Mit Kursen um 10 Euro ist die Aktie der Deutschen Konsum REIT-AG bis auf das Niveau von Anfang 2019 zurückgefallen. Das verwundert schon deshalb, weil das auf Supermärkte und Nahversorgungszentren spezialisierte Immobilienunternehmen allein wegen seiner Größe früher regelmäßig als Top-Pick in dem Sektor galt. Im Interview mit boersengefluester.de verraten Finanzvorstand Christian Hellmuth und Investmentvorstand Alexander Kroth, wie es operativ um die Deutsche Konsum REIT steht und welche Strategie die Gesellschaft im aktuellen Zinsumfeld fährt. Nicht fehlen dürfen in dem Gespräch natürlich auch das an der Börse so intensiv diskutierte Thema Wandelanleihen sowie die BaFin-Untersuchungen.
Herr Hellmuth, jahrelang wurde die Aktie der Deutschen Konsum REIT-AG mit einem deutlichen Aufschlag auf den inneren Wert gehandelt. Der aktuelle Aktienkurs liegt mit rund 10 Euro nun aber sogar signifikant unter dem voll verwässerten Nettovermögenswert EPRA NTA, der zuletzt deutlich auf 11,62 Euro je Aktie zugelegt hat. Haben Sie eine Erklärung für diese Entwicklung?
Christian Hellmuth: Ehrlich gesagt nicht. Das operative Geschäft läuft so gut wie nie, wir sind fast unberührt durch die Corona-Lockdowns gekommen, erhöhen gerade signifikant Mieten aufgrund der Wertsicherungsklauseln, die uns vor Inflation schützen, haben bereits 24 neue Objekte für fast 100 Mio. Euro angekauft zu Anfangsverzinsungen von 8,2 Prozent und gleichzeitig verschiedene Objekte zu Renditen zwischen 5,0 und 5,5 Prozent verkauft. Zudem haben die Gutachter aufgrund all dessen unser Portfolio um etwa 65 Mio. Euro aufgewertet und auch die jüngste Zinsrally trifft unser Geschäftsmodell kaum signifikant. Insofern ist die Aktie aus meiner Sicht stark unterbewertet. Das liegt aber meines Erachtens vor allem an den übergeordneten weltpolitischen Verwerfungen und der daraus resultierenden großen Verunsicherung auf den Aktienmärkten. In so einer Situation werden Small Caps zudem besonders gern liegen gelassen.
Sie haben es angesprochen, die turnusmäßige Bewertung Ihres Immobilienportfolios durch einen externen Gutachter brachte einen Bewertungsgewinn von knapp 65 Mio. Euro. Inwiefern ist das auch eine Folge des inflationären Umfelds?
Christian Hellmuth: Die derzeit hohen Inflationsraten führen bei der DKR dazu, dass nunmehr Wertsicherungsklauseln in den Mietverträgen greifen, wodurch wir im aktuellen Geschäftsjahr die Mieten bereits um durchschnittlich 2,4 Prozent bzw. 1,7 Mio. Euro Jahresmiete erhöhen konnten. Das ist somit einer der wesentlichen Gründe für den Bewertungsanstieg. Weiterhin macht unser Asset Management einen hervorragenden Job und schafft Wertzuwächse durch Leerstandsabbau, Neuvermietungen, Flächenoptimierungen und anderen Maßnahmen. Und zudem wird die Assetklasse der Nahversorgungsimmobilien bei institutionellen Investoren immer beliebter.
Wie konservativ ist die EPRA NTA-Bewertung von 11,62 Euro je Aktie nach dem jüngsten Anstieg? Spiegelt das aus Ihrer Sicht den tatsächlichen fairen Wert der DKR-Aktie wider oder liegt der echte „Marktwert“ des Portfolios eher noch höher?
Christian Hellmuth: Der EPRA-NTA je Aktie ergibt sich eben aus dem bilanziellen Eigenkapital je Aktie auf vollverwässerter Basis zum jeweiligen Stichtag. Die DKR-Aktie ist aus meiner Sicht aber deutlich mehr wert als das: Denn wir haben in all den Jahren mit sehr viel Arbeit ein handverlesenes Portfolio gut funktionierender Nahversorgungsimmobilien aufgebaut, das nunmehr mit mehr als 180 Objekten stark diversifiziert ist und zu sehr starken und robusten Cashflows führt. All die Bedenken wie Disruption durch E-Commerce, Corona, Zinsanstiege usw. hat unser robustes Geschäftsmodell bislang eindrucksvoll gut aus dem Weg geräumt. Daran wird sich nach meiner Ansicht auch in Zukunft nichts bedeutend ändern. Und allein diese Stabilität dürfte in der heutigen Zeit deutlich mehr wert sein.
Herr Kroth, die Deutsche Konsum REIT (DKR) hat im aktuellen Geschäftsjahr bislang 24 Nahversorgungsimmobilien für rund 98 Mio. Euro erworben und steht damit kurz vor dem Sprung über die Zielgröße 100 Mio. Euro. Demnach liegen Sie auf der Kaufseite im Plan, oder?
Alexander Kroth: Ja, und auch die Pipeline sieht aktuell sehr stark und interessant aus. Da wartet wie immer viel Arbeit auf uns. Erstaunlicherweise sind wir in diesem Jahr auch wieder stärker mit vielen kleineren und reinrassigen Objekten gewachsen, wohingegen wir im letzten Jahr tatsächlich eher größere Objekte in der Pipeline hatten und die kleineren zu unseren Konditionen nicht gesehen haben. Deswegen mussten wir dieses Jahr bereits öfter zum Notar gehen, um unser Wachstumstempo aufrechtzuerhalten, aber wir machen hier keinen Unterschied bei der jeweiligen Größe der Objekte, solange die Standorte jeweils funktionieren und unsere Investmentkriterien passen.
Für 98 Mio. Euro haben Sie sich rund 8,0 Mio. Euro Jahresmiete hinzugekauft, entsprechend lag die durchschnittliche Anfangsverzinsung bei 8,2 Prozent und damit unter dem früheren Durchschnitt von rund 10 Prozent. Ist das der zunehmenden Konkurrenzsituation geschuldet oder kaufen Sie qualitativ hochwertiger ein?
Alexander Kroth: Das ist ganz unterschiedlich. Zum Teil kaufen wir auch mal etwas bessere Qualität ein, wenn auch die übrigen Kriterien passen und sind dann auch bereit, einen Faktor mehr zu bezahlen. Zum anderen sind aber auch die Renditen in den vergangenen Jahren sukzessive gesunken, da viele Investoren sich nunmehr in Nahversorgungsobjekten engagieren und damit die Konkurrenz etwas höher ist. Dennoch finden wir noch immer genügend starke Objekte mit den hohen Anfangsrenditen, mit denen wir weiter signifikant wachsen können. Der Einzelhandelsmarkt in Deutschland ist riesig und der Transaktionsmarkt sehr aktiv. Jedes Jahr füllt sich die Pipeline somit neu.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 19,25 | 28,60 | 41,98 | 56,23 | 69,67 | 74,39 | 79,72 | |
EBITDA1,2 | 42,76 | 35,91 | 58,95 | 38,70 | 40,29 | 39,49 | -70,24 | |
EBITDA-Marge3 | 222,13 | 125,56 | 140,42 | 68,82 | 57,83 | 53,09 | -88,11 | |
EBIT1,4 | 41,68 | 35,90 | 58,95 | 38,69 | 97,92 | 68,01 | -116,90 | |
EBIT-Marge5 | 216,52 | 125,52 | 140,42 | 68,81 | 140,55 | 91,42 | -146,64 | |
Jahresüberschuss1 | 37,41 | 30,92 | 53,14 | 34,17 | 91,37 | 60,39 | -180,99 | |
Netto-Marge6 | 194,34 | 108,11 | 126,58 | 60,77 | 131,15 | 81,18 | -227,03 | |
Cashflow1,7 | 10,26 | 14,52 | 27,09 | 35,94 | 37,97 | 49,38 | 41,63 | |
Ergebnis je Aktie8 | 1,06 | 0,80 | 1,25 | 0,73 | 1,84 | 1,22 | -3,58 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,20 | 0,35 | 0,40 | 0,40 | 0,12 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Domus |
Beim jüngsten Zukauf, dem Fachmarktzentrum Cottbus-Center, lag die Ankaufsrendite mit 7,8 Prozent nochmals tiefer. Warum haben Sie das Objekt dennoch erworben?
Alexander Kroth: Ein so gutes Objekt aufgrund der nur marginal geringeren Anfangsrendite liegen zu lassen, wäre nicht schlau gewesen. Zudem gibt es hier auch noch Potenziale, es werden weitere Leerstände abgebaut werden und auch Mietindexierungen stehen hier noch aus, sodass wir auch im Nachhinein noch über die 8 Prozent springen werden.
Im Gegenzug ist das Zinsniveau in den vergangenen Monaten wieder deutlich angestiegen. Was bedeutet dies im Hinblick auf Ihre aktuelle und künftige Margensituation?
Christian Hellmuth: Wir haben unsere aktuellen Durchschnittszinsen von unter 2 Prozent noch für etwa vier Jahr eingeloggt, womit wir noch ganz komfortabel ausgestattet sind. Bei aktuellen Finanzierungen sehen wir aktuell Zinssätze zwischen 2,5 und 3,0 Prozent für eine fünfjährige besicherte Immobilienfinanzierung. Das können wir jedoch aufgrund der hohen Anfangsverzinsungen sehr gut vertragen. Zudem werden Zinsanstiege durch unser Geschäftsmodell durch die Wertanpassungsklauseln bei Inflation kompensiert. Insofern dürften sich Zinsanstiege nur geringfügig auf unsere Margen auswirken.
Inzwischen ist die Deutsche Konsum auch verstärkt als Verkäufer aktiv. Ist das ein genereller Strategiewechsel und planen Sie auch in den kommenden Monaten Teile des Portfolios zu attraktiven Multiples zu verwerten?
Alexander Kroth: Bei mehr als 180 Immobilien haben wir immer mal wieder Objekte, die wir in den vergangenen Jahren zu Core-Objekten gemanaged haben. Dies führt zu Verkaufsoptionalitäten, die wir gern nutzen, wenn der Preis attraktiv ist. Dadurch können wir zum einen attraktive Dividenden ausschütten und die Gewinne zum anderen auch in den Ankauf neuer Objekte investieren, wodurch wir länger intrinsisch wachsen können.
Eine Kapitalerhöhung dürfte auf dem aktuellen Kursniveau nicht zu Ihren favorisierten Finanzierungsoptionen zählen?
Christian Hellmuth: Ja, zum einen benötigen wir derzeit kein frisches Kapital, wodurch auch die Veräußerungsgewinn beitragen. Zum anderen würden wir auf dem aktuellen Kursniveau keine Kapitalerhöhungen vornehmen.
Ein weiteres Thema auf der Finanzierungsseite sind die noch ausstehenden Wandelanleihen. Welche Pläne haben Sie damit? Ist eine vorzeitige Rückzahlung denkbar? Und wie viele neue DKR-Aktien kämen in Falle einer vollständigen Wandlung maximal hinzu?
Christian Hellmuth: Die zwei ausstehenden Wandelanleihen stammen aus 2015 noch vor dem Börsenlisting der DKR und stellen gewissermaßen die Anfangsfinanzierung der DKR dar. Damit haben wir begonnen, das Portfolio aufzubauen. Da sich die DKR nunmehr sehr viel stärker entwickelt hatte, als anfangs erwartet, sind diese nunmehr tief im Geld. Bei vollständiger Wandlung entstünden insgesamt rund 15 Mio. neue DKR-Aktien, was aufgrund der potenziellen Verwässerung ein Hemmschuh für die Kursentwicklung der Aktie ist. Wir arbeiten hier an verschiedenen Optionen, um dieses Thema bald- und bestmöglich zu lösen.
Am 15. Juli 2022 hat die BaFin eine Prüfungsanordnung gegenüber DKR für den Einzelabschluss zum 30.09.2021 und den zugehörigen Lagebericht bekannt gemacht. Was ist der Hintergrund? Und welches Risiko sehen Sie dadurch für die DKR?
Christian Hellmuth: Es gibt bislang weder konkrete Vorwürfe noch etwaige Prüfungsergebnisse. Wir arbeiten vollumfänglich mit der BaFin zusammen und haben alle Unterlagen wie angefordert bereitgestellt. Mehr lässt sich dazu im Moment nicht sagen.
Wie haben Ihre Investoren auf die BaFin-Untersuchung reagiert und wie lange könnte sich diese Prüfung hinziehen?
Christian Hellmuth: Das ist natürlich recht unangenehm und führt zu zahllosen Anfragen und Telefonaten mit Geschäftspartnern und unseren Aktionären. Zumal wir keine Vorwürfe kennen. Bisher war es bei den DPR-Prüfungen immer so, dass Prüfungsfeststellungen zu veröffentlichen waren, nicht aber reine Prüfungsanordnungen. Ob diese neue Praxis nun zu mehr Vertrauen am Kapitalmarkt führt, darf aus meiner Sicht bezweifelt werden.
Was spricht für eine baldige Trendwende der DKR-Aktie? Und welche Maßnahmen planen Sie, um einen weiteren Kursverfall zu verhindern?
Christian Hellmuth: Wenn die weltpolitischen Spannungen wieder abnehmen und sich die Lage an den Aktienmärkten wieder entspannt, dann rücken sicher auch Immobilientitel wieder mehr in den Fokus, nachdem diese aus meiner Sicht stark überverkauft sind. Ansonsten machen wir einfach weiter mit solider Arbeit und der einen oder anderen zu lösenden Hausaufgabe und sind zuversichtlich, dass dies auch dem Aktienkurs dann wieder hilft. So billig kann die DKR-Aktie ja nicht ewig bleiben.
Herr Hellmuth, Herr Kroth, vielen Dank für das Gespräch.
Christian Hellmuth, Jahrgang 1979, begann er seine Karriere bei PricewaterhouseCoopers (PwC). Anschließend war er Berater bei Porsche Consulting und wechselte Ende 2011 als Referent des Finanzvorstands zu GSW Immobilien. Nach Übernahme durch die Deutsche Wohnen war der gebürtige Berliner dort Referent des Finanzvorstandes. Im Frühjahr 2016 wechselte Hellmuth zu WCM und betreute dort Kapitalmarkt-und Finanzthemen sowie verschiedene Ankäufe von Gewerbeimmobilien. Zum Jahresbeginn 2017 wechselte er zur Deutsche Konsum REIT-AG und übernahm den Aufbau des Finanzbereichs. Seit 1. Juli 2017 ist Christian Hellmuth Finanzvorstand der Gesellschaft.
Alexander Kroth begann er seine Karriere bei KPMG in Frankfurt im Bereich Corporate Finance-Real Estate. Bei der KPMG hat Alexander Kroth auf nationalen und internationalen Beratungsprojekten Immobilientransaktionen von Einzelobjekten und Immobilienportfolien realisiert. Seit Gründung im Juli 2014 war er Investment Director bei der Obotritia Capital KGaA und übernahm den Aufbau des Immobilienportfolios der Gesellschaft sowie deren Töchter, wie der Ursprungsgesellschaft der Deutsche Konsum REIT-AG. Zum Jahresbeginn 2017 wechselte der gebürtige Münchner (Jahrgang 1982) vollständig zur Deutsche Konsum REIT-AG und wurde per 1. Juli 2017 zum Investmentvorstand.
Fotos: Clipdealer, Deutsche Konsum REIT-AG