Die Sache hätte auch gründlich schief gehen können. Doch Thomas Gutschlag, CEO der Deutschen Rohstoff AG, und sein Team hatten Glück und den richtigen Riecher. Als der Ölmarkt im Frühjahr 2020 wegen Corona kollabierte, blieb Gutschlag nicht nur cool und fuhr die Bohraktivitäten auf seinen wichtigsten Ölfeldern komplett herunter. Gleichzeitig fasste das Unternehmen auch einen Plan und investierte einen stattlichen Betrag aus den vorhandenen Cashbeständen in ein Gold-Portfolio sowie in Aktien und Anleihen von Öl & Gas-Gesellschaften. Die waren damals günstig zu haben. „Wir wollten von der Krise profitieren“, sagt Gutschlag. Das klingt aus heutiger Sicht leicht gesagt, ist aber schwer getan. Immerhin muss man in der Situation eben auch den Mut haben, um tatsächlich einzusteigen. Angelegt war der Ausflug ins Investmentbanking auf einen Horizont von zwölf Monaten – und die sind bald rum. Ein Teil der Buchgewinne hat Gutschlag bereits realisiert. „Im Ölbereich haben wir sehr gut verdient. Da ist dann auch mal gut. Bei Gold würde ich das dagegen nicht so apodiktisch sehen“, sagt Gutschlag. Gut möglich also, dass die Edelmetall-Engagements noch ein wenig länger im Depot bleiben.
Von einer Private Equity-Gesellschaft „super billig zugekauft“, hat die Deutsche Rohstoff im vergangenen Sommer zudem eine 111 Quadratkilometer große Bohrfläche im US-Bundesstaat Wyoming. „Denen haben wir ein freches Angebot gemacht und sie haben eingeschlagen“, sagt Gutschlag. Dabei vergleicht Gutschlag den über die Tochter Bright Rock abgewickelten Deal mit einem Bauträger, der ein Mietshaus mit sehr viel Bauland drum herum gekauft hat, aber nur für das Haus bezahlt – und selbst dafür nicht mal besonders viel. Eine spannende Sonderstory zeichnet sich derweil bei der Beteiligung Almonty ab, die via KfW-IPEX Bank die Finanzierung über 75 Mio. Dollar für die Revitalisierung einer Wolfram-Mine in Südkorea unter Dach und Fach gebracht hat. „Das Bergwerk steht und wurde von der koreanischen Regierung 30 Jahre quasi besenrein gehalten. Nur die Aufbereitungsanlage wird komplett neu aufgebaut“, sagt Gutschlag.
Interessant ist der Deal auch deshalb, weil mit der Plansee-Gruppe aus Österreich umfassende Abnahmegarantien vereinbart wurden. Wolfram ist extrem resistent gegen Hitze und kommt daher als Beschichtungsmaterial bei speziellen Anwendungen wie Panzerungen, im Ofenbau oder Werkzeugen zum Einsatz. Aber auch bei Schnellladestationen für Elektroautos wird Wolfram verwendet. Beteiligt ist die Deutsche Rohstoff mit 12,8 Prozent bei Almonty. Ansonsten kehrt auch im eigentlichen Stammgeschäft der Ölförderung allmählich wieder Normalität ein. Das wichtige Olander-Bohrfeld in Colorada hat über die Tochter Cub Creek die Produktion wieder aufgenommen, andere Bohrplätze sind bereits länger wieder aktiv. Bei den mittlerweile wieder erreichten WTI-Ölpreisen nördlich von 50 Dollar, sollte die Deutsche Rohstoff auch auskömmlich fördern können.
Spurlos sind die Verwerfungen am Ölmarkt im vergangenen Jahr an den Mannheimer freilich nicht vorbeigegangen: Markante Sonderabschreibungen führen dazu, dass für 2020 auf Konzernebene mit einem Fehlbetrag von 15 bis 18 Mio. Euro zu rechnen ist. Mit Blick auf das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) dürfte dagegen eine Bandbreite von 23 bis 26 Mio. Euro im positiven Terrain realistisch sein, was sogar leicht oberhalb des Niveaus von 2019 liegen würde. Noch keine Aussage möchte CEO Thomas Gutschlag zur Dividende für 2020 treffen. Angesichts des Fehlbetrags wäre eine Nullrunde eigentlich nur konsequent. Andererseits hatte sich die Gesellschaft in der Vergangenheit explizit als verlässlicher Dividendenzahler positioniert und musste die Ausschüttung schon für 2019 von 0,70 auf 0,10 Euro pro Aktie kürzen. Nun: Wenn überhaupt, würde es wohl wieder nur eine eher symbolische Dividende geben. Zu beachten ist außerdem, dass Mitte des Jahres die Anleihe 2016/21 zurückgezahlt werden muss. Vom ursprünglichen Volumen 67 Mio. Euro steht aber nur noch rund ein Viertel aus. Die Tilgung via Cash ist im Grunde kein Problem. Denkbar wäre aber auch, dass die Bond-Inhaber zusätzlich ein Tauschangebot in die Anleihe 2019/24 bekommen. Noch ist hier allerdings nichts entschieden.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 53,75 | 109,05 | 41,20 | 38,68 | 73,32 | 165,44 | 196,66 | |
EBITDA1,2 | 36,13 | 97,93 | 22,72 | 23,90 | 66,06 | 139,09 | 158,26 | |
EBITDA-Marge3 | 67,22 | 89,80 | 55,15 | 61,79 | 90,10 | 84,07 | 80,47 | |
EBIT1,4 | 6,13 | 32,70 | 5,63 | -16,10 | 32,59 | 91,43 | 95,00 | |
EBIT-Marge5 | 11,40 | 29,99 | 13,67 | -41,62 | 44,45 | 55,27 | 48,31 | |
Jahresüberschuss1 | 7,63 | 17,95 | 0,19 | -16,10 | 26,36 | 66,19 | 67,48 | |
Netto-Marge6 | 14,20 | 16,46 | 0,46 | -41,62 | 35,95 | 40,01 | 34,31 | |
Cashflow1,7 | 37,85 | 68,67 | 34,93 | 13,99 | 51,82 | 142,73 | 139,26 | |
Ergebnis je Aktie8 | 1,51 | 3,54 | 0,04 | -3,17 | 5,00 | 12,15 | 13,02 | |
Dividende8 | 0,65 | 0,70 | 0,10 | 0,00 | 0,60 | 1,30 | 1,75 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Falk |
Kaum valide vorhersehbar ist auch, ob der Präsidentschaftswechsel in den Vereinigten Staaten spürbare Auswirkungen auf das ökonomische Umfeld im Rohstoffbereich haben wird. Grundsätzlich werden die regulatorischen Rahmenbedingungen hierfür ohnehin auf Ebene der Bundesstaaten gesetzt und kommen nicht aus Washington. Denkbar daher am ehesten, dass sich steuerliche Parameter ändern. Ansonsten ist der Ölsektor für die USA einfach zu wichtig, als das es zu größeren Einschränkungen kommen könnte. Auf einem anderen Blatt steht freilich, wie sich die Investoren hinsichtlich Öl-Aktien positionieren werden. Verglichen mit vielen anderen Sektoren, wo die Aktienkurse längst das Vor-Corona-Crash-Niveau zurückerobert haben oder gar auf Rekordhöhen geklettert sind, herrscht im Ölbereich noch Zurückhaltung. Da macht auch der Aktienkurs der im Frankfurter Spezialsegment Scale notierten Deutschen Rohstoff keine Ausnahme. Dennoch hat der Titel natürlich das Zeug dazu, ein Überraschungskandidat für 2021 zu werden. Dafür ist die Bewertung einfach zu moderat. Immerhin notiert das Papier nur knapp über Buchwert. Thomas Gutschlag glaubt jedenfalls an ein Revival der Ölwerte: „Die Aktienkurse werden zurückkommen, schon allein weil die Margen im Ölbereich so hervorragend sind.“
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