Im Zuge einer Barkapitalerhöhung hat die Deutsche Industrie REIT-AG nicht nur 92,8 Mio. Euro eingenommen, sondern auch neue institutionelle Investoren aus Großbritannien und den USA gewonnen. Inklusive von 30 bis 35 Mio. Euro aus aktuellen Refinanzierungsprojekten verfügt die auf Light Industrial Immobilien spezialisierte Gesellschaft nun über eine Firepower von mehr als 200 Mio. Euro. Boersengefluester.de traf CEO Rolf Elgeti, CIO Sonja Petersen und CFO René Bergmann zum Exklusivinterview und sprach mit ihnen über das Engagement von Elgetis Obotritia Capital Group, die angepeilte Anfangsrendite von 10 Prozent und Geschwindigkeitsvorteilen gegenüber Wettbewerbern. „Beim Ankauf ist für uns die anfängliche Cash-Rendite entscheidend“, bekräftigt Petersen. Diese liege deutlich über den Kapitalkosten. Für weitere Wertsteigerungen im Portfolio sollen unter anderem Mietsteigerungen, der Abbau von Leerständen und das Verlängern von Mietverträgen sorgen.
Herr Elgeti, die voll platzierte Kapitalerhöhung hat der Deutschen Industrie REIT-AG (DIR) knapp 93 Mio. Euro brutto in die Kassen gespült. Haben Sie mit einer derart positiven Resonanz von Seiten der Investoren gerechnet?

Rolf Elgeti: Ja, das war in der Tat schon abzusehen. Schließlich tummeln wir uns in einer hochattraktiven Nische und haben ja auch trotz der noch sehr jungen Unternehmenshistorie bereits einen Track Record gezeigt, für den wir uns nicht schämen müssen. Insofern ist es auch nicht überraschend, dass Investoren bei der Kapitalerhöhung recht aktiv dabei waren. Dazu kommt, dass wir nun auch die halbe Milliarde Euro Börsenwert tangieren und auch bewusst den Zugang zu amerikanischen Investoren gesucht und gefunden haben. Damit ist unsere Aktie auch ein kleines bisschen erwachsener geworden.
Sie selbst haben über Ihre Beteiligungsgesellschaft Obotritia Capital Group rund 1,185 Millionen neue Aktien gezeichnet und damit rund 20,7 Prozent der Kapitalerhöhung übernommen. Wollten Sie sich nicht verwässern lassen oder hätten Sie die Kapitalerhöhung sonst nicht in voller Höhe platzieren können?
Rolf Elgeti: Als Gründungs- und Hauptaktionär ist man immer einem gewissen Spannungsfeld ausgesetzt: Einerseits wollen die Investoren sehen, dass man auch auf dem bereits gestiegenen Kursniveau weiter Aktien kauft und somit den Einsatz für sich selbst erhöht. Das haben wir getan. Andererseits erwarten die Investoren aber auch nachvollziehbarerweise, dass sich der Streubesitz erhöht und die Aktie liquider und handelbarer wird. Dem haben wir Rechnung getragen, indem wir weniger Aktien gezeichnet haben, als wir pro rate zu unserem Anteilsbesitz hätten machen müssen, um unseren Anteil konstant zu halten. Ein Spagat am Ende – aber natürlich sehen wir in der Aktie auch noch sehr starkes Potenzial und wollen da entsprechend auch mit einer sinnvollen Allokation dabei sein.
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Wie sieht die aktuelle Aktionärsstruktur der Deutschen Industrie REIT-AG nun aus? Welche neuen Investoren konnten Sie gewinnen?
Rolf Elgeti: Der Streubesitz hat sich weiter erhöht und wir konnten eine Reihe von sehr namhaften institutionellen Investoren aus dem In-, vor allem aber auch aus dem Ausland gewinnen. Große Investitionen kamen aus den USA und dem Vereinigten Königreich sowie auch von Family Offices aus dem deutschsprachigen Raum. Alles drei natürlich nicht unüblich für einen Wachstumswert aus der Immobilienbranche.
Herr Bergmann, für Sie als Finanzvorstand und damit Herr der Kassen ist der hohe Mittelzufluss ja wie ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk. Wie viel eigenes Kapital steht Ihnen nun für weitere Akquisitionen zur Verfügung und über welche Firepower verfügen Sie damit insgesamt?

René Bergmann: Zunächst bin ich sehr zufrieden, dass es uns als relativ jungem Unternehmen gelungen ist, nach der Wandelschuldverschreibung im Juni und der 15 Mio. Euro Kapitalerhöhung im September wiederum am Kapitalmarkt Geld einzusammeln. Mit den Nettoerlösen in Höhe von ca. 90 Mio. Euro als Eigenkapital und weiteren 30 bis 35 Mio. Euro aus aktuellen Refinanzierungsprojekten stehen uns jetzt die Mittel zur Verfügung, um unsere prall gefüllte Ankaufspipeline zu bedienen und weiter kräftig zu wachsen.
Wie sieht die Finanzierung eines typischen Ankaufes bei der DIR aus? Wie viel Fremdkapital setzen Sie in der Regel ein und wer sind Ihre Finanzierungspartner?
René Bergmann: Zunächst bezahlen wir die Ankäufe aus Eigenmitteln. Das verschafft uns in den Augen der Verkäufer auch einen Geschwindigkeitsvorteil gegenüber Wettbewerbern. Dann kümmern wir uns um die jeweilige Refinanzierung der Objekte. In der Regel nehmen wir 50 bis 60 Prozent des Immobilienwertes als klassische Grundschulddarlehen auf. Wir sprechen dann sowohl die im Gebiet des jeweiligen Objektes ansässigen Sparkassen und Banken an als auch überregionale Finanzierer. Bei ersteren realisiert man meist eine Einzelfinanzierung, bei den Überregionalen Pakete oder Portfoliofinanzierungen. Dazu können wir inzwischen auf ein gutes Netzwerk an Finanzierungspartnern zugreifen.
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Wie sieht die aktuelle Finanzierungsstruktur der DIR aus? Wie hoch ist das Volumen und wie sind die Zinssätze ausstehender Anleihen, Wandelanleihen und Darlehen? Sehen Sie auf der Zinsseite weiteres Optimierungspotenzial?
René Bergmann: Beim Aufbau unserer Finanzierungsstrukturen sind wir gut vorangekommen. Wir konnten hier weiter diversifizieren. Die besicherte Anleihe in Höhe von 118 Mio. Euro wird mit 4 Prozent verzinst, die Wandelanleihe im Volumen von 41,6 Mio. Euro mit 2 Prozent. Darüber hinaus haben wir inzwischen fast 97 Mio. in 13 Bankdarlehen mit knapp unter 2 Prozent Zins aufgenommen. In der Pipeline sind derzeit weitere 35 Mio. Euro mit durchschnittlich 1,3 Prozent. Der Durchschnittszins über alles liegt damit aktuell bei 2,9 Prozent und wird weiter sinken, weil wir die günstigeren Darlehen weiter ausbauen wollen.
Frau Petersen, mit gut gefüllten Taschen macht das Weihnachtsshopping noch mehr Spaß. Herr Bergmann sprach von einer „prall gefüllten Ankaufspipeline“. Welches Ankaufsvolumen streben Sie für das gerade angelaufene Geschäftsjahr 2019/20 an?

Sonja Petersen: Die Möglichkeiten, attraktive Objekte zu unseren Ankaufskriterien zu erwerben sind weiterhin sehr gut und wir erwarten nach wie vor ein dynamisches Wachstum des Portfolios. Ein nachhaltiges Ankaufsvolumen in Höhe von 100 bis 150 Mio. Euro pro Jahr ist daher absolut realistisch. Da wir Bottom-up agieren, kann dieses Volumen aber natürlich variieren und auch, wie beispielsweise im letzten Geschäftsjahr, unsere angepeilten Ziele übertreffen.

Welche Objekte haben Sie im Fokus und was macht ein ideales DIR-Ankaufsobjekt aus?
Sonja Petersen: Die Deutsche Industrie REIT-AG investiert in Light-Industrial Objekte in Deutschland, d. h. in Gewerbeparks, Produktions- und Logistikimmobilien. „Light Industrial“ versteht sich als Oberbegriff für eine Vielzahl verschiedener Typen des Industriegewerbes und umfasst neben den Tätigkeiten der Lagerung und Distribution von Handelsgütern auch deren Verwaltung und Produktion. Bei „Light Industrial Immobilien“ handelt es sich typischerweise um produktionsnahe, funktional wandelbare Gewerbeimmobilien, wie z. B. Gewerbeparks, Logistikimmobilien (Lagerhallen, Umschlaghallen, Distributionshallen und Speziallager) oder Industrieimmobilien, die von gewerblichen Nutzern in den meisten Fällen zur Lagerung, Konfektionierung oder als kleinere Produktionsstätten genutzt werden. Beim Ankauf ist für uns die anfängliche Cash-Rendite entscheidend, d. h. dass das Objekt von Anfang an Erträge erwirtschaften muss. Neben Faktoren wie der Verkehrsanbindung, der Konkurrenzsituation vor Ort und dem Mietentwicklungspotenzial ist die Drittverwendungsfähigkeit inklusive der daraus resultierenden nachhaltigen Vermietbarkeit ein auschlaggebendes Kriterium für unsere Ankaufsentscheidung.
Welche Anfangsrenditen streben Sie bei künftigen Zukäufen an? Werden Sie angesichts des größeren finanziellen Spielraums Ihre Ankaufskriterien nun aufweichen müssen?
Sonja Petersen: Bei zukünftigen Ankäufen ist unser Ziel nach wie vor eine Anfangsrendite von 10 Prozent zu erzielen. Unsere Ankaufspipeline ist gut mit Objekten gefüllt, die unsere Ankaufskriterien erfüllen – daher werden und müssen wir unsere Ankaufskriterien nicht aufweichen.
In welchen Regionen sehen Sie die größten Wachstums- und Renditechancen? Und wie sieht das aktuelle Wettbewerbsumfeld im Segment Light Industrial Immobilien aus?
Sonja Petersen: Wir investieren in Light-Industrial Immobilien deutschlandweit. Wir nehmen die Chancen wahr, die sich in den jeweiligen Regionen ergeben, ohne einen geographischen Fokus zu haben. Für uns ist es ausschlaggebend, dass die einzelnen Objekte an den einzelnen Standorten für sich funktionieren. Der Light-Industrial Markt ist ein Nischenmarkt mit nur wenigen professionellen Wettbewerbern. Diese sind daher sehr heterogen – von der vermögenden Privatperson über Family Offices bis hin zu den großen institutionellen Investoren sind wir allem schon begegnet. Innerhalb dieses Nischenmarktes hat sich in den vergangenen Jahren auch herauskristallisiert, dass insbesondere Unternehmensimmobilien im Rahmen von Sale-and-Lease-back-Transaktionen, auch aufgrund von fehlenden, renditestarken Alternativen, sehr an Bedeutung gewonnen haben. Neben einer guten Verzinsung aus dem laufenden Geschäft sind die hohe Mietrendite und die hohe Stabilität über Zyklen hinweg für uns hier die wesentlichen Merkmale.
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Herr Elgeti, die Deutsche Industrie REIT-AG weist nun einen Börsenwert von fast einer halben Milliarde Euro auf. Welche Ziele haben Sie sich mittelfristig mit der DIR gesetzt? Und welche Erwartungen dürfen Ihre Aktionäre an den Aktienkurs haben, nachdem die DIR-Aktie in den vergangenen zwölf Monaten bereits um mehr als 50 Prozent im Wert zugelegt hat?
Rolf Elgeti: Wir haben keine absoluten Größenziele. Unser Hauptinteresse gilt der Rendite je Aktie. Diese wird natürlich auch durch rein externes Wachstum positiv beeinflusst, da wir die Immobilien zu Renditen einkaufen, die deutlich über unseren Kapitalkosten liegen. Aber wir profitieren auch von Mietsteigerungen, dem Abbau von Leerständen und dem Verlängern von Mietverträgen. Diese Effekte gibt es quasi als Gratis-Option zu den bereits bestehenden starken operativen Cashflows hinzu. Insofern darf es auch nicht wundern, dass sich die Rendite der Aktie im zweistelligen Prozentbereich bewegt. Und solange wir diese Trends weiter liefern, darf man sich – bei aller gebotenen Vorsicht und im angemessenen Rahmen – sicherlich auf weitere Wertsteigerungen freuen.
Frau Petersen, Herr Bergmann, Herr Elgeti, vielen Dank für das Gespräch.


Rolf Elgeti, geboren1976 in Rostock, absolvierte sein Studium der Betriebswirtschaftslehre in Mannheim und Paris, das er 1999 mit dem Diplom abschloss. Anschließend begann er seine Karriere als Aktienstratege in London zunächst bei UBS Warburg (1999 bis 2000), der Commerzbank (2000 bis 2004) sowie als Chefstratege für Aktien bei ABN AMRO (2004 bis 2007). Parallel dazu gründete er diverse deutsche Immobilienfirmen. Unter anderem war Rolf Elgeti von April 2007 bis zur Aufnahme der Tätigkeit als CEO und Vorstandsvorsitzender der TAG Immobilien AG. Im November 2014 wechselte Elgeti in den Aufsichtsrat der TAG, übernahm den Vorsitz des Gremiums und gründete die Investmentgesellschaft Obotritia Capital KGaA mit Sitz in Potsdam. In diesem Zusammenhang erfolgte die Gründung der Deutsche Konsum REIT-AG und der Deutschen Industrie REIT-AG.

Sonja Petersen, geboren 1983 in Langenfeld, hat Betriebswirtschaftslehre in Oestrich-Winkel studiert. Danach begann sie ihre Karriere bei dem Bauunternehmen HOCHTIEF Solutions AG. Anschließend wechselte Petersen zu Leighton Properties Pty Ltd in Sydney, Australien. Hier baute sie den Bereich „Studenten Wohnen“ für die Standorte Sydney, Melbourne und Brisbane eigenverantwortlich auf. Seit September 2015 arbeitet sie bei der Obotritia Capital KGaA, zunächst als Leiterin des Ankaufs und der Projektentwicklung, seit Januar 2017 als Chief Investment Officer. In diesem Bereich war Sonja Petersen für den strategischen Aufbau des Immobilienportfolios, den Ankauf und die Weiterentwicklung von Gewerbeimmobilien verantwortlich. Seit 18. Oktober 2017 ist sie Vorstand und CIO der Deutsche Industrie Grundbesitz AG.

René Bergmann, geboren 1970, begann seine Karriere 1995 bei der GSW Immobilien in Berlin. Nach verschiedenen operativen Tätigkeiten hat er das Portfoliomanagement des Unternehmens mit entwickelt und implementiert und war mehrere Jahre als Portfoliomanager tätig. Ab 2010 war er maßgeblich am IPO-Projekt der GSW beteiligt und hat den Bereich Investor Relations mit aufgebaut und später direkt an den CFO berichtet. Im Rahmen der Übernahme der GSW durch die Deutsche Wohnen AG wechselte Bergmann 2014 als Teamleiter Portfoliomanagement in die Holding der Deutsche Wohnen. Seit November 2017 arbeitet der gebürtige Berliner bei der Deutschen Industrie REIT-AG. Als Direktor Finanzen hat er den Aufbau dieses Bereiches verantwortet. Seit 1. September 2018 ist er Finanzvorstand (CFO).
Fotos: Clipdealer, Deutsche Industrie REIT-AG