Mit den Neun-Monats-Zahlen hat die auf Immobilien für Einzelhändler spezialisierte Deutsche Konsum REIT gezeigt, dass die Zuversicht der Investoren nach dem scharfen Kursrückgang vom März gerechtfertigt war. Jedenfalls hat die Gesellschaft ihre 2020er-Prognose für den Cashflow aus dem Immobiliengeschäft (FFO) bestätigt. Im Interview mit boersengefluester.de erläutern CFO Christian Hellmuth und CIO Alexander Kroth, wie sich die operative Lage seit Corona verändert hat und wie die weitere Akquisitionsstrategie aussieht – auch mit Blick auf Marktbegleiter wie DEFAMA. Außerdem nehmen die beiden Manager Stellung zu den Dividendenplänen. Per saldo sieht das alles weiterhin nach einer runden Investmentsstory für Anleger aus. Für boersengefluester.de bleibt die DKR das Basisinvestment aus dem Sektor.
Herr Hellmuth, die vorgelegten Zahlen für die ersten neun Monate Ihres Geschäftsjahrs 2019/20 (30. September) legen nahe, dass die COVID-19-Pandemie keine wesentlichen Auswirkungen auf das operative Abschneiden der Deutschen Konsum REIT-AG (DKR) hatte. Oder täuscht der erste Eindruck?
Christian Hellmuth: Das ist tatsächlich so. Wir hatten im April eine leichte Delle, als vom Shutdown betroffene Mieter die Aprilmiete gestundet hatten und damit „nur“ rund 70 Prozent der Monatsmiete bei uns eingingen. Ab Mai sind aber durchgehend wieder 96 bis 98 Prozent der Sollmieten bei uns eingegangen, lediglich Kleinstmieter, unsere drei Kinoflächen und Hotelflächen in unseren Nahversorgungsobjekten stunden derzeit noch Teile der Mieten. Hier helfen wir aber gern – und aus Portfoliosicht sind die Außenstände auch unwesentlich. Insofern sind wir bislang nicht nur sehr gut durch die Krise gekommen, die Krise bestätigt zugleich, wie nichtzyklisch und defensiv unser Geschäftsmodell ist – ein erfolgreicher Proof of Concept. Wenn man Baumärkte aufgrund der Systemrelevanz in der Krise hinzunimmt, haben wir nunmehr gut 80 Prozent nichtzyklische Mieter.
Das angewachsene Immobilienportfolio hat Ihnen ein Plus bei den Mieterlösen von knapp 34 Pozent auf 40,3 Mio. Euro beschert. Wie gehen Sie mit den gestundeten Mieten um?
Christian Hellmuth: Wir sind im konstruktiven Dialog mit allen Mietern, die ihre Mieten gestundet haben und treffen hier individuelle Vereinbarungen. Da der wesentliche Teil der Stundungen jedoch von größeren Filialisten stammt, die alle wieder geöffnet haben, erwarten wir hier die ausstehende Mietzahlung, sobald die Krise überstanden ist.
Die zum 30. Juni durchgeführte turnusmäßige Bewertung Ihres bilanzierten Immobilienportfolios führte zu einer Aufwertung von 6,8 Mio. Euro. Der aktuelle Bewertungsfaktor liegt damit bei rund 12,9x der Jahresmiete. Entspricht dies auch den aktuellen Marktwerten oder verfügen Sie aufgrund eines konservativen Bewertungsansatzes noch über größere stille Reserven im Portfolio?
Christian Hellmuth: Wir sehen auch in den kommenden Jahren weiteres Aufwertungspotenzial, welches u. a. durch die aktuell stattfindenden Modernisierungs- und Verbesserungsarbeiten an einigen Objekten gehoben werden soll, in dem wir hier bislang existierende Leerstandsflächen mit attraktiven neuen Mietern und Mietkonditionen belegen. Intensiv an den Objekten zu arbeiten, diese neu aufzustellen und vorhandenes „Value-add“-Potenzial zu realisieren, ist ja gerade ein wesentlicher Teil unserer Wertschöpfung. Nach Umsetzung solcher Revitalisierungen haben wir zusätzlich die Möglichkeit, diese Objekte auch zu weitaus höheren Faktoren wieder zu verkaufen.
Herr Kroth, die DKR hat im bisherigen Geschäftsjahresverlauf 2019/20 bereits 43 Einzelhandelsimmobilien mit einem Investitionsvolumen von rund 182 Mio. Euro und einer Jahresmiete von 17,0 Mio. Euro erworben. Welchen Einfluss hatte die Corona-Pandemie in den vergangenen Monaten auf Ihre Akquisitionstätigkeit?
Alexander Kroth: Bis zur Zuspitzung der Corona-Krise im März mit den Lockdowns hatten wir bereits ein enormes Momentum im Ankaufsprozess, was dann jedoch vorübergehend komplett zum Erliegen kam. Geplante Akquisitionen, die wir Ende März noch in der Pipeline hatten, wurden zunächst mal auf unbestimmte Zeit verschoben. Viele Verkäufer haben verständlicherweise abgewartet, wie sich die Dinge entwickeln. Zwischenzeitlich haben wir diese Transaktionen teilweise wieder aufgenommen und vereinzelt auch bereits beurkundet. Seit den Lockerungen Anfang Juni sehen wir auch wieder zunehmende Aktivität auf der Angebotsseite mit vielen äußerst attraktiven Objekten für uns. Erste Zuwächse nach der Krise waren die jüngsten Ankäufe in Stendal, Zerbst, Rövershagen und zuletzt auch in Schöneck und Parchim mit einem Volumen von mehr als 27 Mio. Euro bei einer Jahresmiete von knapp 2,4 Mio. Euro. Hier konnten wir wieder sehr gut zu uns passende Objekte zu der von uns angestrebten Rendite mit zusätzlichem Entwicklungspotenzial hinzuerwerben. Bis auf eine kurze Verzögerung der Akquisitionen hat Corona, insbesondere im Hinblick auf die aktuell in Prüfung befindlichen Transaktionen, keinen Einfluss.
Wie bewerten Sie das aktuelle Marktumfeld auf der Kaufseite? Haben sich die zu erzielenden Ankaufsrenditen im COVID-19-Umfeld verändert?
Alexander Kroth: Nein, nach dem kurzfristigen Innehalten scheint der Markt in unserer Nische zunächst zu weitgehend gleichen Konditionen weiterzulaufen. Wir sehen hier aktuell keine wesentlichen Ausschläge, weder bei den Angebotsrenditen noch beim Transaktionsvolumen.
In welchem Umfang führen Sie aktuell Revitalisierungs- und Erweiterungsmaßnahmen bei Ihren Immobilien durch? Bewegen Sie sich damit im Rahmen Ihrer Planungen?
Alexander Kroth: Wir führen gerade an verschiedenen Objekten Maßnahmen durch, die schon seit langem geplant sind und gemäß der Planung nun umgesetzt werden. Diese Maßnahmen haben eine Vorlaufzeit von rund 12 bis 24 Monaten, um Konzepte und Planungen zu erstellen, den Bauantrag einzureichen, die Genehmigung zu bekommen und dann konkret mit Ausschreibung und Umsetzung zu beginnen. Zuvor werden die Vorhaben ja auch mit den entsprechenden Mietern besprochen und konkrete Mietverträge geschlossen, denn wir sanieren natürlich nur, wenn dies auch eine entsprechende Rendite über neue Mietvereinbarungen bringt. Dies ist nun bei mehreren Objekten gleichzeitig der Fall, weshalb wir in diesem Geschäftsjahr mehr als 12 Mio. Euro in solche Maßnahmen investieren. So haben wir beispielsweise beim Neiße Center in Guben den bestehenden ALDI-Markt um angrenzende Leerflächen erweitert und den Mall-Bereich optimiert, was zu gestiegenen Mieterlösen führt. Im Löwenpark Leipzig haben wir für Hammer eine bestehende Teilfläche umgebaut und erweitert. In unserem Kirschbergcenter in Hohenmölsen führen wir ebenfalls in einem Bestandsgebäude für REWE eine deutliche Flächenerweiterung durch und sind dabei, ein neues attraktives Flächenkonzept umzusetzen – um nur ein paar Projekte zu nennen.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 19,25 | 28,60 | 41,98 | 56,23 | 69,67 | 74,39 | 79,72 | |
EBITDA1,2 | 42,76 | 35,91 | 58,95 | 38,70 | 40,29 | 39,49 | -70,24 | |
EBITDA-Marge3 | 222,13 | 125,56 | 140,42 | 68,82 | 57,83 | 53,09 | -88,11 | |
EBIT1,4 | 41,68 | 35,90 | 58,95 | 38,69 | 97,92 | 68,01 | -116,90 | |
EBIT-Marge5 | 216,52 | 125,52 | 140,42 | 68,81 | 140,55 | 91,42 | -146,64 | |
Jahresüberschuss1 | 37,41 | 30,92 | 53,14 | 34,17 | 91,37 | 60,39 | -180,99 | |
Netto-Marge6 | 194,34 | 108,11 | 126,58 | 60,77 | 131,15 | 81,18 | -227,03 | |
Cashflow1,7 | 10,26 | 14,52 | 27,09 | 35,94 | 37,97 | 49,38 | 41,63 | |
Ergebnis je Aktie8 | 1,06 | 0,80 | 1,25 | 0,73 | 1,84 | 1,22 | -3,58 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,20 | 0,35 | 0,40 | 0,40 | 0,12 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Domus |
Herr Hellmuth, in Ihrer Mitteilung zu den Neun-Monats-Zahlen gab es keine Aussage über die erwartete Dividende für 2019/2020. Mit welchen Ausschüttungen dürfen Ihre Aktionäre in den kommenden Jahren rechnen?
Christian Hellmuth: Wir peilen nach wie vor eine Dividende von rund 55 Cents je Aktie für das aktuelle Geschäftsjahr an. Da wir im laufenden Geschäftsjahr stark hinzugekauft haben, sollte die Dividende im kommenden Geschäftsjahr weiter schön zulegen. Und dies wird auch in den darauffolgenden Jahren so sein, solange wir zu etwa gleichen Renditen wachsen können.
Wie sieht es aktuell mit Ihrer Firepower für weitere Zukäufe aus? Spüren Sie eine restriktivere Kreditvergabe auf Bankenseite?
Christian Hellmuth: Aktuell verfügen wir über eine Firepower von rund 100 Mio. Euro und sind damit gut aufgestellt, um weiter signifikant zu wachsen. Eine restriktivere Kreditvergabe ist nicht zu verspüren, vielmehr können wir besicherte Darlehen zu weiter sinkenden Zinskonditionen aufnehmen.
Herr Kroth, bislang kauft die DKR in der Regel einzelne Objekte. Wäre es auch eine Option, einen Wettbewerber wie DEFAMA Deutsche Fachmarkt zu übernehmen, um so auf einen Schlag an ein ganzes Portfolio zu kommen?
Alexander Kroth: Übernahmen sind grundsätzlich nicht ausgeschlossen, allerdings schauen wir letztlich nur auf den Preis, den wir für das einzelne Objekt bezahlen müssen. Vergleichbare Objekte wie im DEFAMA-Portfolio können wir aktuell direkt und vielfach noch deutlich günstiger erwerben als im Wege eines öffentlichen Übernahmeangebots. Deshalb ist das aktuell keine Option.
Angesichts eines aktuellen Pro-Forma-Bilanzwerts Ihres Immobilienportfolios von 830 Mio. Euro dürften sie die Milliardenschwelle bereits im nächsten Geschäftsjahr überschreiten. Gibt es größere Hürden bei der Beibehaltung Ihres hohen Wachstumstempos?
Alexander Kroth: Ja, das Überschreiten der Milliardenschwelle könnte tatsächlich schon im kommenden Geschäftsjahr passieren. Dennoch haben wir immer wieder betont, dass reine Portfoliogröße für uns keinen Wert als solchen darstellt, wenn die Ankaufsrendite nicht mindestens acht oder neun Prozent beträgt. Insofern ist tatsächlich die Zielrendite unsere einzige selbstauferlegte Wachstumshürde.
Christian Hellmuth, Jahrgang 1979, absolvierte sein Studium der Betriebswirtschaftslehre in Berlin, das er 2005 mit dem Diplom abschloss. Anschließend begann er seine Karriere bei PricewaterhouseCoopers (PwC) im Bereich Wirtschaftsprüfung und war dort bis 2011 Prüfungsleiter bei verschiedenen börsennotierten Immobilienunternehmen. Anschließend war Christian Hellmuth Berater bei Porsche Consulting und wechselte Ende 2011 als Referent des Finanzvorstands zu GSW Immobilien und betreute dort Finanz-, Ankaufs-und Accountingthemen. Nach Übernahme durch die Deutsche Wohnen war der gebürtige Berliner dort Referent des Finanzvorstandes und arbeite wesentlich an der Integration der GSW in den Deutsche Wohnen-Konzern. Im Frühjahr 2016 wechselte Christian Hellmuth als Finance Manager zu WCM und betreute dort Kapitalmarkt-und Finanzthemen sowie verschiedene Ankäufe von Gewerbeimmobilien. Zum Jahresbeginn 2017 wechselte er zur Deutsche Konsum REIT-AG und übernahm den Aufbau des Finanzbereiches. Seit 1. Juli 2017 ist Christian Hellmuth Finanzvorstand der Gesellschaft.
Alexander Kroth hat Betriebswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten Immobilienökonomie und Finance & Banking an der European Business School in Oestrich-Winkel studiert. Nach seinem Studium, das er 2006 abschloss, begann er seine Karriere in der Unternehmensberatung bei KPMG in Frankfurt im Bereich Corporate Finance-Real Estate. Bei der KPMG hat Alexander Kroth auf nationalen und internationalen Beratungsprojekten auf Käufer-und Verkäuferseite Immobilientransaktionen von Einzelobjekten und Immobilienportfolien realisiert. Seit Gründung im Juli 2014 war er Investment Director bei der Obotritia Capital KGaA und übernahm den strategischen Aufbau des Immobilienportfolios der Gesellschaft sowie deren jeweiligen Tochtergesellschaften, wie der Ursprungsgesellschaft der Deutsche Konsum REIT-AG. Zum Jahresbeginn 2017 wechselte der gebürtige Münchner (Jahrgang 1982) als Investment Director vollständig zur Deutsche Konsum REIT-AG und wurde zum1. Juli 2017 zum Investmentvorstand der Gesellschaft berufen.