Textlich und gestalterisch kommen die 26 Seiten HV-Einladung von Deufol ungefähr so spannend rüber wie der Beipackzettel für eine Kopfschmerztablette. Dabei lohnt es sich unbedingt, den Tagesordnungspunkt 8 für die Präsenzveranstaltung am 29. Juni 2023 zumindest zu überfliegen. Immerhin will der Verpackungsdienstleister für die Logistikbranche damit einen Schlussstrich unter ein nun schon seit mehr als zehn Jahre laufendes Verfahren gegen ehemalige Manager wegen Untreue ziehen. Dem Vernehmen nach belaufen sich die geltend gemachten Ansprüche – ohne Berücksichtigung von vermeintlichen Gegenansprüchen – auf zuletzt immerhin mindestens 32,7 Mio. Euro. Eine gewaltige Summe für ein Unternehmen, was an der Börse selbst nur knapp 50 Mio. Euro wert ist. Dabei ist Deufol offiziell bereits seit November 2015 delistet, die Aktien werden jedoch weiterhin im Freiverkehr der Börse Hamburg gehandelt – mitunter sogar mit nennenswerten Umsätzen.
Operativ hat sich Deufol in den vergangenen Jahren robust entwickelt und zeigt für 2022 sogar richtig gute Zahlen. Immerhin kam der Überschuss von 1,93 auf 7,01 Mio. Euro voran. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) verbesserte sich von 27,48 auf 34,03 Mio. Euro voran. Vor diesem Hintergrund sehen auch die grundsätzlich noch immer recht hohen Netto-Finanzverbindlichkeiten von rund 71 Mio. Euro nicht zu dramatisch aus. Kritisch wird es nach den geläufigen Faustformeln erst, wenn die zinstragenden Schulden vier- bis fünfmal so hoch sind wie das EBITDA. Nun: Für das vergangene Geschäftsjahr will Deufol sogar erstmals seit 2018 wieder eine Dividende zahlen. Auf der Hauptversammlungs-Agenda steht eine Ausschüttung von 0,03 Euro, womit es der Titel auf eine Rendite von immerhin 2,6 Prozent bringen würden.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | |
EBITDA1,2 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | |
EBITDA-Marge3 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | |
EBIT1,4 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | |
EBIT-Marge5 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | |
Jahresüberschuss1 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | |
Netto-Marge6 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | |
Cashflow1,7 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
Doch zurück zum eigentlich interessanten Punkt – der Vergleichsofferte Richtung frühere Mitarbeiter: Demnach will Deufol gegen eine Ausgleichszahlung von aufsummiert 11 Mio. Euro plus die Übertragung von 628.017 Deufol-Aktien (entsprechend etwa 1,43 Prozent der gesamten Aktienzahl) durch Manfred Wagner sämtliche Streitpunkte ad acta legen. Grundsätzlich akzeptiert Deufol also einen erheblichen finanziellen Abschlag, umschifft damit aber das ebenfalls nicht unerhebliche Prozessrisiko. Zudem wäre das leidige und zähe Thema damit endlich vom Tisch. Ein Umstand, den die Börse normalerweise positiv werten müsste. Immerhin entsprechen die 11 Mio. Euro Vergleichszahlung rund 0,25 Euro Sonderertrag je Aktie – und das bei einem Aktienkurs von 1,14 Euro.
Rückenwind kommt dabei auch von der rein operativen Seite. So rechnet der die Gesellschaft für 2023 mit Umsätzen zwischen 270 und 295 Mio. Euro sowie einem EBIT in einer Bandbreite von 10 bis 15 Mio. Euro – nach 13,22 Mio. Euro im Jahr zuvor. Grob vereinfacht sollte Deufol für 2023 also ungefähr auf dem erfreulich hohen Niveau von 2022 abschließen. Interessant in diesem Zusammenhang auch, dass die Deufol-Aktie zu gerade einmal etwas mehr als 40 Prozent des Buchwerts gehandelt wird. Erfahrene Nebenwerte-Investoren sollten sich die Aktie also ruhig einmal näher ansehen, selbst wenn es offenbar noch eine größere Adresse gibt, die ihren Bestand abbauen möchte. Positiv auf jeden Fall, dass Deufol trotz des Delistings weiterhin gute Geschäftsberichte mit vielen Kennzahlen veröffentlicht. „Mit dem Abschluss des Vergleichs schließen wir ein äußerst schmerzhaftes und zähes Kapitel unserer Unternehmensgeschichte. Die gewonnenen Freiräume wollen wir fokussiert nutzen, um sowohl unsere physischen als auch digitalen End-to-End Lösungen international weiter voranzutreiben und zu expandieren“, sagt CEO Dennis Hübner.
Foto: Unsplash+
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