Heftig, was da zurzeit mit dem Aktienkurs von Deutsche Eigenheim Union geschieht. Seit der Notizaufnahme im Düsseldorfer Primärmarkt Ende 2021 hat der Anteilschein des Projektentwicklers von bezahlbaren Eigenheimen im Großraum Berlin nun im Tief um mehr als die Hälfte an Wert verloren. Gemessen am Anfang Januar auf Xetra erreichten Rekordhoch bei 1,30 Euro, beträgt das Minus sogar 60 Prozent. Damit ist der Börsenwert der Deutsche Eigenheim Union nun auf rund 18,5 Mio. Euro abgestürzt. Boersengefluester.de hat sich daher zu einem ausführlichen Zoom-Meeting mit CFO Christian Pahl verabredet, den manch Anleger vermutlich auch aus seiner zweiten Position als Vorstand des Smartphone-Brokers UniDevice kennt. Den Kurseinbruch kann Pahl – mit einem Anteil von 20 Prozent selbst einer der größten Aktionäre des Unternehmens – operativ nicht nachvollziehen und so hat er auch die „ganz klare Erwartung“, dass die Aktie bald wieder bei 1 Euro steht.
Dem Vernehmen nach handelt es sich um die Verkaufsorder eines einzelnen Investors, der die Notiz zurzeit Richtung Süden zieht. Mit Blick auf die Handelsumsätze müsste dieser Auftrag aber bald abgearbeitet sein. Dem in solchen Fällen üblichen Getuschel um möglicherweise anstehende Finanzierungsmaßnahmen, widerspricht Pahl sehr deutlich: „Wir haben keine Kapitalerhöhung im Sinn.“ Für einen solchen Schritt käme es in der Tat ein wenig zu früh, denn bislang ist die Deutsche Eigenheim Union (DEU) am Kapitalmarkt noch nicht sonderlich bekannt. Grundsätzlich ähnelt das Geschäftsmodell dem von bekannten börsennotierten Unternehmen wie Helma Eigenheimbau oder der im Münchner Spezialsegment m:access gelisteten Traumhaus AG. Allerdings agiert die DEU regional sehr viel fokussierter als die Konkurrenz und bewegt sich mit Kaufpreisen von in der Regel weniger als 300.000 Euro (inklusive Grundstück) auch mindestens 1 Etage unter Helma Eigenheimbau.
Möglich sind solche Preisregionen durch eine sehr standardisierte Bauweise ohne Keller sowie den kompletten Ausschluss von Sonderwünschen – etwa bei Fenstern, Armaturen und Parkettböden. „Das Wichtigste ist die Grundstückspipeline“, sagt Pahl mit Blick auf die Entwicklung der eigenen Margen. Derzeit gibt es gesicherte Projekte für die Errichtung von mehr als 160 Einheiten mit einem kumulierten Verkaufsvolumen von rund 44 Mio. Euro bis Ende 2023. Dabei peilt Pahl für das Jahr 2022 den Sprung in die Gewinnzone mit einem Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) von gut 5 Mio. Euro an. Beinahe überflüssig zu erwähnen, dass die Ankaufsverhandlungen von Grundstücken weiter auf Hochtouren laufen. „Das ist eine Fleißarbeit“, sagt Pahl. Dabei profitiert das Managementteam freilich auch von den guten Szenekontakten aus seiner früheren Zeit im Vorstand von CR Capital, die sich an der Börse als regionaler Immobilienentwickler für günstigen Wohnraum im Umland von Berlin und Leipzig einen Namen machte.
Die typische Losgröße bei der DEU sind Stückzahlen von bis zu 30 Wohneinheiten – also vergleichsweise überschaubare Bauprojekte. Die Grundstücke werden mit eigenem Geld vorfinanziert, angefangen zu bauen wird erst, wenn 100 Prozent der Objekte verkauft sind. In der jetzigen Phase ist das kein Problem, die Vertriebsphase dauert meist nicht weniger als einen Monat und führt in der Regel zu Wartelisten. Die Finanzierung der Hauskäufer wiederum ist nicht das Thema der Berliner – darum müssen sich die Interessenten selbst kümmern. Gecovert wird die Aktie von GBC und der BankM, die den fairen Wert der Aktie bei 1,24 Euro sieht. GBC traut dem Microcap sogar Regionen oberhalb von 1,50 Euro zu.
Auf Dividenden sollten Investoren wohl erst in zwei bis drei Jahren setzen, dann dürften rund 50 Prozent der Erträge ausgeschüttet werden. Summa summarum also ein relativ kugelsicheres Geschäftsmodell, zumindest solange das Team um Vorstandssprecher Christian Pahl keine größeren Risiken in Kauf nimmt, um das Wachstumstempo zu beschleunigen. Mit Blick auf den geringen Börsenwert und die enorme Volatilität des Kurses, ist der Titel aber nur für extrem risikobereite und erfahrene Anleger geeignet.
Ein Geschmäckle ergibt sich bei reinen Listings mit der vorherigen Einbringung von operativ tätigen Unternehmen in das später sichtbare Börsenkonstrukt freilich immer durch das obligatorische Wertgutachten. Im Fall der DEU attestierten die Wirtschaftsprüfer der vollständig eingebrachten Eigenheim Union 1898 AG einen Wert von 36 Mio. Euro. Letztlich gibt es einfach zu viele Stellschrauben, um die Bewertung in die eine oder andere Richtung zu drehen. Entsprechend dürfte ein gewisser Teil des zuletzt so nervösen Kursverlaufs bei dem Titel auch diesem Aspekt geschuldet sein.
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