Kapitalerhöhungen sind in den seltensten Fällen gut für den Aktienkurs. Selbst bei kleineren Maßnahmen, die die Zahl der umlaufenden Papiere um höchstens zehn Prozent vergrößern, gibt es kurzfristig Irritationen. Schließlich verlangen die Investoren als Zeichnungsanreiz regelmäßig einen Discount auf den vorherigen Aktienkurs. Umso erstaunlicher, was Coreo in der aktuellen Börsenphase vorhat: So läuft zurzeit eine Kapitalerhöhung, durch die sich die Zahl der Aktien des in den Bereichen Gewerbe- und Wohnimmobilien tätigen Unternehmens von derzeit 9.360.000 auf bis zu 19.360.000 Stück erhöhen würde. Kapitalmarkttechnisch ist in diesem Fall von einem Bezugsverhältnis 9:10 die Rede. Sprich: Jeweils neun alte Aktien berechtigen zum Bezug von zehn neuen Anteilscheinen. Als Ausgabekurs haben die Frankfurter einen Preis von 1,60 Euro festgesetzt. Abzüglich der für die Maßnahme veranschlagten Aufwendungen von rund 875.000 Euro würden demnach etwas mehr als 15 Mio. Euro in die Kassen von Coreo fließen. Zum Vergleich: Die gegenwärtige Marktkapitalisierung beträgt 16,2 Mio. Euro.
Es geht also darum, Coreo auf einen Schlag etwa doppelt so groß wie bislang zu machen. Kein Wunder, dass Coreo-Vorstand Marin Marinov und sein Head of Finance, Felix Krekel, das Eigenkapitalforum in Frankfurt kürzlich als Plattform genutzt haben, um für die Finanzmaßnahme zu werben. Dabei war boersengefluester.de positiv überrascht, wie locker – der in offiziellen Präsentationen immer sehr ruhig wirkende – Marinov in kleiner Runde rüberkommt und mit welcher Leidenschaft er von den Fortschritten bei den bislang getätigten Investments schwärmt. Schwerpunktmäßig geht es dabei um den sogenannten Hydra-Deal aus dem Umfeld der Commerzbank (siehe dazu auch unseren Bericht HIER). Doch so wichtig die Transaktion für Coreo auch ist, als Abgrenzung zu den vielen anderen börsennotierten Immobiliengesellschaften reicht das Portfolio aus ehemaligen Liegenschaften der Commerzbank freilich nicht. Und auch die sonst erworbenen Immobilien in Bad Köstritz, Göttingen, Mannheim oder Bruchsal sind aus Investorensicht eher „Business as usual“.
Irgendwie besonders ist die Story von Coreo aber dann doch: Immerhin liegen die Wurzeln der Gesellschaft in der früheren Beteiligungsgesellschaft Nanostart. Aus dieser Zeit stammt auch eine Beteiligung von zurzeit 6,72 Prozent an der in der Behandlung von Prostatakrebs und Gehirntumoren tätigen MagForce AG. Aktueller Gegenwert: Rund 10 Mio. Euro. Auf Dauer werden die MagForce-Aktien sicher nicht im Depot von Coreo bleiben, zumal Marinov den Bestand in der Vergangenheit bereits sukzessive abgebaut hat. Doch ein derartiger Prozess will behutsam gesteuert werden. Zum einen wegen der überschaubaren Handelsliquidität des Papiers, zum anderen aber auch aufgrund der speziellen Situation bei MagForce. Immerhin steht die Gesellschaft vor der Bekanntgabe wichtiger Daten im Rahmen ihres Zulassungsprozesses in den USA. Klappt alles wie geplant, dürfte sich der Wert der MagForce-Aktie rasant erhöhen. Bei einem Scheitern droht ein massiver Wertverlust. Letztlich ist also auch Pokerspiel angesagt. Mit den Mitteln aus der Kapitalerhöhung will Coreo freilich nicht in Biotech investieren, sondern den Bestand an Immobilien weiter ausbauen. „Dabei adressiert Coreo insbesondere Mittelzentren in Deutschland, die noch nicht von den starken Preisanstiegen betroffen waren und/oder nicht so stark im Fokus anderer Investoren standen und daher noch attraktive Mietrenditen ermöglichen“, schreiben die Analysten von GBC in ihrer kürzlich veröffentlichten Studie (HIER).
Ein Teil des Erlöses aus der Kapitalerhöhung dürfte zudem in die vorzeitige Ablösung eines Teils der mit einem Kupon von immerhin zehn Prozent versehenen Optionsanleihe im Volumen von 20 Mio. Euro fließen, die Ende 2017 von der amerikanischen Serengeti Asset Management gezeichnet wurde. Vermutlich bis 2020 will sich Coreo dann ganz von dieser – damals auf den Commerzbank-Deal zugeschnittenen – Finanzierung gelöst haben. Maßgeblich für den Erfolg der Kapitalerhöhung wird indes, wie sich die Großaktionäre verhalten werden. Knapp 36 Prozent der Aktien sind dem Kulmbacher Unternehmer Bernd Förtsch zuzurechnen. Gut 31 Prozent hält die unter anderem auch bei Cyan, MagForce, SLEEPZ oder DEAG engagierte Apeiron Investment Group, hinter der Christian Angermayer steht. Zumindest Apeiron hat signalisiert, ihre Bezugsrechte auszuüben und gegebenenfalls sogar einen Überbezug anzumelden. Demnach würde Apeiron für einen Mittelzufluss von brutto mindestens 5,2 Mio. Euro stehen. Von Bernd Förtsch besteht keine solche explizite Absichtserklärung. Im Emissionsprospekt (Seite 54) heißt es jedoch, dass die Förtsch-Gesellschaften nach Kenntnis von Coreo von ihrem Bezugsrecht teilweise Gebrauch machen werden. Es wird also extrem spannend, wie groß der Mittelzufluss am Ende sein wird. Dem Streubesitz sind knapp ein Drittel der Aktien zuzurechnen.
Die Analysten von GBC sehen ein hohes Kurspotenzial bis 3,10 Euro und raten zum Kauf der Aktie. Dieser Einschätzung können wir uns grundsätzlich anschließen, allerdings versehen mit einem klaren Risikohinweis. Coreo ist eine im Sektorvergleich sehr kleine Immobiliengesellschaft und würde das sogar bei einem großen Sprung in der Kapitalerhöhung bleiben. Zudem ist der Titel nur im Basic Board (Freiverkehr) gelistet. Viel hängt für die Coreo-Aktie einfach davon ab, wie die Kapitalerhöhung am Ende über die Bühne gegangen ist. Die Zeichnungsfrist läuft noch bis zum 13. Dezember 2018.
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