Der scheidende Telekom-Chef Rene Obermann, der ab Januar 2014 zum niederländischen Kabelbetreiber Ziggo wechselt, dürfte es mit großer Genugtuung sehen, dass die T-Aktie auf das höchste Niveau seit Mai 2011 geklettert ist. Das Papier profitiert von der Konjunkturerholung in Europa. 2012 kamen 36,8 Prozent der Konzernerlöse aus Deutschland und weitere 23,6 Prozent aus der Sparte Europa, vor allem aus Griechenland, Ungarn, Holland und Polen. Die Analysten der UBS hatten Anfang September Aktien aus Europa auf „Übergewichten“ heraufgestuft und geschrieben, dass vor allem Unternehmen mit Schwerpunkt auf dem heimischen Markt im Fokus stehen dürften. Als einer ihrer Favoriten in Deutschland empfohlen die UBS-Analysten die Aktie der Deutschen Telekom.
Für einen nachhaltigen Stimmungsumschwung bei dem Papier hatte Obermann bei der Vorlage der Halbjahreszahlen Anfang August gesorgt. Im zweiten Quartal war der Konzern nach jahrelangen Rückgängen auf den Wachstumskurs zurückgekehrt. So war der Umsatz um 5,4 Prozent auf 15,16 Mrd. Euro gestiegen. Dazu trug nicht zuletzt die Übernahme des US-Regionalanbieters Metro PCS bei, der für zwei Monate konsolidiert worden war. Im zweiten Quartal hatte die Tochter T-Mobile USA 688.000 neue Vertragskunden gewonnen, nicht zuletzt, weil sie seit April als letzter der großen Anbieter das iPhone von Apple verkauft. „Wir freuen uns sehr, dass wir im USA-Geschäft nach 16 aufeinanderfolgenden Quartalen mit Vertragskundenverlusten im zweiten Quartal eine Trendwende erreicht haben, sagte Finanzvorstand Tim Höttges. Er wird im Januar zum Vorstandschef der Telekom aufsteigen. Obermann bremste jedoch die Euphorie: Weder für den Konzern noch für die Branche in Europa stünden goldene Zeiten an: „Der Wettbewerb wird sehr hart bleiben. Wir hatten ein paar gute Monate, sollten die Kirche aber im Dorf lassen.“ Die Nettoschulden waren auf 41,4 Mrd. Euro geklettert.
Für das Gesamtjahr hat Obermann einen bereinigten operativen Gewinn von 17,5 Mrd. Euro in Aussicht gestellt. Das ist ein Rückgang um 500 Mio. Euro gegenüber dem Vorjahr. Hauptgrund ist, dass T-Mobile USA im Gesamtjahr ein bis 1,2 Mio. Vertragskunden gewinnen will. Das drückt auf die Profitabilität. Die Prognose für den Cashflow senkte der Firmenlenker daher von fünf auf 4,5 Mrd. Euro.Anfang September kündigte der Konzern massive Investitionen in das Glasfasernetz an. So sollen 2016 rund 24 Mio. Haushalte und Firmen Zugang zu Glasfasernetzen haben. 2012 waren es erst 12 Mio.. Die Investitionen sollen dabei von 3,4 Mrd. für 2013 auf 4,1 Mrd. im Jahr 2014 steigen.
Etliche Investoren hoffen, dass mit der laufenden Konsolidierung in der Branche in Europa der Preisdruck ein wenig nachlässt. So hat Vodafone von der EU die Genehmigung für den Kauf des größten deutschen Kabelnetzbetreibers Kabel Deutschland bekommen. Laut Kabel Deutschland soll der Deal am 14. Oktober abgeschlossen werden. Zudem hat Telefónica Deutschland, eine Tochter der spanischen Telefónica angekündigt, den Wettbewerber E-Plus zu kaufen. Die kartellrechtliche Kontrolle durch die EU-Kommission dürfte zwar einige Monate dauern. Sollte Telefónica Deutschland jedoch die Genehmigung bekommen, würde der Mobilfunkmarkt in Deutschland von vier auf lediglich drei Anbieter schrumpfen. Dabei hätte Telefónica Deutschland mit rund 42,7 Mio. mehr Kunden als die Deutsche Telekom (36,6 Mio.) und Vodafone (33,9 Mio.) hierzulande. Damit könnte der starke Wettbewerbsdruck wenigstens ein bisschen nachlassen.
Derweil verhandelt die Deutsche Telekom mit vier Finanzinvestoren über den Verkauf eines 30-Prozent-Anteils an der Scout-Gruppe, wobei die ganze Gruppe angeblich mit 1,6 bis zwei Mrd. Euro bewertet wird. Scout bietet beispielsweise Portale für Autos, Immobilien und Jobs. Laut Gerüchten will die Telekom bis Ende Oktober über den Scout-Verkauf entscheiden.
Die sich allmählich aufhellenden Gewinnperspektiven spiegeln sich noch nicht in den Schätzungen der Analysten wider. Vielmehr sind die Schätzungen für den 2014er-Gewinn je Aktie in den vergangenen drei Monaten von 0,72 Euro auf 0,71 Euro gesunken. Mit einem KGV von rund 15 ist die Aktie zwar relativ hoch bewertet – zumal im Vergleich zum DAX, dessen KGV bei 11,6 liegt. Dennoch sollte sich das Telekom-Papier weiter erholen, zumal wenn sich die Konjunkturdaten für Europa verbessern und Obermann am 7. November letztmalig gute Ergebnisse vorlegt. Die Dividendenrendite von 4,6 Prozent für 2013 kann sich ebenfalls sehen lassen.
Foto: Deutsche Telekom AG
Dieser Beitrag stammt von den Kollegen der boersengefluester.de-Partnerseite Feingold Research