Heute kaum vorstellbar: Aber Cyan war mal die heißeste Aktie aus dem Scale-Segment der Frankfurter Börse mit einer Marktkapitalisierung von in der Spitze mehr als 325 Mio. Euro. Das war im Februar 2019. Zu der Zeit meldete das auf Cybersecurity-Lösungen für Smartphones spezialisierte Unternehmen beinahe im Monatstakt neue Kooperationen mit klassischen und auch virtuellen Mobilfunkfirmen – sogenannten MVNOs. Selbst mit Wirecard gab es damals eine mit viel Tamtam gefeierte Kooperation. Den wichtigsten Partner aus diesem Umfeld, die I-New Unified Mobile Solutions AG, hatte Cyan im zweiten Halbjahr 2018 sogar übernommen und erweiterte damit sein Geschäftsmodell auf Dienstleistungen für MVNOs. Regional lag der Fokus damals zwar auf Südamerika, aber übertragen auf Deutschland muss man sich das so vorstellen, dass Cyan virtuellen Mobilfunkanbietern wie etwa AldiTalk (fiktives Beispiel) alle nötigen Leistungen zum operativen Betrieb ihres Angebots zur Verfügung stellte – von der Anbindung ans Netz bis zur Rechnungsstellung der Endkunden. In der Berichterstattung von Cyan waren diese MVNO-Services im Segment BSS/OSS (Operations Support Systems bzw. Business Support Systems) zusammengefasst.
Doch es kam wie so häufig an der Börse: Deals haben sich verzögert, die Volumen blieben hinter den Erwartungen zurück, es gab Gewinnwarnungen, Kapitalerhöhungen wurden nötig, zudem gab es eine Reihe von Änderungen auf der Vorstandsebene. Ende 2023 tauchte die Notiz der Cyan-Aktie sogar ins Penny Stock-Terrain. Kurzum: Die Investmentstory von Cyan hat viel verbrannte Erde am Kapitalmarkt hinterlassen. Doch spätestens seit Jahresbeginn 2024 tut sich wieder einiges bei den Münchnern. Wichtigste Veränderung ist der Verkauf der BSS/OSS-Aktivitäten für einen mittleren einstelligen Millionen-Euro-Betrag an die Compax-Gruppe – ein namhafter Partner mit globaler Expertise in der Telekombranche. Damit fokussiert sich Cyan nun wieder auf das ursprüngliche Geschäft mit Sicherheitslösungen für Smartphones. Ebenfalls positiv: Der neue CEO Thomas Kicker forciert zusätzlich die Kommunikation mit dem Kapitalmarkt.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 3,59 | 20,01 | 26,75 | 21,29 | 8,48 | 3,80 | 4,72 | |
EBITDA1,2 | 1,63 | 3,40 | 11,67 | -5,06 | -12,32 | -4,36 | -4,47 | |
EBITDA-Marge3 | 45,40 | 16,99 | 43,63 | -23,77 | -145,28 | -114,74 | -94,70 | |
EBIT1,4 | 1,46 | 0,37 | 5,53 | -11,04 | -18,06 | -7,01 | -7,01 | |
EBIT-Marge5 | 40,67 | 1,85 | 20,67 | -51,86 | -212,97 | -184,47 | -148,52 | |
Jahresüberschuss1 | 1,24 | -0,11 | 4,53 | -9,27 | -13,88 | -14,71 | -20,72 | |
Netto-Marge6 | 34,54 | -0,55 | 16,93 | -43,54 | -163,68 | -387,11 | -438,98 | |
Cashflow1,7 | -0,05 | 3,66 | -5,83 | -8,71 | -9,50 | -6,87 | -4,01 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,15 | -0,01 | 0,49 | -0,95 | -1,30 | -0,99 | -1,10 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Rödl & Partner |
Nach einem digitalen Investoren-Roundtable mit mwb Research Mitte April 2024, präsentiert Kicker in wenigen Tagen auch auf der von Equity Forum organisierten Frühjahrskonferenz in Frankfurt. Das Timing ist gut, denn die zuletzt vorgelegten Ergebnisse für 2023 zeigen, dass es noch viel Erklärungsbedarf hinsichtlich der Zahlen gibt. Immerhin entstehen im Zuge des BSS/OSS-Verkaufs enorme Unterschiede bei Umsatz und Ergebnis – je nachdem wie man den aufgegebenen Geschäftsbereich berücksichtigt. Entscheidend aus Investorensicht wird freilich, welche Potenziale der Cybersecurity-Bereich mit seinem hohen Anteil wiederkehrender Erlöse bietet und welche Schritte die Gesellschaft genau unternimmt, um hier möglichst erfolgreich zu sein. „Der Fokus liegt in diesem Jahr auf dem Abschluss weiterer Kundenverträge und auf Projektlaunches durch bereits geschlossene Verträge. Damit möchten wir unsere Marktposition weiter stärken und in neue Geschäftsfelder, außerhalb des Telekomsektors vorstoßen“, sagte Thomas Kicker zuletzt.
Die Analysten von mwb Research sehen gute Aussichten für einen Erfolg der Neuausrichtung. „Wenn die Umsetzung erfolgreich ist, wird das Unternehmen auf einer soliden Basis stehen, um das Geschäft zu skalieren und ab 2025 profitabel zu wachsen“, heißt es in der jüngsten Studie nach dem Round Table. Das Kursziel für die cyan-Aktie lassen die Experten bei 3,50 Euro. Boersengefluester.de nimmt nach einer längeren „redaktionellen Pause“ bei cyan den Ball wieder auf und schaut sich die Entwicklung genau an. Für risikobereite Investoren könnten sich hier – auch über die jüngste Kursverdopplung vom Tief hinaus – noch erkleckliche Chancen bieten. Dafür muss CEO Thomas Kicker dann aber auch nachhaltig liefern, um das Vertrauen der Investoren zurückzugewinnen.
Foto: Unsplash+
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