2,71 | -1,75 | 3,25 | 6,81 | 6,76 | 5,40 | 1,66 | |
Netto-Marge6 | -73,64 | -54,18 | 26,15 | 76,60 | 67,94 | 48,65 | 5,62 | |
Cashflow1,7 | -4,01 | -2,36 | 6,51 | 2,75 | -18,51 | 16,80 | 18,99 | |
Ergebnis je Aktie8 | -0,23 | -0,15 | 0,27 | 0,57 | 0,57 | 0,45 | 0,14 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,04 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Grant Thornton |
Bemerkenswert auch die Einordnung aus dem Geschäftsbericht, dass der Iran einerseits zwar zu den Ländern gehört, die ganz massiv unter den Folgen von Corona zu leiden haben. Andererseits aber die Lieferung von humanitären Gütern und Medikamenten gerade in der jetzigen Zeit essentiell wichtig sei und daher wohl auch künftig mit Transaktionen zu rechnen ist. Unabhängig davon will sich die Deutsche Forfait aber von der einseitigen Ausrichtung auf den Iran lösen und weitere Länder im Nahen und Mittleren Osten adressieren. Insbesondere die Türkei und der Irak stehen im Fokus. „Mittelfristig ist auch wieder mehr Forfaitierungsgeschäft geplant. Aktuell sind jedoch die erzielbaren Margen in der Regel nicht auskömmlich“, heißt es zudem mit Blick auf die künftige Ausrichtung.
Valide Prognosen lasse sich auf dieser Basis kaum erstellen, aber geht man einmal davon aus, dass die DF Deutsche Forfait das Jahr 2020 ohne schwerwiegende Blessuren übersteht, sieht die Bewertung der Micro Caps auf dem aktuellen Kursniveau knapp oberhalb von 1 Euro durchaus verlockend aus. Die Marktkapitalisierung von 12,5 Mio. Euro entspricht knapp dem 1,5fachen des Eigenkapitals – und das bei einem zuletzt erzielten Überschuss von 3,25 Mio. Euro. Zum Schluss noch ein Hinweis: Dem Streubesitz sind nur knapp 21 Prozent der Aktien zuzurechnen, was die Handelsliquidität in dem ohnehin exotischen Titel nochmals verringert.
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