Die durchschnittliche jährliche Rendite des S&P500 seit 1928 beträgt 9,8 Prozent, welche der Index in 2017 nun bereits im Juni kurzzeitig überschritten hat. Ein Blick auf den US-Markt zeigt, dass die Kurse der Blue Chips deutlich stärker steigen als die der Nebenwerte. Der Russel 2000 Index als Benchmark für Small Caps schneidet mit einem Plus von nur 3,9 Prozent viel schwächer ab als S&P500 oder Dow Jones mit einem Zuwachs von 8,8 Prozent seit Jahresbeginn.
Das Gegenteil in Deutschland: Dort lassen die Indizes MDAX (+13,7 Prozent) und SDAX (+17,3 Prozent) den DAX mit einem Anstieg von „nur“ 11 Prozent seit Jahresbeginn klar hinter sich. Ist dies nun ein Indikator hierfür, dass die deutsche Wirtschaft gesünder als die US-Wirtschaft wächst? Zumindest zeigt es die Abhängigkeit der US-Wirtschaft von wenigen sehr großen Unternehmen, wie zum Beispiel, den FAANG-Werten (Facebook, Apple, Amazon, Netflix und Google). Im Durchschnitt gewannen diese Werte seit Jahresbeginn um 25,7 Prozent an Wert, was der Dreifachen Rendite des Dow Jones entspricht. Das ist auch ein markanter Aufschlag zum Nasdaq100, der bislang um 17,7 Prozent zulegen konnte. Wie viel Einfluss diese Aktien haben, zeigt ein Vergleich mit dem deutschen Aktienmarkt: Die Marktkapitalisierung der FAANG Aktien von 1,83 Billionen Euro übertrifft die Marktkapitalisierung der gesamten DAX Familie (DAX, TecDAX, MDAX, SDAX) mit 1,71 Billionen Euro um mehr als 100 Milliarden Euro.
Das Wachstum für Unternehmen dieser Größe ist beinahe beängstigend. Amazons Aktienkurs allein verdreifachte sich seit Anfang 2015 und notiert momentan am Allzeithoch bei rund 1.000 Dollar. Amazons Zukauf von Wholefoods in der vergangenen Woche schreckte den kompletten Sektor – inklusive Hauptkonkurrent Wal-Mart – auf. Wal-Mart ist mit 2,3 Millionen Mitarbeitern der größte private Arbeitgeber weltweit und auch das global umsatzstärkste Unternehmen. Der Aktienkurs von Wal-Mart sackte, als die Nachricht publik wurde, um 6 Prozent ab und zeigt, wie heikel die Offerte für Walt-Mart. Die Befürchtung der Investoren: Amazon wird Wholefoods hochpreisige Produkte vielleicht günstiger anbieten, um Wal-Mart Kunden abzugreifen.
Zusätzlich greifen die Discounter Aldi und Lidl den Branchenführer Wal-Mart am unteren Ende der Preisskala an. Lidl versucht erst seit kurzem den Einstieg in den US-Markt zu schaffen. Für Aldi werden die Vereinigten Staaten in zwei Jahren vermutlich bereits der wichtigste Standort werden und den Heimatmarkt Deutschland überholen. Damit nicht genug: Amazons strategischer Zukauf könnte sogar noch größere Auswirkungen haben. Die Konkurrenz könnte mit Preissenkungen oder einem Strategiewechsel reagieren. Angesichts der Tatsache, dass Lebensmittel einen signifikanten Anteil am Warenkorb zur Ermittlung der Inflationsrate stellen, würde dies deflationäre Tendenzen mit sich ziehen. Die Lebensmittelindustrie kann dabei einen ähnlichen Weg gehen, wie wir es momentan im Elektroniksektor wiederfinden, in welchem Media Markt und Co. im harten Wettbewerb mit Onlinehändlern stehen.
Eine mögliche Abwärtsspirale der Inflation durch dauerhaft niedrige Preise und technologischen Fortschritt kann sogar zukünftige Leitzinsentscheidungen beeinflussen. In einer Welt mit stetig steigenden Schulden, will die FED vor allem verhindern, dass es nicht zu deflationären Tendenzen kommt, wie es in Japan in den vergangenen 30 Jahren zu sehen war.
Manuel Suckart studierte Finanzmärkte in Deutschland und in Belgien. Seit zwei Jahren arbeitet er für den niederländischen Onlinebroker DEGIRO im Bereich Business-Development in Amsterdam. Dabei ist er für den Ausbau der Marktstellung in der DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) mitverantwortlich. Zusätzlich ist er Kolumnist bei diversen Finanzportalen und schreibt über allgemeine Kapitalmarktthemen sowie marktrelevante Ereignisse.
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