In der Finanzszene wird die Cyan-Aktie regelmäßig als attraktiver Tipp gehandelt. Und so wundert es auch nicht, dass sich die Marktkapitalisierung seit dem Börsenstart Ende März 2018 von rund 193 Mio. Euro auf mittlerweile fast 206 Mio. Euro erhöht hat – ausgehend von einem Emissionspreis bei 23 Euro pro Anteilschein. Bemerkenswert ist Entwicklung des Anbieters von IT-Sicherheitslösungen für den Einsatz im Mobilfunkbereich aber auch deshalb, weil die Unternehmensbewertung vor dem Start im Börsensegment Scale noch sehr viel niedriger war – wie die Erklärungen im Börsenprospekt (Download HIER) zu einem wichtigen Optionsvertrag zeigen, der die heutige Unternehmsstruktur überhaupt erst eingeleitet hat. Demnach hat die Cyan AG kürzlich für 49 Prozent an der CYAN Security Group GmbH rund 25,75 Mio. Euro (zuzüglich einer kleinen variablen Komponente) bezahlt, was auf eine Unternehmensbewertung von Pi mal Daumen gerade einmal 50 Mio. Euro hinausläuft. Kein Wunder, dass sich einzelne Investoren fragen, wie der plötzliche Wertzuwachs zu erklären ist?
Auf der Frühjahrskonferenz in Frankfurt hat boersengefluester.de sich die Präsentation von Michael Sieghart, dem CFO von Cyan, angesehen. Der ehemalige Finanzvorstand von Petrus Advisers – das ist die Private Equity-Gesellschaft, die zu zurzeit gegen die comdirect bank wettert – erklärt die auf den ersten Blick ungewöhnliche Performance mit der Historie der Gesellschaft. So war das Geschäft von Cyan ab 2011 eingebettet in die Compass Gruppe – einem Anbieter von Firmeninformationen mit Sitz in Wien. „Der Compass-Verlag hat einmal investiert und dann religiös die Dividenden rausgenommen“, sagt Sieghart. Demnach lässt sich die frühere Cyan auch nur bedingt mit der heutigen Ausgestaltung der Gruppe vergleichen. Als neuer Wachstumstreiber gilt insbesondere die für virtuelle Mobilfunkanbieter wie ALDI Talk konzipierte Lösung, um das Surfen im Netz für Endkunden sicherer zu machen. Das Geschäftsmodell in wenigen Worten: Cyan integriert die eigene Datenbank mit mehr als 250 Millionen Schadseiten-Einträgen ins Netzwerk der Telekom-Konzerne. Die wiederum bieten ihren Kunden dieses Sicherheitspaket als kostenpflichtigen Service an und profitieren gleichzeitig davon, dass sie – weil unglaublich viele versteckte Datenschlucker (Background Tracker) ausgefiltert werden – spürbar weniger Netzkapazitäten von den Telekoms einkaufen müssten. Ein lohnendes und vor allen Dingen rasant wachsendes Geschäft.
Zum Börsengang hat Cyan etwa mit der österreichischen I-New Unified Mobile Solutions (unter anderem Media Markt Austria und Saturn Austria) eine entsprechende Vereinbarung getroffen, wonach die Cyan-Lösung auf mehr als 20 bestehenden Kundeninstallationen mit weltweit über fünf Millionen Nutzer installiert wird. Entsprechende Verhandlungen mit anderen Telekoms laufen zurzeit und könnten den Gewinn von Cyan kräftig anheizen. Dabei arbeitet die Gesellschaft traditionell mit EBITDA-Margen von rund 50 Prozent. Perspektivisch hält Cyan-Finanzvorstand Sieghart es für realistisch, dass rund 30 Prozent der Erlöse von traditionellen Telekom-Anbietern (derzeit ist T-Mobile der wichtigste Kunde) stammen, die virtuellen Anbieter (MVNO = Mobile Virtual Network Operators) rund 40 Prozent zum Umsatz beisteuern und 10 bis 15 Prozent jeweils von neue Anwendungen wie Banking-Apps (die ebenfalls börsennotierte MyBucks ist bereits Kunde), Wettportale oder auch behördlichen Themen kommen. Da die meisten B2B-Kunden über enorm große Endkundenzahlen verfügen, ist der Hebel für Cyan enorm. Theoretisch könnten die bisherigen Analystenschätzungen allesamt viel zu niedrig sein. Doch Sieghart ist kein Freund von übertriebenen Erwartungen und falsch gesetzte Wahrscheinlichkeitsrechnung: „Verträge kommen nur zu 100 Prozent, eben nicht zu 60 oder 70 Prozent.“
Wesentliche Wettbewerber von Cyan sind Unternehmen wie Norton, McAfee oder Kaspersky. Der schlagende Vorteil von Cyan liegt jedoch darin, dass die Sicherheitssoftware direkt ins Netzwerk der Telekoms eingespielt wird und vom über die Telefonrechnung beglichen wird – ein regelmäßiger Download ist also nicht nötig. Klar ist freilich auch: Cyan muss jetzt erst einmal liefern. Die Präsentation von CFO Michael Sieghart hat aber zumindest schon einmal Laune auf mehr gemacht. Die wesentlichen Aktionärsgruppen von Cyan sind C-Quadrat-Gründer Alexander Schütz (20,09 Prozent), Christian Angermaier über die Apeiron Investment Group (19,28 Prozent), die Tansanit Stiftung aus Liechtenstein und die Alexander Schütz nahestehende Infinitum Ltd. (12,88 Prozent) aus Malta. Mit von der Partie ist außerdem Heliad Equity Partners. Dem Streubesitz sind 25,39 Prozent zuzurechnen. Als Kursziel geben die Analysten von GBC aus Augsburg 35,80 Euro an. Das entspricht einem stattlichen Potenzial von gut 45 Prozent.
Quelle: boersengefluester.de und Firmenangaben
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick
2017
2018
2019
2020
2021
2022
2023
Umsatzerlöse1
3,59
20,01
26,75
21,29
8,48
3,80
4,72
EBITDA1,2
1,63
3,40
11,67
-5,06
-12,32
-4,36
-4,47
EBITDA-Marge3
45,40
16,99
43,63
-23,77
-145,28
-114,74
-94,70
EBIT1,4
1,46
0,37
5,53
-11,04
-18,06
-7,01
-7,01
EBIT-Marge5
40,67
1,85
20,67
-51,86
-212,97
-184,47
-148,52
Jahresüberschuss1
1,24
-0,11
4,53
-9,27
-13,88
-14,71
-20,72
Netto-Marge6
34,54
-0,55
16,93
-43,54
-163,68
-387,11
-438,98
Cashflow1,7
-0,05
3,66
-5,83
-8,71
-9,50
-6,87
-4,01
Ergebnis je Aktie8
0,15
-0,01
0,49
-0,95
-1,30
-0,99
-1,10
Dividende8
0,00
0,00
0,00
0,00
0,00
0,00
0,00
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de
Wirtschaftsprüfer: Rödl & Partner
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