Mit einer Marktkapitalisierung von knapp 400 Mio. Euro gehört Datagroup zu den fünf größten Firmen aus dem Frankfurter Spezialsegment Scale. Entsprechend ausgeprägt ist das Interesse der Investoren an dem IT-Service-Dienstleister. Fakt ist aber auch, dass der Börsenwert schon einmal sehr viel höher war – insbesondere in der Boomphase 2021, als Corona auch die Aktienkurse von IT-Companys kräftig anschob. Immerhin erzielte Datagroup mit Impfzentren damals markante Umsatzerlöse. Nun: Gefühlt ist das schon eine Ewigkeit her. Momentan befindet sich die Gesellschaft aus Pliezhausen in einer ausgeprägten Investitionsphase, um bei wichtigen Themen wie Künstliche Intelligenz (KI), Cyber Security und auch Cloud Services möglichst gut aufgestellt zu sein. Die sich hieraus ergebenden Chancen sind enorm und werden an der Börse derzeit nur unzureichend honoriert. Im Interview mit boersengefluester.de sagt CEO Andreas Baresel, warum insbesondere der Bereich KI für Datagroup zum Game-Changer werden kann, wie es operativ zurzeit läuft und wie die aktuelle Akquisitionsstrategie aussieht. Last but not least geht es um den Aktienkurs der Datagroup sowie die Einschätzungen der Analysten.
Herr Baresel, in der Aktien-Datenbank von boersengefluester.de sind allein 20 Unternehmen aus Deutschland dem Bereich „IT-Services“ zugeschlüsselt. Was sind die wesentlichen Eckpunkte der Equity-Story von Datagroup?
Andreas Baresel: Mit der fortschreitenden Digitalisierung wachsen für die Unternehmen die Anforderungen im IT-Bereich. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen müssen sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren und haben oft weder das Personal noch die Expertise, sich adäquat um ihre IT zu kümmern. Während viele Wettbewerber sich auf bestimmte IT-Dienstleistungen spezialisieren, haben wir uns als Full-Service-Anbieter für den deutschen Mittelstand etabliert. Unsere Kunden vertrauen auf uns für einen sorgenfreien IT-Betrieb. Und mit der strategischen Fokussierung auf die drei Entwicklungsfelder Künstliche Intelligenz, Cyber Security und Cloud – inklusive Integration dieser in die neueste Generation unseres IT-Service-Portfolios CORBOX – bieten wir weitere innovative Services technologisch nah am Puls der Zeit.
Der Aktien-Chart der Datagroup zeigt seit Anfang 2022 merklich nach unten. Zugegeben: Das gilt nahezu für den gesamten IT-Service-Sektor. Welche Erklärungen haben Sie dafür? Ist die Branche nicht mehr sexy für Anleger?
Andreas Baresel: Die Entwicklung der deutschen Small und Mid Caps aus dem IT-Service-Segment an der Börse ist nach wie vor schwach. Doch der Kurs der Datagroup-Aktie hat sich nach dem Tief vom März inzwischen gefangen und um rund 15 Prozent zugelegt. Auch weil wir liefern, was wir versprochen haben: Wie auf der Hauptversammlung Mitte März in Aussicht gestellt, zieht das Wachstum inzwischen an und der hohe Auftragseingang sorgt für steigende Umsätze. Weil sich der Erfolg unserer strategischen Ausrichtung damit abzeichnet, gehen wir fest davon aus, dass der Kurs der Datagroup-Aktie mittelfristig weiter zulegen wird. Auch unsere Analysten rechnen mit deutlich steigenden Kursen wie die Kursziele zwischen 68,50 Euro und 86,00 Euro zeigen.
Datagroup befindet sich mitten in einer Investitionsphase, um die von Ihnen bereits angesprochenen Zukunftsthemen KI, Cyber Security und auch Cloud Services zu stärken. Können Sie das bitte etwas näher erläutern: Um welche Summen geht es hier, wie hängt das alles zusammen und wo steht Datagroup zurzeit?
Andreas Baresel: Im laufenden Geschäftsjahr wollen wir rund 6 Millionen Euro in die genannten Bereiche investieren, denn wir sehen hier großes Wachstumspotenzial. Mit dem Einsatz von KI können wir zum Beispiel unsere CORBOX IT-Services noch deutlich effizienter machen und unsere Servicekapazitäten ohne personelle Aufstockung und zu minimalen Kosten deutlich ausbauen. Im Bereich Cyber Security dürften vor allem die zunehmenden regulatorischen Anforderungen an Unternehmen bei uns für wachsende Nachfrage sorgen, denn die steigenden Sicherheits-Anforderungen können von vielen Kunden auf eigenen Infrastrukturen nicht mehr geleistet werden. Gleichzeitig werden immer mehr Betriebs- und Transformationsservices in die Cloud verlagert und die Anforderung werden immer spezifischer, so dass Multi-Cloud-Services nach meiner Einschätzung zum dominierenden Betriebsmodell werden. Und von dieser Entwicklung wollen wir als Multi-Cloud-Orchestrierer sowie als Lieferant von Regulatorik-konformen Cloud Services natürlich ebenfalls profitieren.
Mit dem Schlagwort KI werben derzeit viele Gesellschaften. Was plant Datagroup im Bereich Künstliche Intelligenz konkret und welche Mehrwerte wollen Sie Ihren Kunden künftig bieten?
Andreas Baresel: KI ist als Technologiefeld für die Wachstumsdynamik von Datagroup und unsere führende Rolle im IT-Servicemarkt in Deutschland entscheidend, denn sie macht unser Geschäftsmodell noch skalierbarer und produktiver. Aus diesem Grund haben wir die KI-Plattform HIRO erworben, die als eigene, lokale KI-Technologie geschützt und sicher in unserer CORBOX-Automatisierungsumgebung integriert ist. Wir trainieren HIRO mit Daten aus unserer IT-Serviceproduktion und dem Wissen unserer Experten, um damit menschliche Problemlösungsfähigkeit und Entscheidungsfindung abzubilden. Aus menschlichem Wissen werden so eigene Lösungen zusammengebaut. Als virtueller Assistent kann die KI künftig Serviceanfragen von Kunden vorsortieren und bis zu 70 Prozent der Standardanfragen automatisiert bearbeiten bzw. beantworten. Das verschafft unseren Servicemitarbeitern Freiräume, die sie für den individuellen Support in speziellen Fragen nutzen können.
Traditionell wächst Datagroup stark über Akquisitionen. Seit dem Börsengang 2006 haben Sie mehr als 30 Firmen übernommen. Was muss ein Unternehmen momentan ganz besonders mitbringen, damit es für Datagroup interessant wird?
Andreas Baresel: Oberstes Ziel unserer M&A-Strategie war und ist es, dauerhaft zusätzlichen Wert für unsere Aktionärinnen und Aktionäre zu schaffen. Zukünftige Zukäufe müssen also das Potenzial haben, unter unserem Dach stärker als bisher zu wachsen und idealerweise durch Erweiterung unseres Gesamtportfolios zusätzliches Potenzial zu entfalten. Wir halten daher Ausschau nach regionalen Systemhäusern auf dem Weg zum IT-Service-Provider, nach Firmen, die unsere Expertise im CORBOX-Kerngeschäft stärken, sowie nach IT-Dienstleistern, die interessante Kunden im neu geschaffenen KMU-Zielmarkt mitbringen oder unsere Digitalisierungskompetenz erweitern.
Steht aktuell etwas an in Sachen Zukauf? Wollen und können Sie dieses Tempo auf der Akquisitionsseite überhaupt aufrechterhalten?
Andreas Baresel: Seit unserem Börsengang 2006 haben wir bereits 34 Unternehmen übernommen und erfolgreich eingegliedert. Darauf sind wir sehr stolz! Wir wollen uns künftig aber wieder stärker auf organisches Wachstum durch Cross- und Upselling in der bestehenden Kundenbasis sowie durch Neukundenakquise fokussieren. Denn anorganisches Wachstum ist durch die deutlich gestiegenen Bewertungsmultiples und höhere Finanzierungskosten aktuell wesentlich teurer als früher. Zudem sollten wir, wie schon erwähnt, unsere Kapazitäten durch den Einsatz von KI auch ohne externe Verstärkung deutlich ausweiten können.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 223,14 | 272,10 | 306,77 | 358,21 | 444,71 | 501,41 | 497,79 | |
EBITDA1,2 | 27,04 | 34,46 | 46,88 | 41,81 | 67,29 | 76,46 | 80,23 | |
EBITDA-Marge3 | 12,12 | 12,66 | 15,28 | 11,67 | 15,13 | 15,25 | 16,12 | |
EBIT1,4 | 18,59 | 20,42 | 23,63 | 8,99 | 29,06 | 41,45 | 45,32 | |
EBIT-Marge5 | 8,33 | 7,50 | 7,70 | 2,51 | 6,54 | 8,27 | 9,10 | |
Jahresüberschuss1 | 11,20 | 12,87 | 14,51 | 0,25 | 21,01 | 22,03 | 28,27 | |
Netto-Marge6 | 5,02 | 4,73 | 4,73 | 0,07 | 4,72 | 4,39 | 5,68 | |
Cashflow1,7 | 32,48 | 18,99 | 4,52 | 21,68 | 49,99 | 70,25 | 46,66 | |
Ergebnis je Aktie8 | 1,41 | 1,55 | 1,76 | 0,02 | 2,52 | 2,64 | 3,39 | |
Dividende8 | 0,45 | 0,60 | 0,70 | 0,00 | 1,00 | 1,10 | 1,50 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Bansbach |
Wie sehen die wirtschaftlichen Ziele für das laufende Geschäftsjahr aus?
Andreas Baresel: Wir wollen in diesem Jahr und mittelfristig weiter nachhaltig wachsen. Dafür sehen wir die bereits genannten Investitionen in Zukunftstechnologien als entscheidend an. Beim eben schon erläuterten organischen Wachstum im CORBOX-Kerngeschäft liegen wir mit einem Auftragseingang von deutlich über 20 Millionen Euro zum Geschäftsjahreshalbjahr bereits deutlich über dem Wert des gesamten Geschäftsjahres 2022/23 und der Auftragseingang ist anhaltend gut. Für dieses Geschäftsjahr liegt unsere Guidance bei einem Umsatz in der Spanne von 510 bis 530 Millionen Euro, einem EBITDA von 77 bis 81 Millionen Euro und einem EBIT zwischen 43 und 46 Millionen Euro. Mit dieser Prognose fühlen wir uns sehr wohl.
Am 13. August stehen die Neun-Monats-Zahlen an. Ist schon klar, dass Sie hier keine Zahlen vorab verraten dürfen. Aber wie sieht es mit einer unverfänglichen Tendenzaussage aus?
Andreas Baresel: Wie erwartet schlägt sich der starke Auftragseingang in allmählich steigenden Umsätzen nieder und die Nachfrage ist weiterhin auf erfreulich hohem Niveau. Und wir sehen derzeit keinen Grund für eine Trendänderung. Deshalb bestätigen wir die kommunizierte Guidance weiterhin vollumfänglich.
Was unterschätzt die Börse Ihrer Meinung nach zurzeit am meisten bei der Beurteilung der Datagroup-Aktie?
Andreas Baresel: Ich denke, das ist zum einen unser immer erfolgreicheres CORBOX-Kerngeschäft mit langlaufenden Vertragsumsätzen, das bei anhaltend starker Nachfrage und laufenden Vertragsverlängerungen ein sehr verlässlicher Wachstumsmotor ist. Und zum zweiten sind es unsere Anstrengungen im Bereich Künstliche Intelligenz, Cyber Security und Cloud. Wir investieren stark in diese Themen, weil wir auch künftig ganz vorne mitspielen und weiter wachsen wollen. Die Verwendung dieser Zukunftstechnologien ermöglicht es uns, unser Produktangebot auszuweiten und unsere Wettbewerbsfähigkeit im Neukundengeschäft zu steigern. Sie bilden damit die Basis für zukünftig beschleunigtes Wachstum. Vor allem der Einsatz von KI kann für uns als IT-Full-Service-Anbieter zum echten Game-Changer werden.
Herr Baresel, vielen Dank für das Interview!
Andreas Baresel ist seit März 2022 Vorstandsvorsitzender (CEO) der Datagroup SE und war davor seit 2018 Mitglied des Vorstands. Er ist für die Ressorts Finanzen, Investor Relations, Mergers & Acquisitions sowie für das Portfolio verantwortlich. Nach seinem Studium der Betriebswirtschaftslehre hatte Andreas Baresel verschiedene leitende Positionen mit den Schwerpunkten Business Development und Portfolio-Entwicklung im Bereich IT-Consulting und Managed IT-Services inne. Er kam 2012 mit dem Kauf der Datagroup Business Solutions GmbH (ehemals Consinto GmbH) ins Unternehmen.
Fotos: Datagroup SE (© Klaus Mellenthin), Adobe Stock
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