Gerade einmal 19 Monate nach dem IPO hat Cyan bereits sämtliche Gefühlslagen der Börsenwelt durchlebt: Von Euphorie bis Skepsis ist alles dabei. Entsprechend weit liegen die Extrempunkte der der Cyan-Aktie mit einem Tief bei 17,52 Euro (20. August 2019) und einem Hoch bei 36,70 Euro (6. Februar 2019) auseinander – bei einem Ausgabekurs von 23,00 Euro. Ein Teil davon geht locker auf das Konto des Unternehmens, denn die im Bereich IT-Sicherheit – vornehmlich für Anwendungen im Telekombereich – ist eine zum Teil am Reißbrett entstandene Gesellschaft, deren Zahlenwerk anfänglich nicht gerade sonderlich transparent dahergekommen ist. Und auch jetzt befindet sich Cyan an einem Punkt, der es für Investoren durchaus schwierig macht. Auf eine Kurzformel gebracht, haben die Münchner nach diversen Übernahmen nämlich die Entscheidung getroffen, noch radikaler auf die Wachstumskarte zu setzen um so das vorhandene Marktpotenzial möglichst umfassend auszuschöpfen. Damit einher geht allerdings eine Belastung der der kurzfristigen Renditesituation.
Ein Schritt, der von den wesentlichen Ankeraktionären so auch mitgetragen wird, aber eben Zeit und Geld kostet. Immerhin hatte boersengefluester.de bei einer Präsentation von Cyan-CFO Michael Sieghart auf dem Hamburger Investorentag im Spätsommer 2019 den Eindruck, dass der Finanzvorstand die – auf dem Parkett durchaus unpopuläre – Entscheidung treffend begründete. Das entbindet Cyan natürlich nicht davon, nun auch zu liefern und das Wachstumsversprechen schrittweise einzulösen. Konkret sollen die Erlöse bis 2021 auf mindestens 75 Mio. Euro steigen und dabei für eine EBITDA-Marge von rund 50 Prozent gut sein. Für 2019 liegt die Messlatte derweil deutlich tiefer: bei Umsätzen von 35 Mio. Euro soll ein Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von etwa 14 Mio. Euro – entsprechend einer EBITDA-Marge von 40 Prozent – herauskommen.
Gemessen daran sehen die jetzt gemeldeten Halbjahreszahlen erst einmal ernüchternd aus: Bei Umsätzen von 7,03 Mio. Euro erwirtschaftete Cyan ein EBITDA von minus 1,03 Mio. Euro. Quasi in einem Atemzug weist das Management jedoch auf „gewisse Saisonalitäten der Telekombranche“ hin und verspricht ein deutlich stärkeres zweites Halbjahr. So hat Cyan hat im ersten Halbjahr mit Hochdruck an der Implementierung der so wichtigen Kooperation mit Orange gearbeitet – hieraus aber noch keine Einnahmenströme erzielt. Unterm Strich steht zur Jahresmitte ein Fehlbetrag von immerhin 3,97 Mio. Euro. Gleichwohl bestätigt die Gesellschaft ihre Ziele für das Gesamtjahr. Das wird sportlich: Immerhin müssen bis zum Jahresende noch Erlöse von rund 28 Mio. Euro sowie ein EBITDA von 15 Mio. Euro hereinkommen. Boersengefluester.de ist gespannt, ob das die Saisonalitäten tatsächlich hergeben. Immerhin: Neben den bekannten Kooperationen mit Orange, dem Versicherungsbroker Aon und Wirecard steht Cyan dem Vernehmen nach auch kurz vor Abschluss von weiteren Verträgen, die mit einem „signifikanten Umsatzbeitrag im laufenden Geschäftsjahr verbunden sind“. Bestätigt hat das Unternehmen zudem auch noch einmal das geplante Upgrade vom Freiverkehrssegment Scale in den Prime Standard.
Summa summarum zeigt sich die Mehrzahl der Investoren mit den Eckpunkten des Halbjahresberichts zufrieden. Jedenfalls geht es mit dem Kurs der Cyan-Aktie deutlich bergauf bis über die Marke von 23 Euro – dem Ausgabekurs zum IPO. Extrem sind übrigens auch die bisherigen Kursziel-Einschätzungen der Analysten: Sie reichen von 18 Euro (Commerzbank) bis 38 Euro (Berenberg Bank). Wer den Titel im Depot hat, sollte engagiert bleiben – am besten mit einem Anlagehorizont von zwei Jahren. Bleibt zu hoffen, dass dann sehr viel mehr Klarheit herrscht.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 3,59 | 20,01 | 26,75 | 21,29 | 8,48 | 3,80 | 4,72 | |
EBITDA1,2 | 1,63 | 3,40 | 11,67 | -5,06 | -12,32 | -4,36 | -4,47 | |
EBITDA-Marge3 | 45,40 | 16,99 | 43,63 | -23,77 | -145,28 | -114,74 | -94,70 | |
EBIT1,4 | 1,46 | 0,37 | 5,53 | -11,04 | -18,06 | -7,01 | -7,01 | |
EBIT-Marge5 | 40,67 | 1,85 | 20,67 | -51,86 | -212,97 | -184,47 | -148,52 | |
Jahresüberschuss1 | 1,24 | -0,11 | 4,53 | -9,27 | -13,88 | -14,71 | -20,72 | |
Netto-Marge6 | 34,54 | -0,55 | 16,93 | -43,54 | -163,68 | -387,11 | -438,98 | |
Cashflow1,7 | -0,05 | 3,66 | -5,83 | -8,71 | -9,50 | -6,87 | -4,01 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,15 | -0,01 | 0,49 | -0,95 | -1,30 | -0,99 | -1,10 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Rödl & Partner |
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