[regsho-scanner-teaser]

Compleo Charging Solutions: Unternehmer an Bord

Knapp ein halbes Jahr nach dem Börsengang setzt Compleo Charging Solutions ein erstes größeres Ausrufezeichen. Für insgesamt annähernd 35 Mio. Euro – davon rund ein Drittel mit eigenen Aktien bezahlt – übernimmt der Ladesäulenanbieter den in der Nähe von Paderborn ansässigen Wettbewerber Wallbe (der Name wird übrigens englisch ausgesprochen) und macht damit einen annualisierten Umsatzsprung um 25 bis 30 Mio. Euro für 2021. Zur Einordnung: Compleo selbst kommt für 2020 auf Erlöse von 33 Mio. Euro und will im laufenden Jahr aus eigener Kraft auf eine Größenordnung von 50 bis 60 Mio. Euro wachsen. Da der Deal vermutlich erst Ende April finalisiert wird und Wallbe entsprechend nur anteilig ins Zahlenwerk einfließt, dürfte Compleo im laufenden Jahr demnach auf Umsätze von knapp 75 Mio. Euro zusteuern. Etwaige Integrationskosten für den Neuerwerb ausgeklammert, wollen die Dortmunder dann auf EBITDA-Ebene ungefähr ausgeglichen abschneiden.

Für 2020 steht ein um die Aufwendungen für das IPO adjustiertes Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von minus 2,67 Mio. Euro zu Buche. Das berichtete EBITDA beläuft sich auf minus 4,24 Mio. Euro. An diesen Zahlen sollten Anleger freilich nicht so sehr abarbeiten, denn Compleo setzt in erster Linie auf Expansion. Immerhin befindet sich der Ladesäulen-Markt für Elektro-Autos gerade am Anfang der Entwicklung. Neben Großkonzernen wie ABB, Schneider Electric oder dem ebenfalls börsennotierten Unternehmen Alfen aus den Niederlanden, dem IPO-Kandidaten EVBox aus Amsterdam sowie der gelisteten US-Company ChargePoint, buhlen etliche mittelständisch geprägte Anbieter wie Mennekes oder ABL um Aufträge von Unternehmen sowie dem behördlichen Sektor. Mittendrin in diesem Becken schwimmen Compleo und Wallbe.

[shortcodedisplaychart isin=”DE000A2QDNX9″ ct=”1Y” cwidth=”595″ cheight=”350″]

„Junge Märkte unterliegen einem Konsolidierungsdruck“, sagt Georg Griesemann, Co-CEO von Compleo Charging Solutions im Hintergrundgespräch mit boersengefluester.de. Und genau in diesem Prozess will Compleo auf europäischer Ebene eine aktive Rolle einnehmen. So beschert ihm die Wallbe-Akquisition Marktanteile, Technologie (insbesondere in den Bereichen Software und Payment), aber auch dringend benötigtes Fachpersonal. Auffällig aus Kapitalmarktsicht ist freilich, dass Compleo – unter Berücksichtigung der Netto-Finanzverbindlichkeiten – nur etwa das 1,6fache des für 2021 erwarten Umsatzes für Wallbe auf den Tisch legt, während Compleo an der Börse annähernd dreimal so hoch bewertet wird.

Spezieller Börsenzauber? Griesemann erklärt den vermeintlich niedrigen Kaufpreis unter anderem mit der speziellen Eigentümerstruktur von Wallbe aus Gründern, Industrie (Weidmüller) und lokalem Versorger (Enercity) sowie der Entstehungsgeschichte der Transaktion. Keinesfalls jedoch ist der Kauf-Multiple ein Indiz für eine vermeintlich zu hohe Bewertung der Compleo-Aktie an der Börse. „Da ist sogar noch wahnsinnig viel Platz nach oben“, sagt Griesemann auch mit Blick auf die bis in Regionen von 140 Euro reichenden Kursziele der Analysten. Losgelöst davon will sich der frühere Finanzvorstand von TAG Immobilien schon allein wegen der unterschiedlichen Bilanzierungspraktiken gar nicht so sehr an den Bewertungen der börsennotierten Wettbewerber messen lassen.

[financialinfobox wkn=”A2QDNX”]

Co-CEO Georg Griesemann

Im Gegensatz zu einigen Vertretern aus der Peer Group ist das Thema Rentabilität bei Compleo auch nicht komplett in den Hintergrund gerückt. „Unser Fokus ist Wachstum, aber nicht um jeden Preis“, betont Griesemann. Langfristig hält er EBITDA-Margen von 10 bis 15 Prozent für eine realistische Größenordnung. Da das Geschäfts nicht sonderlich kapitalintensiv ist und auch das Zinsergebnis keine markante Rolle spielt, würde damit auch unterm Strich ausreichend Gewinn übrig bleiben. Eine Annäherung an diese Renditeziele dürfte aber nur in kleinen Schritten erfolgen. Soll heißen: Vorerst sollten Anleger bei dem im Prime Standard gelisteten Unternehmen eher auf die Entwicklung der Umsatzerlöse schauen – und nicht primär auf das EBITDA oder gar das Netto-Ergebnis.

Ein Selbstläufer ist der Markt für Ladesäulen allerdings nicht, dafür dürfte schon allein der zu erwartende Preiswettbewerb sorgen. Entsprechend spekulativ ist auch die Aktie. Ganz am Ende des Hintergrundgesprächs sagt Co-CEO Georg Griesemann dann noch einen Satz, der ihm besonders wichtig ist – und der auch boersengefluester.de gut gefällt: „Wir sehen uns als Unternehmer hier.“ Gemeint ist, dass das komplette Vorstandsteam des Ladesäulenanbieters mit jeweils rund fünf Prozent in Aktien engagiert ist. Größere Anteile halten – neben zwei Fondsgesellschaften – sonst nur noch der Aufsichtsratsvorsitzende Dag Hagby und Multi-Unternehmer Rolf Elgeti (unter anderem Deutsche Konsum REIT) über sein Investmentvehikel Obotritia. Insgesamt also eine attraktive Investmentstory, die sich seit dem IPO zu 49 Euro auch kursmäßig prima entwickelt hat.

[basicinfoboxsc isin=”DE000A2QDNX9″]

Foto: Compleo Charging Solutions AG


[sws_blue_box box_size=”640″]Jetzt für unseren wöchentlichen Newsletter BGFL WEEKLY anmelden. Das Angebot ist kostenlos und präsentiert die Highlights von boersengefluester.de (BGFL),  Interna aus der Redaktion und Links zu unseren exklusiven Tools. Der Erscheinungstag ist immer freitags. Wer Interesse hat und noch nicht registriert ist, kann das gern unter diesem LINK tun.[/sws_blue_box]

Über Gereon Kruse

Gereon Kruse
Gereon Kruse ist Gründer des in Frankfurt ansässigen Finanzportals boersengefluester.de und seit vielen Jahren ein profunder Kenner von Kapitalmarktthemen und Experte für Datenjournalismus. Sein Spezialgebiet sind deutsche Aktien – insbesondere Nebenwerte. Investmentprofis aus dem Small- und Midcap-Bereich stufen die Qualität der Berichterstattung von boersengefluester.de laut der IR.on-Medienstudie 2020/21 mit der Bestnote 1,67 ein. Im Gesamtranking der Onlinemedien liegt die Seite mit Abstand auf Platz 1. Beim finanzblog award der comdirect bank hat boersengefluester.de den Publikumspreis und zusätzlich noch den 3. Platz in der Jurywertung gewonnen. Zuvor war Gereon Kruse 19 Jahre beim Anlegermagazin BÖRSE ONLINE tätig – von 2000 bis Anfang 2013 in der Funktion des stellvertretenden Chefredakteurs.