Stefan Knoll, CEO der Deutschen Familienversicherung, müsste den Investoren von Lemonade auf Knien danken – egal wie durchgeknallt sie zurzeit sind. Schließich hat die verrückte Kursrally zum IPO des amerikanischen Online-Versicherers auch die Notiz der Frankfurter – deren Geschäftsmodell Parallelen zu dem von Lemonade (HIER) besitzt – kräftig Richtung Norden befördert. Die Stimmung ist sogar so gut, dass die Deutsche Familienversicherung (DFV) nun 1.326.160 neue Aktien zu je 24,40 Euro platzierte und so die Finanzierungskraft für das weitere Wachstum signifikant verbesserte. Zu rechnen war mit einem solchen Schritt freilich schon etwas länger, so dass die jetzige Maßnahme nicht ganz überraschend kommt. Immerhin musste sich das Team um Stefan Knoll beim Börsengang Ende 2018 noch ordentlich quälen und Rabatt gewähren. Statt der ursprünglich erhofften 59 bis 79 Mio. Euro Brutto-Emissionserlös kamen am Ende „nur“ rund 52 Mio. Euro zusammen – bei einem insgesamt deutlich reduzierten Platzierungsvolumen.
Und ein Selbstläufer auf dem Parkett – wie aktuell Lemonade – war die DFV-Aktie schon mal gar nicht, obwohl die Gesellschaft ein bemerkenswertes Pensum an Präsentationen auf Kapitalmarktkonferenzen hinlegt. Der Durchbruch gelang erst, als das Unternehmen im November 2019 mitteilte, Teil des Konsortiums für die tariflich vereinbarte Pflegezusatzversicherung für die Beschäftigten der Chemie- und Pharma-Industrie sein. Boersengefluester.de hat mehrfach über dieses Projekt berichtet, in dem auch die Hamburger Netfonds AG involviert ist. Nun: Verglichen mit dem, was derzeit in den USA abgeht, ist das ohnehin fast nur eine Marginalie. So schoss der Aktienkurs von Lemonade am zweiten Handelstag in der Spitze auf 96,51 Dollar, was einem Börsenwert von rund 5,4 Mrd. Dollar – das entspricht etwa 4,8 Mrd. Euro – gleichkommt.
Dabei galten die Papiere schon auf ihrem Ausgabepreis von 29 Dollar als gnadenlos teuer. Zurzeit schert das zwar kaum jemanden. Aber es ist wohl so sicher wie das Amen in der Kirche, dass auch hier das Pendel mal umschlägt. Und dann bleibt eigentlich nur zu hoffen, dass die Deutsche Familienversicherung nicht mitgezogen wird. So gesehen ist das Timing der Platzierung gut gewählt. Definitiv positiv: Es handelt sich komplett um neue Anteile aus einer Kapitalerhöhung, aus dem Aktionärskreis hat niemand Kasse gemacht. Auf Basis der erhöhten Aktienstückzahl und einem Kurs von 25,90 Euro kommen die Frankfurter jetzt auf einen Börsenwert von 378 Mio. Euro. Verglichen mit der MarketCap von Lemonade ist das ein gewaltiger Discount. Aber zu sehr sollten die Investoren sich besser gar nicht Richtung USA orientieren. Viel wichtiger ist, dass die Deutsche Familienversicherung operativ gut vorankommt, insbesondere auch was die Vorbereitungen für den Careflex-Deal mit der Chemie- und Pharmabranche angeht. Und dann gibt es ja auch noch das Thema europäische Expansion, was angesichts des geringer als gedachten Emissionserlöses bislang nicht weiter verfolgt wurde – zumindest nicht offiziell.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 70,66 | 66,52 | 90,92 | 114,74 | 155,22 | 183,51 | 119,50 | |
EBITDA1,2 | 2,12 | -2,88 | -2,71 | -7,52 | 2,42 | 4,03 | 7,33 | |
EBITDA-Marge3 | 3,00 | -4,33 | -2,98 | -6,55 | 1,56 | 2,20 | 6,13 | |
EBIT1,4 | 2,12 | -4,10 | -5,20 | -10,56 | -0,81 | 1,67 | 5,72 | |
EBIT-Marge5 | 3,00 | -6,16 | -5,72 | -9,20 | -0,52 | 0,91 | 4,79 | |
Jahresüberschuss1 | 1,48 | -3,34 | -2,10 | -7,43 | -1,70 | 0,99 | 4,16 | |
Netto-Marge6 | 2,09 | -5,02 | -2,31 | -6,48 | -1,10 | 0,54 | 3,48 | |
Cashflow1,7 | 16,62 | 6,63 | 14,33 | 17,67 | 14,62 | 46,35 | 23,40 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,14 | -0,25 | -0,37 | -0,53 | -0,12 | 0,26 | 0,28 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Deloitte |