Auf die Meldung, dass die EZB im November beginnen wird, die Bilanzen von 124 Banken einem Bilanzcheck zu unterziehen, war die Commerzbank-Aktie – ebenso wie die vieler anderer Institute – kurzfristig unter Druck gekommen. Inzwischen hat das Commerzbank-Papier die Verluste jedoch wieder aufgeholt. Mit Spannung warten Investoren nun auf den Zwischenbericht. Laut den Konsensschätzungen, die die Commerzbank auf ihrer Homepage veröffentlicht, gehen Analysten von Erträgen vor Risikovorsorge von 2,3 Mrd. Euro aus. Das läge zwar um drei Prozent unter dem Vorjahresniveau, aber gleichauf mit dem Niveau des zweiten Quartals 2013. Zwar soll der Zinsüberschuss wegen des Niedrigzinsumfelds gegenüber dem zweiten Quartal auf 1,4 Mrd. Euro zurückgehen. Wegen des verbesserten Handelsergebnisses und weil es keine Belastungen aus Finanzanlagen geben soll, soll der operative Gewinn auf 63 Mio. Euro nur leicht zurückgehen.
Investoren werden genau darauf achten, wie sich das Geschäft der Kernbank entwickelt hat und wie das Institut beim Abbau des Portfolios der hauseigenen Bad Bank vorangekommen ist. Zur Kernbank zählen neben dem Privat- und dem Firmenkundengeschäft, auch das Geschäft in Mittel- und Osteuropa und das Kapitalmarktgeschäft. Für das dritte Quartal prognostizieren Analysten für die Kernbank ein operatives Ergebnis von 434 Mio. Euro. Das liegt zwar unter dem Niveau des zweiten Quartals von 465 Mio. Euro. Wichtigster Ergebnislieferant bliebe mit weitem Abstand das Firmenkundengeschäft. Das Institut profitiert von seiner guten Position in Deutschland. Im Gegenzug soll allerdings der Verlust der Bad Bank zurückgegangen sein. Vorstandschef Martin Blessing hatte das Portfolio der Bad Bank im zweiten Quartal um 7 Mrd. Euro auf 136 Mrd. Euro abgebaut. Nach dem Verkauf des britischen Gewerbeimmobilienportfolios von 5 Mrd. Euro war der Bestand weiter gesunken. Bis Ende 2013 will Blessing die Summe auf unter 125 Mrd. Euro reduzieren. Ende 2016 sollen es „deutlich weniger“ als 90 Mrd. Euro sein.
Im Fokus der Börsianer wird zudem die Kapitalausstattung der Bank stehen. Nicht zuletzt aufgrund der Kapitalerhöhung vom Mai war die Kernkapitalquote nach Basel III im zweiten Quartal auf 8,4 Prozent gestiegen. Bei dieser Kennzahl wird das Kernkapital zu den Risiko gewichteten Aktiva ins Verhältnis gesetzt. Für Ende 2014 peilt der Firmenlenker eine Quote von neun Prozent an. Bei Investoren rückt zudem eine andere Kennzahl zunehmend in den Vordergrund: die Eigenkapitalquote. Nach den Basel-III-Regeln lag sie zuletzt bei 3,2 Prozent. Der Wert kann sich im Branchenvergleich durchaus sehen lassen und ist einer der Hauptgründe, weshalb die Commerzbank-Aktie in den vergangenen Monaten so stark gestiegen ist. Blessing will ihn bis zum Jahresende auf 3,5 Prozent verbessern.
Der Börsenwert von knapp 10,8 Mrd. Euro zeigt allerdings, wie hoch die Erwartungen der Investoren inzwischen sind. So soll laut den Konsensschätzungen der 2014er-Gewinn, der den Aktionären der Commerzbank zusteht, bei 873 Mio. Euro liegen. Das wäre eine erhebliche Verbesserung gegenüber dem erwarteten 2013er-Verlust von 63 Mio. Euro. Zur Ergebnisverbesserung soll die Kernbank allerdings nur knapp 100 Mio. Euro beitragen. Der Rest kommt beispielsweise aus geringeren Belastungen bei der hauseigenen Bad Bank. Das 2014er-KGV liegt bei 12,6 für die Commerzbank und damit sogar leicht über dem Wert für den DAX. Dabei haben die DAX-Firmen eine wesentlich höhere Profitabilität als die Commerzbank.
Fazit: Der Aktienkurs dürfte sich in den kommenden Monaten weiter erholen. Die EZB beginnt zwar im November, die Bilanzen von 124 der größten Geldhäuser der Euro-Zone genau zu durchleuchten. Die Überprüfung inklusive des späteren Bankenstresstests soll in etwa einem Jahr abgeschlossen sein. Im November 2014 wird die EZB dann die Aufsicht über die Institute übernehmen. Negative Überraschungen dürften bei der Commerzbank jedoch kaum zu erwarten sein. Für mutige Anleger bleibt der DAX-Titel also eine Option. Zudem verfügt das Institut über eine gewisse Übernahmefantasie, die den Kurs der Commerzbank auf Trab halten sollte.
Foto: Commerzbank AG
Dieser Beitrag stammt von den Kollegen der boersengefluester.de-Partnerseite Feingold Research