Als Portfoliomanager Lukas Spang vor wenigen Tagen eine Umfrage auf Twitter nach den drei besten Vorständen aus dem Small- und Microcap-Bereich startete, stand ein Name bei fast allen Teilnehmern auf der Liste: Matthias Schrade, CEO von DEFAMA Deutsche Fachmarkt. User Borsti hatte auch gleich die passende Begründung für die enorme Popularität von Schrade parat: „Auf Twitter macht er 365 Tage im Jahr Hauptversammlung mit Fragerecht für jeden, der twittern kann.“ Tatsächlich ist es aber wohl eher eine Kombination aus quirliger IR-Arbeit und solider Handwerksarbeit im operativen Geschäft – also dem Kauf von Immobilien für Supermärkte oder auch kleineren Einkaufszentren. All das mündet dann in einem sehr verlässlichen und ruhigem Kursverlauf der DEFAMA-Aktie von links unten nach rechts oben. Wilde Kurssprünge sind eher die Ausnahme, etwa zu Beginn der Corona-Krise. Aber auch davon hat sich der Anteilschein im Rekordtempo erholt.
Mittlerweile kommt DEFAMA auf einen Börsenwert von fast 93 Mio. Euro und hat damit Sichtkontakt zur 100-Millionen-Euro-Marke aufgenommen. „Das ist eine Schwelle, die schon eine gewisse Bedeutung hat. Man wächst einfach in eine andere Gruppe von Small Caps“, sagt Schrade im Hintergrundgespräch mit boersengefluester.de. Zur Einordnung: Zum Handelsstart im Münchner Freiverkehr Mitte Juli 2016 kam DEFAMA gerade einmal auf eine Marktkapitalisierung von knapp 13,5 Mio. Euro. Damals freilich noch bei einer etwas geringeren Aktienstückzahl, aber geschenkt. Inklusive Dividenden türmt sich die Performance seit der Notizaufnahme auf beachtliche 614 Prozent. Kein Wunder, dass der früher nur Insidern bekannte Titel mittlerweile von namhaften Analysehäusern gecovert wird und die Presseschau besser gefüllt ist, als bei so manchem SDAX- oder gar MDAX-Konzern.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 5,83 | 9,09 | 11,21 | 14,57 | 17,13 | 20,23 | 23,34 | |
EBITDA1,2 | 3,89 | 5,53 | 7,04 | 8,99 | 13,35 | 15,18 | 15,54 | |
EBITDA-Marge3 | 66,72 | 60,84 | 62,80 | 61,70 | 77,93 | 75,04 | 66,58 | |
EBIT1,4 | 2,70 | 3,59 | 4,50 | 5,62 | 9,11 | 10,08 | 9,70 | |
EBIT-Marge5 | 46,31 | 39,49 | 40,14 | 38,57 | 53,18 | 49,83 | 41,56 | |
Jahresüberschuss1 | 1,36 | 1,70 | 2,07 | 2,51 | 5,04 | 5,40 | 4,17 | |
Netto-Marge6 | 23,33 | 18,70 | 18,47 | 17,23 | 29,42 | 26,69 | 17,87 | |
Cashflow1,7 | 1,36 | 3,42 | 3,80 | 4,96 | 7,41 | 10,86 | 12,95 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,38 | 0,46 | 0,51 | 0,57 | 1,14 | 1,15 | 0,87 | |
Dividende8 | 0,34 | 0,40 | 0,45 | 0,48 | 0,51 | 0,54 | 0,57 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Kowert, Schwanke & von Schwerin |
Das Erfolgsgeheimnis von Schrade ist vermutlich, dass er mit viel Hingabe ein kleinteiliges Geschäft betreibt, für das sich sonst kaum noch jemand die Zeit nimmt. Dabei dauert es mitunter Jahre, bis einzelne Deals zu den gewünschten finanziellen Konditionen zustande kommen. Mittlerweile umfasst der Bestand 45 Standorte, meist in kleinen bis mittelgroßen Städten in Nord‐ und Ostdeutschland mit knapp 200.000 qm Nutzfläche – das entspricht ungefähr der Ausdehnung von 28 Fußballfeldern –, die wiederum zu gut 94 Prozent vermietet sind. Objekte mit größerem Leerstand oder höherem Investitionsbedarf, an die sich der große Marktbegleiter Deutsche Konsum REIT um Hansa Rostock-Sponsor Rolf Elgeti gerne mal herantraut, sind also nicht so sehr das Ding von DEFAMA. Ausgeschlossen sind solche Themen aber nicht, wie etwa der große Umbau des Einkaufscenters in Radeberg oder das kürzlich für 8 Mio. Euro erworbene HanseCenter in Gardelegen (Sachsen-Anhalt) zeigen.
„Wenn wir unser Portfolio als Ganzes auf den Markt bringen würden, da würden sich viele die Finger nach schlecken“, sagt Schrade. Entsprechend ist die DEFAMA-Aktie für ihn auch auf dem aktuellen Niveau so günstig bewertet, wie lange nicht. Konkret werden die Berliner zurzeit etwa mit dem 12,5fachen des annualisierten Cashflows aus dem Stammgeschäft (Funds From Operations, oder kurz FFO) gehandelt. Im Schnitt der vergangenen 2,5 Jahre lag dieser Faktor eher bei gut 13. Rückgerechnet bis zur Notizaufnahme kommt die DEFAMA-Aktie auf ein Multiple von etwas mehr als 12. Beachtlich: Die Deutsche Konsum REIT (DKR) als potenzieller SDAX-Kandidat wird momentan nur mit dem knapp Elffachen des aufs Jahr hochgerechneten FFO gehandelt. So gesehen werden für die DEFAMA-Aktie ein wenig auch Knappheitspreise aufgerufen. Andererseits stehen bei der DKR noch zwei Wandelanleihen aus, durch die sich die Aktienzahl bei voller Ausübung signifikant erhöhen wird – mit Auswirkungen auf das FFO-Multiple, was dann eher Richtung 16 gehen würde.
Alarm müssen DKR-Aktionäre deswegen nicht schlagen, schon allein wegen der schieren Größe hat der Titel einen Bonus verdient. Losgelöst davon peilt DEFAMA zügig weitere FFO-Verbesserungen an, die die Bewertung deutlich unter die Marke von 12 drücken würden. Die Dividendenrendite bei DEFAMA liegt derweil etwas oberhalb von zwei Prozent, was in Ordnung ist – aber eben auch nicht unbedingt überdurchschnittlich. Langfristig orientierte Investoren setzen darauf, dass die im m:access – einem Spezialsegment der Münchner Börse – gelistete Gesellschaft ihre Ausschüttung auch in den kommenden Jahren kontinuierlich erhöhen wird. Insgesamt bleibt DEFAMA eine solide Depotbeimischung, auch für Anleger, die nicht bei Twitter unterwegs sind. Und wer weiß: Vielleicht bietet die Deutsche Konsum REIT ja eines Tages für das komplette Portfolio von DEFAMA. Dann wäre wohl nochmal ein deutlicher Aufschlag fällig. Allerdings: Noch dürfte auch Rolf Elgeti ausreichend Objekte finden, die günstiger für ihn zu haben sind.
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