Dafür braucht es gar keine tiefe Recherche: Wer sich Aktien von deutschen Biotechnologie-Unternehmen ins Depot geholt hat, fuhr auf die lange Sicht eigentlich nur mit den Schwergewichten Morphosys, Evotec und Qiagen gut. Im Small Cap-Bereich überwiegen definitiv die Enttäuschungen, wie die Pleite von Mologen zuletzt nochmal unterstrichen hat. Trotzdem: Boersengefluester.de hält es für eine gute Idee, sich mal wieder mit dem Anteilschein von CytoTools zu befassen – auch wenn die Gesellschaft mit einem Börsenwert von weniger als 35 Mio. Euro sogar zu den heimischen Biotech-Titeln mit der kleinsten Marktkapitalisierung zählt. CytoTools – da war doch was? Ja genau: Das ist die Gesellschaft, die Ende 2015 bei einem europäischen Zulassungsprozess in der Phase III krachend scheiterte, weil der Zulieferer die Dosierung des Medikaments DermaPro zur Behandlung des diabetischen Fußes viel zu gering mischte, so dass die – in den vorherigen Tests stets überzeugende – Heilungswirkung bei den meist großflächigen Wunden radikal abfiel.
Eine Katastrophe für CytoTools und die Aktionäre: Damals rauschte die Notiz an einem einzigen Tag um 88 Prozent in den Keller und pulverisierte fast 80 Mio. Euro an Börsenwert. Quasi bis heute hat sich die Aktie nicht nachhaltig von dem Schock erholt. Dabei galt die Company einmal als extrem heiße Nummer, für die sich sogar US-Investoren brennend interessierten. Nun könnte das Interesse aber allmählich zurückkehren, jedenfalls gab es zuletzt Meldungen, die aufhorchen lassen: Ende Oktober 2019 hat CytoTools etwa die Marktzulassung für das Präparat DermaPro in Indien erhalten (HIER). Zudem bestätigten sich die bisherigen Erwartungen bei der europäischen Dosisfindungsstudie für die Wundbehandlung mit DermaPro (HIER). Last but not least sorgten bei der Tochter CytoPharma erfolgreiche Tierversuche bei der Behandlung von Krebs für Aufmerksamkeit (HIER). Angesichts dieser Entwicklungen hat sich boersengefluester.de zu einem Trip nach Darmstadt in die Firmenzentrale von CytoTools aufgemacht und dort mit CEO Mark-Andre Freyberg gesprochen. Klang alles sehr überzeugend, was Freyberg gut 1,5 Stunden zu berichten hatte. Bemerkenswert auch, wie offen er über die Hintergründe des damaligen Dosierungsdesasters spricht.
Was ist nun wichtig aus Anlegersicht? Mit der Auslizensierung an den lokalen Partner Centaur und dem für vermutlich für das zweiten Quartal 2020 zu erwartenden Marktstart in Indien sollten spätestens ab 2021 signifikante Erlösströme fließen. Immerhin hat Centaur allein 150 Vertriebler nur für DermaPro eingestellt. Wesentlich wichtiger ist jedoch, dass CytoTools die Neuauflage der europäischen Zulassung (Anwendung: Diabetischer Fuß und Offenes Bein) weiter vorantreibt und auch sich auch in den Vorbereitungen für die Phase III (Diabetischer Fuß) in den USA befindet. Den gesamten Finanzierungsbedarf für die kommenden zwei bis drei Jahre taxiert Freyberg auf rund 6 Mio. Euro – bezogen auf die Tochter DermaTools GmbH, an der die Darmstädter rund 62 Prozent der Anteile halten. Die in der CytoPharma GmbH (Anteil rund 50 Prozent) gebündelten Krebs- und Sepsis-Aktivitäten haben einen Finanzbedarf von zunächst einmal rund 1 Mio. Euro. Im Grunde also der Klassiker für eine Kapitalerhöhung.
Doch exakt an diesem Punkt wird die Gemengelage undurchsichtig: Rund ein Viertel der Anteile an der CytoTools AG liegen in den Händen der Delphi Unternehmensberatung um Wilhelm K. T. Zours. In der Spezialwerteszene wohl deutlich besser bekannt ist das börsennotierte Vehikel Deutsche Balaton. Ursprünglicher Plan war, dass sich CytoTools bereits auf der jüngsten Hauptversammlung (HV) im August 2019 einen entsprechenden Kapitalrahmen für die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen genehmigen lassen wollte. Überraschend wurde dieser Tagesordnungspunkt auf der HV vom Großaktionär jedoch abgeschmettert. Plan B dürfte nun eine klassische Barkapitalerhöhung sein. Angesichts liquider Mittel von zum Halbjahr rund 3 Mio. Euro, könnte möglicherweise schon ein prospektfreier „10-Prozenter“ ohne Bezugsrecht für die nötige Finanzzufuhr sorgen. Das dafür nötige Genehmigte Kapital ist vorhanden.
Für Spannung ist also gesorgt. Ob Delphi das Unternehmen am langen Arm verhungern lassen möchte oder welche Strategie die Gesellschaft hier gerade fährt, erschließt sich uns gegenwärtig zwar nicht. Vielleicht gibt es aber auch gute Argument für die Blockade. Die Zukunft wird es zeigen. Die Analysten geben derweil bereits jetzt knackige Kursziele aus: SMC Research hält 34,50 Euro für ein angemessenes Niveau, die Experten der BankM trauen dem Titel etwas mehr als 25 Euro zu. Aktuelle Notiz: 10 Euro. Beinahe überflüssig zu erwähnen: Geeignet ist die CytoTools-Aktie nur für extrem risikobereite Investoren, die auch noch ausreichend Zeit mitbringen. Typisch Biotech: Schnell geht da meistens gar nichts.