Wohl kaum eine Aktie aus dem Freiverkehrssegment Scale wird so kontrovers diskutiert wie Cyan. Kein Wunder: Nach rund 50 Prozent Kursverlust im laufenden Jahr, einer saftigen Gewinnwarnung und skeptischen Kommentaren von Analystenseite liegen die Nerven blank. Andererseits verfügt der Anbieter von Sicherheitslösungen – vorzugsweise für Anwendungen im Mobilfunkbereich – über Ankeraktionäre, die sich demonstrativ hinter Cyan stellen und den langfristigen Wachstumskurs des Managements unterstützen. In nackten Zahlen ausgedrückt sieht der für das laufende Jahr Umsätze von 35 Mio. Euro sowie ein Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBIDA) von 14 Mio. Euro vor. Bis 2021 will das Management die Erlöse dann bereits auf mindestens 75 Mio. Euro hieven, rund die Hälfte davon soll als EBTDA stehen bleiben. Nach neun Monaten 2019 besteht zwischen der kurzfristigen Prognose und der Realität freilich erst ein Wackelkontakt.
So kommt Cyan auf Erlöse von 10,7 Mio. Euro sowie ein EBITDA von minus 2,31 Mio. Euro. Unterm Strich steht ein Fehlbetrag von 6,5 Mio. Euro. Die Lücke schließen soll der kürzlich abgeschlossene Lizenzvertrag mit der ACN-Gruppe für den Bereich Südamerika. „Etwa 80 bis 90 Prozent des Umsatzes aus diesem Vertrag werden voraussichtlich im vierten Quartal ergebniswirksam“, heißt es offiziell. Ansonsten bleibt die Umsetzung der Kooperation mit Orange das zentrale Thema bei Cyan. Erste Umsätze erwarten die Münchner hier im laufenden Jahr. Bestätigt hat Cyan zudem die Ankündigung, im kommenden Jahr in den streng regulierten Prime Standard wechseln zu wollen.
Zudem hat die Gesellschaft Mitte November angekündigt, die Investmentbank Lazard mandadiert zu haben – offiziell um „mögliche Optionen bezüglich der Expansionsstrategie für die USA zu evaluieren“. Getuschel, dass Cyan mit einem Listing an der amerikanischen Börse liebäugelt, gibt es freilich schon länger. Letztlich trägt der Deal mit Lazard die Handschrift der Großaktionäre von Cyan – und erinnert stark an das Vorgehen von flatex. Ein wenig untergegangen in der allgemeinen Diskussion um die Cyan-Aktie ist, dass sich die Bilanzstruktur des Unternehmens – auch im Zuge der jüngsten Kapitalerhöhung– deutlich verbessert hat und die Gesellschaft nun auf ein Eigenkapitalquote von knapp 81 Prozent kommt und per Ende des dritten Quartals 2019 ein Netto-Cash von 10,4 Mio. Euro ausweist. Ende Juni 2019 standen hier noch Netto-Finanzverbindlichkeiten 12,8 Mio. Euro.
Zur Einordnung: Der Börsenwert von Cyan beträgt zurzeit 174 Mio. Euro, was knapp dem 2,5fache des Eigenkapitals entspricht. Sollte die Wette aufgehen und Cyan in zwei Jahren beim EBITDA tatsächlich Richtung 37 Mio. Euro gehen, wäre die Aktie – ausgehend vom aktuellen Niveau – wohl mindestens ein Verdoppler, vermutlich sogar ein Verdreifacher. Entsprechend hoch sind allerdings auch die Risiken. Bislang stehen vorzugsweise Ankündigungen auf der Habenseite. Ob das Geschäftsmodell tatsächlich so kugelsicher ist, wie auf Präsentationen immer wieder angekündigt, ist derzeit noch offen. Zudem wetten Shortseller auf fallende Kurse, was die Ausgangslage besonders knifflig macht.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 3,59 | 20,01 | 26,75 | 21,29 | 8,48 | 3,80 | 4,72 | |
EBITDA1,2 | 1,63 | 3,40 | 11,67 | -5,06 | -12,32 | -4,36 | -4,47 | |
EBITDA-Marge3 | 45,40 | 16,99 | 43,63 | -23,77 | -145,28 | -114,74 | -94,70 | |
EBIT1,4 | 1,46 | 0,37 | 5,53 | -11,04 | -18,06 | -7,01 | -7,01 | |
EBIT-Marge5 | 40,67 | 1,85 | 20,67 | -51,86 | -212,97 | -184,47 | -148,52 | |
Jahresüberschuss1 | 1,24 | -0,11 | 4,53 | -9,27 | -13,88 | -14,71 | -20,72 | |
Netto-Marge6 | 34,54 | -0,55 | 16,93 | -43,54 | -163,68 | -387,11 | -438,98 | |
Cashflow1,7 | -0,05 | 3,66 | -5,83 | -8,71 | -9,50 | -6,87 | -4,01 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,15 | -0,01 | 0,49 | -0,95 | -1,30 | -0,99 | -1,10 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Rödl & Partner |