Wie bei so vielen Aktien: Auch der Anteilschein von Dermapharm Holding ging im Abschlussquartal 2018 deutlich in die Knie und zieht seit Januar wieder massiv nach oben. Mit knapp 31 Euro erreichte die Notiz kürzlich sogar ein Rekordhoch und hat sich damit signifikant über den Emissionspreis von 28 Euro vom Februar 2018 gesetzt. Insofern also der ganz normale Börsenalltag. Einen Aufreger gab es aber doch, als der Berliner Anbieter Aristo Pharma Ende 2018 mit einer – nach Auffassung von Dermapharm – nicht regulären Zulassung für sein Vitamin D-Präparat Colecalciferol gegen den Dermapharm-Verkaufsschlager Dekristol auf den Markt ging (siehe dazu auch den Bericht auf apotheke adhoc). Momentan liegt die Akte vor Gericht.
Im jetzt vorgelegten Geschäftsbericht 2018 thematisiert das in Grünwald bei München ansässige Unternehmen den Disput nicht explizit, allerdings gibt es im Risikobericht zumindest eine grundsätzliche Erwähnung: „Es gibt keine Garantie dafür, dass die Umsätze mit Dekristol® 20 000 I.E. auf dem derzeitigen Niveau weiter wachsen oder nachhaltig konstant bleiben. Gründe hierfür können nachteilige Veränderungen der Marktbedingungen, eine Verringerung der Kaufkraft von Patienten für Selbstzahlerprodukte, Wettbewerb, die Etablierung alternativer Behandlungsformen sowie behördliche Maßnahmen sein.“ Investoren sollten die weitere Entwicklung hier zumindest auf dem Schirm haben, auch wenn Dermapharm das maximale Risiko auf das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) in einem „niedrigen einstelligen Prozentbereich“ ansiedelt.
Ansonsten ist definitiv positiv, dass der Börsenneuling seine Prognosen eingelöst hat: 2018 kamen die Erlöse um 22,5 Prozent auf 572,42 Mio. Euro voran. Das EBITDA kletterte um annähernd 26,6 Prozent auf 139,63 Mio. Euro. Avisiert hatte CEO Hans-Georg Feldmeier einen Umsatzanstieg in einer Bandbreite zwischen 20 und 25 Prozent, beim EBITDA ging er von einem Zuwachs von 22 bis 27 Prozent aus. „Wir sehen Dermapharm operativ wie auch strategisch voll auf Kurs“, sagt Feldmeier. Dabei basiert die Strategie des Unternehmens auf den drei Eckpfeilern hauseigene Produktentwicklung, Internationalisierung und Wachstum durch Zukäufe. Das Thema Akquisitionen hat Dermapharma 2018 über den Erwerb des auf Nahrungsergänzungsmittel spezialisierten Unternehmens Trommsdorff sowie den Einstieg bei Strathmann aus Hamburg forciert. Zuletzt folgten die Übernahmen der auf pflanzliche Arzneimittel fokussierten Euromed aus Spanien sowie ein Engagement bei dem niederländischen Cannabisproduzenten FYBA.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 467,12 | 572,42 | 700,88 | 793,83 | 942,91 | 1.024,78 | 1.135,35 | |
EBITDA1,2 | 108,60 | 139,63 | 168,53 | 184,52 | 354,07 | 344,87 | 287,48 | |
EBITDA-Marge3 | 23,25 | 24,39 | 24,05 | 23,24 | 37,55 | 33,65 | 25,32 | |
EBIT1,4 | 92,12 | 107,51 | 119,51 | 136,85 | 298,47 | 243,69 | 182,89 | |
EBIT-Marge5 | 19,72 | 18,78 | 17,05 | 17,24 | 31,65 | 23,78 | 16,11 | |
Jahresüberschuss1 | 77,74 | 75,23 | 77,81 | 85,93 | 208,90 | 132,62 | 60,53 | |
Netto-Marge6 | 16,64 | 13,14 | 11,10 | 10,82 | 22,16 | 12,94 | 5,33 | |
Cashflow1,7 | 86,74 | 159,13 | 100,61 | 131,10 | 250,37 | 288,53 | 219,42 | |
Ergebnis je Aktie8 | 1,56 | 1,41 | 1,43 | 1,59 | 3,89 | 2,49 | 1,16 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,77 | 0,80 | 0,88 | 2,17 | 1,05 | 0,88 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Grant Thornton |
Man muss kein Prophet sein um zu erahnen, dass insbesondere die FYBA-Transaktion für Gesprächsstoff in der Börsenszene sorgte und die Dermapharm-Aktie zumindest kurzfristig in die Ecke der zahllosen Cannabis-Profiteure rückte. Dabei hört sich die offizielle Begründung wesentlich bodenständiger an: „Wir werden zukünftig das von FYTA hergestellte medizinische Cannabis vertreiben mit dem Ziel, langfristig unser Produktportfolio in diesem Bereich auszubauen. Daher stellt die Beteiligung eine passende Ergänzung im neuen Therapiegebiet Schmerzbehandlung dar.“ Klingt also alles nach einer runden Börsenstory, auch wenn Dermapharma keinen klassischen Blockbuster im Programm hat. Und Hand aufs Herz: Wohl kaum jemand würde schätzen, dass die Gesellschaft auf eine Marktkapitalisierung von 1,61 Mrd. Euro kommt. Etwas mehr als drei Viertel davon sind – über die Themis Beteiligungs-Aktiengesellschaft – der Familie des Pharmamilliardärs Wilhelm Beier zuzurechnen.
Der darf sich – wie auch alle anderen Dermapharm-Aktionäre – über eine etwas höher als von boersengefluester.de vermutete Dividende von 0,77 Euro je Aktie zur Hauptversammlung am 4. Juni 2019 freuen. Immerhin kommt der Titel damit auf eine Rendite von knapp 2,6 Prozent. Für das laufende Jahr stellt CEO Feldmeier einen Anstieg des Konzernumsatzes um 14 bis 19 Prozent auf dann bis zu 680 Mio. Euro in Aussicht. Das EBITDA soll den Vorjahreswert um 17 bis 22 Prozent übersteigen, was im Idealfall auf ein operatives Ergebnis von 170 Mio. Euro hinauslaufen würde. Zum Vergleich: Inklusive der Netto-Finanzverbindlichkeiten türmt sich der Unternehmenswert der im Prime Standard notierten Gesellschaft auf das 10,4-fache des von uns für 2019 erwarteten EBITDA. Nicht unbedingt ein niedriger Wert, der sich aber weitgehend mit der Einstufung von Stada Arzneimittel deckt. Für Langfristanleger bleibt der Titel somit eine gute Option, zumal Dermapharm – bei einer Ausweitung Streubesitzes – schnell zu den erweiterten Kandidaten für eine SDAX-Aufnahme gilt. Unser Tipp: Spekulativer orientierte Investoren greifen zum Hebelpapapier auf die Dermapharm-Aktie, etwa dem Turbo der DZ BANK mit der WKN DGZ541 (Hebel von 2,25). Die Knock-Out-Barriere liegt bei 18,506 Euro – ist also in komfortabler Distanz.[/sws_yellow_box]
Fotos: Clipdealer, Dermapharm AG,